Nagoya, dritter Tag (名古屋 , 18.4.), 1. Teil

Unser letzter Japan-Tag, und ich versuchte, möglichst nicht daran zu denken. Thom hatte alles auch wieder so durchgeplant, dass dazu auch nicht allzu viel Zeit blieb …

Nach einer intensiven Diskussion beim Frühstück (ein schönes japanisches Frühstücksbuffet mit Tofu, Salat, Reis, Misosuppe etc.) über die Sehenswürdigkeiten des heutigen Tages radelten wir los. Erstes Ziel ca. 5km südlich: Das Nagoya Boston Museum of Fine Arts, gleich am Bahnhof Kanayama.
Zuerst waren wir eine halbe Stunde zu früh am Museum, und so gaben auf der Post noch das letzte Paket auf. Als wir kurz vor 10 Uhr zurückkamen, hatten auch schon andere die Idee.

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Der Grund für den Ansturm: am Vortag war eine Gaugin-Ausstellung eröffnet worden, und das Volk strömte (wie bei uns auch, wenn es berühmte bunte Bilder zu sehen gibt).
Alles verlief aber wohlgeordnet, und ständig verbeugten sich die Aufsichten und Sicherheitskräfte und entschuldigten sich für die Warterei. Sehr freundlich, wirklich.
Die Ausstellung selbst war dann etwas enttäuschend. Es ging im Grunde um ein berühmtes, grosses Gemälde von Gaugin, das sehr dramatisch gehängt war. Dann gab es noch einige andere Bilder aus der wohl umfangreichen Sammlung in Boston. Viele weniger bekannte Zeichnungen. Und Schluss. Die aktuelle Sammlung präsentierte Noritake-Porzellan, das hatten wir nun wirklich gesehen. Somit waren wir nach nicht einmal einer Stunde fertig.

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Als nächstes ging es noch ein Stück weiter südlich zum Atsuta-jingū, einem der wichtigsten Schreine in Japan, der der japanischen Göttin Amaterasu-ō-mi-kami, gewidmet ist. Sie ist die Hauptgottheit des Shinto und gilt als Ahnin des japanischen Kaiserhauses. Natürlich gab es Park des Tempels wieder wunderschöne, alte Bäume.

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Zudem stapften auch zwei prächtige Hähne durchs Unterholz des Parks und machten sich lautstark bemerkbar. Offenbar gehören sie mit dazu, denn wir sahen den Hahn auf einigen Symbolen und Wappen.

Der Hahn gehört zum Schrein

Es war Samstag, und beim Schrein war mächtig was los. Viele neugeborene Babys wurden, von ihren Grossmüttern getragen, zum Hatsumiyamairi (jap. 初宮参り, erster Schreinbesuch der Neugeborenen) gebracht. Die Ankleidezeremonie beschäftigte fast die ganze Familie.

Festlich gekleidet für den Hatsumiyamairi, den ersten Schreinbesuch von Babys

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Ein Shinto-Priester bearbeitete mit einem Papierwedel ein Auto. Dies dient der spirituellen Reinigung und der Entfernung böser Geister.

Ein Auto wird spirituell gereinigt

Auch eine traditionelle Hochzeit war im Gange. Weil ein anderer völlig ungeniert knipste, traute ich mich auch.

Traditionelle Hochzeit
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Der Schrein war gerade eine ziemliche Baustelle. Alles alte Holz wurde durch neues, edles Zedernholz ersetzt. Na, die rege fliessenden Einnahmen des Schreins für die Vielzahl der Rituale machen es sicher möglich. Jedenfalls packte uns die Neugier, bis ans Allerheiligste vorzudringen, denn dies war wegen der Bauarbeiten möglich. Nie wieder würde man so dicht herankommen. Wir kramten einige Yen aus der Tasche, lasen rasch nochmals die Verhaltensregeln durch und traten nervös vor. Also: Geld in den Topf werfen, zweimal verbeugen, zweimal in die Hände klatschen, nochmals verbeugen, abtreten. Amaterasu war sehr freundlich zu uns Gaijin. Als wir uns verbeugten kam ein Windstoss und hob den grossen Vorhang so weit hoch, dass wir das Allerheiligste des Schreins sehen konnten. Ein grosses Dankeschön an die Göttin, wirklich ernst gemeint.
Anschliessend besuchten wir noch das Tempel-Museum, in dem viele schöne, alte Dinge (Spiegel, Schwerter) ausgestellt waren. Da jedoch die englischen Erklärungen fehlten, wanderten wir etwas verloren herum, verliefen uns etwas, und standen plötzlich in einem Ausstellungssaal.
Ein älterer Mann kam gleich auf uns zu und beschwatzte uns tüchtig auf Japanisch. Hier kamen wir etwas an unsere Grenzen, und ein Englisch sprechender anderer Besucher schaltete sich ein.

Zufällig reingeplatzt: eine Suiseki-Schau (Steinkunst)

Wir waren zufällig in einer lokalen Suiseki-Ausstellung (s. Wikipedia) gelandet, und die älteren Männer freuten sich – sichtlich stolz – über die beiden exotischen Besucher. Wir bekamen ausführliche Erklärungen und sogar eine kleine Teezeremonie wurde abgehalten. Dabei konnten wir uns mit der englischsprechenden Enkelin einer der Männer unterhalten. Es war ihr etwas unangenehm, dass ihr Grossvater uns sogar einen Stein schicken wollte. Immerhin versprachen wir, uns die Fotos per Mail zu senden.

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Die Formen der Steine waren faszinierend. Steine sammeln, und dann noch so ausdrucksvolle, ist ein interessantes Hobby. Wenn wir das nächste mal am Meer sind, müssen wir auch mal schöne Steine suchen gehen.

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