Onsenausflug mit den Lehrerinnen : Sadamisakihantō & Kamegaikeonsen – 佐田岬半島 & 亀ヶ池温泉 (24.-25.3.24)

Diesen Ausflug mit unseren Lehrerinnen Ikuko-san und Inoue-san inklusive Übernachtung hatten wir sorgfältig miteinander vorbereitet. Ursprünglich war nur eine Tagesausfahrt mit dem Spezialzug «Iyonada Monogatari» vorgesehen gewesen, aber es war in der Frühlingsanfangswoche aussichtslos, an Karten zu kommen. Ikuko-san hatte alles versucht – keine Chance. Also hatte Inoue-san die Idee, in ein ihr bekanntes Onsen zu fahren, und drei Zoom-Meetings später stand der Plan: Ein typisch japanischer Ausflug, mit schönem Essen und Baden – perfekt auch für uns. Nun musste nur noch das Wetter mitspielen, denn geplant war eine Fahrt auf die Halbinsel Sadamisaki, eine gut 40 km lange aber nur ca. 1 bis 6 km breite Halbinsel, die bei der Stadt Yawatahama ins Meer hinausragt.

Da wir zu viert waren, wurde ein etwas grösseres Auto gemietet und Ikuko-sans Mann übernahm die Rolle des Chauffeurs. Abfahrt war Sonntagfrüh um 8:20 Uhr, und, wie es sich gehört, standen wir überpünktlich im Hoteleingang. Die Fahrt ging zuerst nach Mitsu, um Inoue-san abzuholen, und dann über die Nationalstrasse in Richtung Yawatahama am Meer entlang.

Leider liess uns jedoch das Wetter gründlich im Stich: Es regnete praktisch den ganzen Tag und in höheren Lagen war sogar noch dicker Nebel, den wir auf dem Weg zum Kap durchqueren mussten. Also leider kaum Aussicht aufs Meer oder – wie auf den Bildern in den Prospekten – die Sicht auf die Insel Kyūshū. Und der neugekaufte japanische Standardschirm war bitter nötig. Aber «Shigata ga nai» wie Japaner:innen sagen, «Nichts zu machen, nicht zu ändern». Und letztendlich spielt es dann keine grosse Rolle, denn wir hatten auch so genügend Spass, Eindrücke und Gesprächsstoff. 😊

Einen ersten Stopp gab es an einem der immer wieder interessanten «Michi no eki», den Rastplätzen mit sanitärer Infrastruktur, Verpflegungsmöglichkeit und – ganz wichtig – einem lokalen Delikatessenangebot (siehe auch Blogeintrag). Wir sind inzwischen grosse Fans und schauen da immer gerne vorbei, wenn einer in der Nähe ist. Ikuko-san und Inoue-san kauften da einige Spezialitäten, die man nicht woanders bekommt. Thom und ich hielten uns aus Kapazitätsgrenzen eher zurück.

Einen zweiten Stopp gab es an einem merkwürdigen Bau mit an sich schöner Aussicht auf das Meer, dem Oku Observatory. Dieser Aussichtspunkt ist dem berühmten Sohn des Ortes Seto auf der Halbinsel gewidmet, Nakamura Shūji , einem der Nobelpreisträger 2014 (Kategorie Physik), der in den 90er Jahren massgeblich die Forschung und Erfindung des (blauen) LED-Licht verfolgte, welche ja inzwischen weltweit unser Beleuchtungsdasein bestimmt (siehe Wikipedia). Sehr nachvollziehbar dass sie stolz auf ihn sind.

Die Mittagspause war dann im Städtchen Misaki geplant. Für Menschen mit Auto ist das ein hübsches Ziel, aber mit dem öffentlichen Verkehr kommt man nur einmal täglich nach Misaki. Drum der Entscheid Ikuko-sans, ein Auto zu mieten. Die Raststation dort bietet nochmals alles, was das japanische Herz begehrt: Infos und Omiyage (Essbare Andenken) für die Gäste, ein kleines Onsen sowie ein Restaurant. Der dortige Fährhafen bietet zudem die kürzeste und daher günstigste Schiffsroute nach Kyūshū bzw. Ōita an.

Im Restaurant «Hanahana» gibt es zwei, drei Lunchoptionen, man löst sein Ticket am Automaten und, wenn alles fertig ist, kommt der Aufruf zur Abholung des Tabletts am Tresen. Trotz des trüben Tags war das Restaurant – nicht zuletzt wegen seines guten Rufs – gut besucht, und während des Essens hatten wir dann auch einen schönen Ausblick aufs graue Meer. Auf der Website sieht man auch, wie es bei schönem Wetter aussieht. 😉

Das Menü war natürlich – wie erwartet – köstlich, und erfreulicherweise machte dann anschliessend auch der Regen eine kleine Pause, so dass ein kleiner Spaziergang möglich war, bevor wir dann im angeschlossenen Café noch einen feinen «Café au lait» geniessen konnten. Beim Zurückspazieren zum Auto kamen wir noch an zwei beeindruckenden Bäumen mit gewaltigem Umfang vorbei – sogar ein nationales Denkmal! Zum ersten Mal haben wir diesen «Ficus superba», auf Japanisch „Akou (アコウ)“ gesehen. Der verzweigte Stamm hat einen Umfang von über 14 Metern, und das Alter der Exemplare ist schwer zu schätzen, aber bereits vor über 100 Jahren wurden die beiden Exemplare zum Denkmal erkoren.

Der Rückweg ging zuerst wieder über die Schnellstrasse. Für den Weg zum Onsenort bogen wir nach gut der Hälfte der Strecke auf die alte, enge Küstenstrasse ab, die auf der Südseite der Halbinsel entlangführt. Auch wenn der Ausblick nicht ganz so weit war, konnte man die Sicht aufs Meer und die beeindruckenden Klippen geniessen. Unser Ziel «Kamegaikeonsen» liegt im kleinen Ort Tanoura in der Gemeinde Ikata. Dass sich fast genau auf der anderen Seite der Halbinsel das Kernkraftwerk Ikata befindet, blenden wir jetzt mal höflich aus. 🫤

Ikuko-san’s Mann setzte uns vier ab und kehrte nach Matsuyama zurück. Wir mussten erstmal noch im Aufenthaltsbereich des Onsenhotels warten, denn für den Check-in war es noch zu früh. Die Sitten in Japan sind streng, vor 15 Uhr kommt man nirgends aufs Zimmer.

Auch im Badehotel war an diesem Sonntagnachmittag – vielleicht nicht zuletzt wegen des trüben Wetters – mächtig viel los, und es herrschte ein emsiges Kommen und Gehen. Das Gebäude ist erst im Februar neu eröffnet worden. Wie wir später erfuhren, war das alte Hotel nach einem Blitzeinschlag abgebrannt. Nun bewunderten wir die schönen, hellen Räume, und mit unserem Zimmer, welches wir dann bezogen, waren wir mehr als zufrieden. Mit viel Gepäck muss man nicht in ein Onsen reisen, alles ist da: Yukata, Schläppchen (und in diesem Fall sogar die Tabi-Socken dazu), Handtücher, Zahnbürste, Seife & Shampoo, Kamm etc. werden immer gestellt. Perfekt für einen Wochenendausflug mit ultraleichtem Gepäck.

Nach dem Checkin entschlossen Thom und ich uns noch für etwas Bewegung in Form eines kleinen Spaziergangs. Durch den Regen war alles Grün leuchtend und frisch, und die moosbewachsenen Mauern waren eindrücklich.

Wir erwarteten keine ausgeschilderten Wanderwege und kannten uns ja auch nicht aus, drum liefen wir einfach zwei unbefestigte Strässchen hinauf und wieder hinunter.  Das eine führte auf eine kleine, fast zugewucherte Anhöhe, das andere in eine ehemalige (?) Mikan-Plantage.

Alles wirkte sehr verlassen, und die Infrastruktur teilweise heruntergekommen. Aber auch dort macht man noch Entdeckungen: Ein Wurm kroch uns entgegen, und was für einer!

Er war gut 25 Zentimeter lang und von unglaublich leuchtendem, fluoreszierendem Blau! Ein Riesenregenwurm «Pheretima sieboldi», auf Japanisch «Kantaro» (カンタロウ ) ist uns begegnet! An sich sah er ungefährlich aus, aber ihn anzufassen traute ich mich dann doch nicht. Wie später recherchiert kommen diese gerne nach starkem Regen (aha) aus ihren Verstecken und dann kann man ihnen am ehesten in den Wäldern begegnen. Na dann hatte das Wetter doch noch einen positiven Effekt gebracht. Wir liessen ihn in Ruhe und hoffen das Beste für ihn.

Thom und ich mussten schmunzeln darüber, dass auch dieses Tier wieder einmal den lateinischen Namen «Siebold» in sich trägt, wie so viele Tiere und Pflanzen des Landes. Offenbar ist er dem berühmten Arzt und Naturforscher Philipp Franz von Siebold ebenfalls mal über den Weg gekrochen (siehe auch Blogbeitrag 2017).

Zurück im Hotel war Badezeit: Heraus aus den Kleidern, in den Hotelyukata plus Haori (dem wärmenden «Überwurf») sowie die Socken und die Zehenschlappen (eher unbequem). Das Bad selbst war toll: ein schönes Innenbecken, ein wunderbares, ziemlich heisses Aussenbecken (Rotemburo, 42°C), dazu eine Sauna und ein Kaltwasserbecken (18°C) zum Abkühlen. Herrlich.

Um 18 Uhr war das Abendessen im Restaurant geplant, wo wir Ikuko-san und Inoue-san wieder trafen. Dort erhielten wir sogar ein kleines «Separé» für uns, und konnten das feine Essen genissen und uns auch fröhlich unterhalten. Thom und ich waren da 100 prozentig gefordert was unsere Japanisch-Praxis anbelangt! Aber Ikuko-san und Inoue-san sind versiert und grosszügig genug, uns alle Fehler zu verzeichnen und uns tatkräftig zu unterstützen und zu korrigieren. Sie sind einfach wunderbar.

Am nächsten Morgen trafen wir uns nach einer sehr ruhigen Nacht pünktlich um 7:30 Uhr zum Frühstück wieder bevor wir um 9 Uhr nochmals ins Onsen eintauchen konnten, was wir als alte Badefans auch gerne taten.

Danach hiess es Packen, Checkout und etwas warten, denn es war noch der Mittagslunch im Hotel geplant, bevor wir uns wieder auf die Rückreise machen würden.So konnten wir beim Mittagessen zum ersten Mal einen Servierroboter bei seiner Arbeit beobachten! Das Erstaunen im Saal war gross, und alle zückten ihre Handys.

Er nimmt keine Bestellungen entgegen und denkt auch nicht selbst, kann aber bei grossem Andrang das Personal bei der Auslieferung der Speisen (auf den Tabletts) unterstützen. Ob er manchmal auch falsch liefert, fragten wir uns – und später auch an der Kasse. Falls tatsächlich etwas schief läuft, wird der Gast gebeten, einen Knopf zu drücken, damit der Roboter sich wieder auf den Rückweg zu seiner Station machen kann.

Den Weg nach Yawatahama zur Bahnstation musste mit dem Taxi bewältigt werden. In Japan wird – nach unserem Eindruck – das Taxi häufig genutzt. Thom und ich sind dagegen keine Taxifahrer, und darum war das schon etwas besonders, insbesondere wenn es sich um ein klassisches japanisches Taxi handelt. Sie wirken immer topp seriös mit ihren alten Limousinen, den uniformierten Fahrern und – ganz wichtig – den imitierten Häkelbezügen aus Plastik. Thom durfte vorne sitzen, und wir drei Damen quetschten uns auf die Rückbank.

Am Bahnhof Yawatahama angekommen hatten wir noch genügend Zeit, uns noch einen Überblick über die Busverbindungen zum Fährhafen zu machen. Thom und ich würden am Donnerstag ja weiterziehen und das Schiff nach Kyūshū nehmen. Die Busverbindungen zwischen dem Bahnhof und dem Fährhafen sind im Internet jedoch ein gut gehütetes Geheimnis gewesen, drum waren wir froh, die Abfahrtstafel einfach schnell fotografieren zu können. Und auch Ikuko-san und Inoue-san waren froh, dass sie sich keine Sorgen um uns machen mussten.

Der Limited Express brachte uns dann schnell wieder zurück nach Matsuyama, und am Bahnhof trennten sich unsere Wege: Ikuko-san nahm sich ein Taxi zurück nach Hause, Inoue-san fuhr mit dem Zug nach Mitsu, und Thom und ich stiegen in die Strassenbahn Richtung Innenstadt. Zuhause widmeten wir uns dem Einkauf und dem Wäschewaschen, und dann gingen wir auch früh schlafen. Körperlich hatten wir die letzten eineinhalb Tage ja keine gewaltigen Leistungen erbringen müssen, aber sprachlich-geistige durchaus!

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