Shirahama Onsen – 白浜温泉 (12.3. 24)

Shirahama Onsen, an der Westküsten der Wakayama-Halbinsel gelegen, ist einer der berühmtesten Badeorte in Japan, und hier heisst Baden nicht nur Baden in den heissen Quellen. Die Bucht mit dem ca. 200 m langen, weissen Sandstrand lädt – zumindest zur warmen Jahreszeit – auch zum Bad im Meer ein. So perfekt ist das alles, dass Shirahama mit Waikiki (Hawaii) auch eine «Strand-Partnerschaft» geschlossen hat. Auch so was gibt es. 😉

Als wir am nächsten Tag vom Wecker um 6:30 Uhr aus dem Tiefschlaf gerissen wurden, war an eine Stranderkundung vorerst nicht zu denken. Wie vorausgesagt goss es in Strömen – die Regenfront aus Hongkong war angekommen. An sich ist Regen ja nicht weiter schlimm, aber hatte ich mal erwähnt, welche unglaublichen Wassermassen vom japanischen Himmel kommen können? Und verbunden mit dem Sturmwind hätte ein Spaziergang ein Bad der ganz anderen Form angenommen.

Also frühstückten wir erstmal in Ruhe, genossen das erste Japan-Frühstück nach vier Jahren mit vielen typischen Köstlichkeiten, liessen uns danach im kleinen Lobby-Nebenraum nieder und widmeten uns dem Laptop bzw. dem Buch. Mit uns wartete auch noch eine japanische Familie mit zwei kleinen Kindern auf das hoffentlich baldige Ende der Sintflut. Und siehe da: Pünktlich gemäss Voraussage hörte es tatsächlich 12 Uhr auf. Wir konnten losziehen. Die Velos liessen wir erst noch im Hotel zurück.

Zwar hatte der Regen aufgehört, aber die Pfützendichte war enorm, und der Wind blies weiter unglaublich stark.  Unser Spaziergang führte uns zuerst an den Strand, dann durch den örtlichen Schrein zum Aussichtspunkt auf das «Engetsuto», das Felsentor, eine der Sehenswürdigkeit bzw. ein Wahrzeichen von Shirahama. Zurück ging es quer durch den Ort bis zum anderen Ende des Strands mit einem kurzen Stop zum Mittagessen, und von dort waren wir bald wieder im Hotel. Shirahama Onsen & Beach ist überschaubar, aber die verschiedenen Ortsteile sind – wie wir später noch sahen – noch über die ganze Halbinsel verstreut. Einen kleinen Flughafen gibt es übrigens auch noch.

Beeindruckend ist in diesem Onsenort jedenfalls die Dichte der «Ashi no yu», der Fussbäder, in dem man seine Füsse etwa bis zum Knie ins Thermalwasser tauchen kann. Wegen unserer eher fussengen Jeans nutzen wir das leider gar nicht, ist aber sehr empfehlenswert. Und «Yu», also öffentlich zugängliche Onsenbäder gibt es auch an jeder Ecke. Gerne hätten wir auch eines mit Rotemburo, einem offenen Aussenbecken mit Meerblick besucht, aber Dienstag war, wie wir feststellen mussten, allgemeiner Ruhetag vieler Geschäften und Einrichtungen, und am nächsten Tag waren wir zu spät dran. Das nächste Mal. 😉

Zurück im Hotel wagten wir es dann, die Velos auszupacken. Sie hatten die Flugreise zum Glück wieder halbwegs überstanden und waren fahrtüchtig, und die üblichen Verbiegungen konnten wir richten. Also los zur ersten Velotour! Zuerst nochmals zum Engetsuto-Felsentor für ein Foto mit blauem Himmel, und dann wieder zurück entlang der Küste in Richtung Süden. Dort sind das Felsplateau Senjojiki und die Felsküste Sandanbeki weitere Hauptattraktionen von Shirahama.


Hier noch ein Blick auf unser schönes Hotel

Wakayama hat vor einigen Jahren eine sogenannte «Küsten-Radroute» ins Leben gerufen, mit der wir bereits vor vier Jahren Bekanntschaft gemacht hatten (Blogbeitrag noch nachzuschreiben… ). Nun erinnerten uns die blauen Markierungen auf der Strasse daran. Die Strecke führt entlang der Küstenstrasse ca. 300 km weit von Wakayama bis Shingu. Radeln auf der Strasse war also offiziell gestattet, und die meisten Autofahrer waren auch rücksichtsvoll, aber es gibt auch Ausnahmen. Noch ist das Velofahren auf den Überlandstrassen noch nicht so verbreitet, und die blauen Markierungen sind nicht so breit, als dass sie die Automobilisten zu grösseren Überholmanövern einlüden. Innerorts ist es dann besser in gemächlicherem Tempo auf dem Trottoir zu fahren.

Das Radeln bei diesem Sturm war gar nicht so einfach, und wir mussten uns ganz schön konzentrieren. Zudem war die Topographie japanisch-hügelig, und wir kamen tüchtig ins Schwitzen. Wegen der unberechenbaren Böen ging bergauf gar nichts mehr, sodass wir gezwungen waren, zu schieben. Und ich kann mich auch nicht erinnern dass ich beim bergabfahren jemals voll in die Pedale hatte treten müssen, um überhaupt voranzukommen. Komischerweise blies der Wind meistens von vorne.

Das Felsplateau Senjojiki (千畳敷, dt. Tausend Tatami-Matten-Fläche) ist eine Gesteinsformation, die vor ca. 15 Mio. Jahren bei einem Erdbeben entstanden ist. Einige Ausflügler:innen waren unterwegs, allesamt mit dem Auto oder auch mit dem Bus. Die Wellen spritzen meterhoch, und einige Mutige hatte sich recht nahe an die umtosten Felsen gewagt. Unverwackelte Fotos zu machen war auch ziemlich schwierig.

Die ca. 50  Meter hohen felsigen Klippen von Sandanbeki waren anders beeindruckend. Die Felshöhlen dienten zur Heian-Zeit (794–1185) als Piratenversteck. Diese kann man sogar besuchen bzw. ca. 35 Meter mit dem Aufzug nach unten fahren. Das ersparten wir uns dann aber. Sowieso war in Sandanbeki kaum noch ein Mensch.

Die offiziellen Touristenspots enden bei Sandanbeki. Wir radelten aber weiter die Küstenstrasse Richtung Süden, denn dort gab es für uns ein weiteres Highlight: Die Nagisa-Brauerei (ナギサ). Der Tap-Room war geöffnet, und ich konnte sogar noch einen Blick auf die grosse Brauanlage werfen. Nagisa gehört mit dem Gründungsdatum 1997 zu den ersten Crafts-Bier-Brauereien in Japan, und die Biere sind ganz nach unserem Geschmack, jedenfalls ihre vier Hauptbiere (American Wheat, Pale Ale, IPA und Stout). Alle sehr ausgewogen und nicht – wie manche anderen – extrem oder stark gehopft. Das Bier mit Mikan (einer Mandarinenart) schmeckte mehr nach Obstsaft.

Bei der Degu kamen wir mit einer alleinreisenden Japanerin ins Gespräch, Midori-san aus der Präfektur Nagano, die einige Tage in der Gegend war um Freunde zu besuchen. Bei Essen und Trinken kannte sie sich sehr gut aus, sie schien eine Gourmande zu sein. Sie konnte uns auch gleich noch ein Restaurant für den Abend empfehlen und bot uns sogar an, uns mit unseren Faltvelos im Taxi zurück nach Shirahama mitzunehmen. Das wäre dann aber doch etwas eng geworden, und ausserdem war es – trotz Wind und Hügeln – ja auch nicht weit, und nach einer halben Stunde inklusive Strand-Fotopause waren wir dann auch wieder im Hotel.

Später zogen wir wieder los um das besagte Restaurant zu suchen. Ich hatte einen ungefähren Plan von Midori-san’s Handy abfotografiert, aber die Ortsangabe war nicht sehr präzise. Nachdem wir etwa dreimal die beiden Strässchen auf und abgelaufen waren und nichts erkennen konnten, kamen wir zum Schluss: Das Restaurant war wohl geschlossen, und auch andere Lokale schienen zu dieser Jahreszeit noch Pause zu haben. Also gingen wir notgedrungen in das nächste offene Restaurant in dieser Strasse. Und siehe da, wer am Tresen sass: Midori-san. Auch sie war hier gelandet, und schien ganz zufrieden zu sein.

Thom wählte Reis mit Sashimi-Topping (Kaigyodon), und es war exzellent . Mir war nach etwas Warmem, und die eigentlich einfache «Kitsune-Udon-Suppe», dicke Weizennudeln mit frittiertem Tofu, schmeckte ebenfalls köstlich.

Der Kellner kam dann plötzlich mit etwas an, was wir nicht bestellt hatten: Ein Geschenk von Midori-san, die diese Pilze so lecker fand, dass sie uns eine Portion zukommen lassen wollte. So nett! Wir revanchierten uns mit einer Portion Sake für sie. Und so blöd: Die kleinen Schoggi-Portionen als rasches Give-Away für solche Zwecke hatte ich leider im Hotel gelassen. Irgendein kleines Gegengeschenk sollte man in Japan immer mit dabei haben. Naja, es war uns erster Tag. Am nächsten Tag würde ich sie einstecken.

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