Schwarzwald-Velotour 2021: Glatt – Rottweil – Weigheim – Donaueschingen – Schaffhausen

06.09.21: Glatt – Sulz – Oberndorf – Epfendorf – Rottweil (via Irslingen)
KM: 53,80 km / Zeit: 4:12 h / km/h: 12.81  / Höhenmeter: 553 m

Toll, dass wir so ein Wetterglück haben. Erneut lachen ein strahlend blauer Himmel und Sonnenschein, und so radeln wir am Morgen nach einem kurzen Besuch der kleinen gotischen Kirche Glatts (die im 16. Jh. mal dem Kloster Muri Schweiz gehört hat)  Richtung Neckartal bzw. Fischingen und weiter nach Oberndorf.

Zwar wäre auch eine „Abkürzung“ über die Höhen möglich, aber unserer Erfahrung nach kostet das viel zu viel Kraft und Zeit, und ist somit wenig zielführend. Deshalb nehmen wir lieber die längere und dafür mehrheitlich flache Strecke.  🙂 Ausserdem fährt es sich auf dem Neckartalradweg sehr schön am Fluss entlang.

Im Neckartal Richtung Rottweil

Gegen Mittag erreichen wir Oberndorf, und Thom legt Wert darauf,  die Oberstadt hochzustrampeln, um dort die Pause zu verbringen. Das ehemalige, lebhafte Zentrum (zumindest habe ich es so in Erinnerung…) ist allerdings wie ausgestorben, und wir sind froh, in einer Bäckerei noch ein Sandwich zu bekommen. Ein bisschen erschreckend, wie sich alles verändert hat.

Altes Kloster Oberndorf (seit langer Zeit nun Stadtverwaltung)

In Oberndorf hatte mein Vater 1974-1975 einen Job als Ingenieur bei der Fa. Mauser, und meine Mutter bei der Stadt, und wir wohnten einige Kilometer flussaufwärts in Altoberndorf. Dort besuchte ich zuerst die dortige Dorfschule und hatte viele Freundinnen. Auch begann dort meine Pferdeliebe, und ich durfte die ersten Reitstunden nehmen.
Da die Arbeit meinem Vater nicht sehr zusagte, zogen wir 1975 wieder weg, nach Freiburg. Ich weiss noch, wie ich heulte, als mir meine Eltern das mitteilten. Die Vorstellung, wieder neu in einer Umfeld beginnen zu müssen, war schrecklich. Auch meine Mutter hat sich in der Stadtverwaltung Oberndorf sehr wohl gefühlt. Aber nun ja, es war nicht zu ändern.

Nun kommen wir nach dem Mittag an Altoberndorf vorbei, stoppen kurz am Mahnmal der ehemaligen Zwangsarbeiter und fahren weiter nach Epfendorf, wo wir uns mit Elke verabredet haben, mit der ich damals in einer Klasser war.  Ein Wiedersehen nach 45 Jahren. Wow.

Blick auf die „Sonnhalde“ Altoberndorf
Wiedersehen nach 45 Jahren

Nach zwei sehr gemütlichen Stunden mit vielen Erinnerungen müssen wir weiter. Zum Glück kann Elke uns noch einen Tipp geben, wie wir nach Rottweil kommen. Denn die reguläre Route ist wegen einer Brückensanierung gesperrt.
Hinter Talheim geht es regulär raus aus dem Neckartal. Wir müssen nun auf der anderen Seite hoch Richtung Irslingen, von dort über die Höhen nach Dietingen, wo uns der Thyssen Elevater Testturm als Leuchtturm den Weg weist. Denn sträflicherweise haben wir keine Karte, und müssen den optimalen Weg grob via GPS und Handy auskundschaften.

Über dem Neckartal bei Irslingen
TK Elevator Testturm

Wie schon auf unserer früheren Tour kommen wir viel später als geplant in Rottweil an und sind „nudelfertig“ (wie man in der Schweiz sagt). Zum Glück können wir uns im sehr schönen Hotel Maiers Johanniterbad entspannen und noch ein leckeres Abendessen im Gartenrestaurant geniessen. Und geben die Hoffnung nicht auf, die alte Neckarstadt hoffenltich mal mit einem ausführlichen Besuch kennenlernen zu können. Verdient hätte sie es…

07.09.21: Rottweil – Schwenningen – VS-Weigheim
KM: 30.30 km / Zeit: 2:30 h / km/h: 12.15  / Höhenmeter: 351 m

Der Morgen begrüsst uns mit Morgenrot über der Schwäbischen Alp. Nach dem feinen Hotel-Frühstück fahren wir kurz zur Touristeninfo, um nach einer Radkarte zu fragen. Es gibt diese sogar gratis, was für ein Service!  Zwar ist unser Weg nach Schwenningen nun auch wieder perfekt ausgeschildert, aber wir fühlen uns doch sicherer, eine fundierte Orientierung zu haben.

Sonnenaufgang über der Schwäbischen Alp
Rottweil

Auf dem Weg nach Schwenningen

Nach Schwenningen kommt man über wenigstens zwei Routen, aber wir bleiben auf dem original Neckartal-Radweg über Deisslingen. Die gut 20 km fahren sich rasch, und so stehen wir um 10:30 Uhr pünktlich vor dem Uhrenindustriemuseum Schwenningen, dem wir einen kurzen Besuch abstatten möchten.

In diesem Museum in der ehem. Uhrenfabrik erhält man einen spannenden Einblick in die Anfänge der industriellen Fertigung von Uhren in der ersten Hälfte des 20. Jh., namentlich Wecker als Massenprodukt.

Besuch des Uhrenindustriemuseums

Und hier ein niemals schadender Hinweis ans Personal (und überhaupt)… 😉

Nach einer kurzen Mittagspause in einer Gelateria machen wir uns auf Richtung Weigheim und dem Wiedersehen mit Siggi und Gaby. Dieses müssen wir uns erstmal mit dem Herausfinden aus der Stadt sowie dem Aufstieg aus dem Mühlhauser Tal verdienen.

Den Weg zum Haus finde ich noch fast blind, und nach dem herzlichen Willkommen und einer Dusche werden wir fürstlich bewirtet. Zuerst mit Kaffee und Gaby’s legendären Käsekuchen, anschliessend mit einem Apéro, und schliesslich mit einem fulminanten, mehrgängigen Abendessen bis nach Mitternacht. Oweh, bei einem Gegenbesuch müssen wir uns tüchtig ins Zeug legen! 🙂

Einstmals enge Freunde meiner Eltern von 1971 bis in die 80er – für mich mit Zweitelternstatus – hatte sich das Verhältnis der einstmals engen Beziehung meiner Eltern zu ihnen zu meinem grossen Bedauern  immer mehr distanziert.
Es war daher wunderbar, dass sie zur Beerdigung  gekommen waren, und wir an das alte Verhältnis wieder etwas anknüpfen konnten. Sie jetzt besuchen zu können war wunderbar! Und nun verbrachten wir natürlich intensive Stunden mit vielen Erinnerungen an die frühere Zeit.
Beim Essen geniessen wir auch die schöne Aussicht inkl. Sonnenuntergang und dem wunderbaren Farbenspiel des Abendrots. Von solchen Ansichten sind wir ja eher entwöhnt, während unsere Gastgeber gestehen, dass sie da schon gar nicht mehr hingucken würden…

Sonnenuntergang Weigheim

08.09.21: VS-Weigheim – Villingen – Donaueschingen-Allmendshofen
KM: 34.40 km / Zeit: 2:22 h / km/h: 14.53  / Höhenmeter: 225 m

Nach dem unglaublichen Abendessen werden wir morgens auch wieder mit einem  ebenso prächtigen Frühstück verwöhnt, bevor wir uns gegen 11 Uhr und nach einem gemeinsamen Foto und dem herzlichen Abschied wieder auf unsere Velos schwingen.

Es geht den steilen Weg zurück nach Mühlhausen, dann wieder hoch über die Höhen Richtung Zollhaus und weiter nach Villingen. Die weite Landschaft der Baar gefällt uns sehr. Und erstaunliche Dinge verbergen sich dort, wie uns ein Hinweis auf die Europäische Wasserscheide verrät.

Nagelneuer Radweg Richtung Zollhaus

Blick auf Villingen

In der alten, schmucken Zähringerstadt Villingen pausieren wir kurz für einen Kaffee (für anderes sind wir noch zu gesättigt), bevor es weiter durch das schöne Brigachtal nach Donaueschingen geht. Auf einer Brücke kann ich es mir nicht verkneifen, in den Donauzufluss zu spucken. Denn die Vorstellung, dass dies mal in Spuren im Schwarzen Meer landen wird, ist zu amüsant.

Villingen: Münster
Spuckbrücke im Brigachtal

Nach zwei Stunden gemütlicher, flacher Fahrt erreichen wir die Donaustadt, wo wir auch an der grossen Fürstenberg-Brauerei vorbeikommen. Selbstverständlich werden wir das Bier dann probieren müssen. Aber erstmal geht es noch weiter nach Allmendshofen zu unserem Quartier, dem Hotel Grüner Baum, mit schönen Zimmern, gutem Restaurant und (wie wir am nächsten Morgen feststellen) einem hervorragenden Frühstücksbuffet.

Donaueschingen: Fürstenberg-Brauerei
Rathaus Allmendshofen (Geburtsort Grossvater)

Dass wir ausgerechnet in Allmendshofen übernachten, ist noch ein schöner Zufall, denn dort ist 1909 mein Grossvater mütterlicherseits als uneheliches Kind geboren worden. Genaueres ist uns nicht bekannt, nur dass er von seinem Erzeuger, meinem Ururgrossvater, später anerkannt und adoptiert worden war, und daher zurück nach Schenkenzell kehrte. Es wäre spannend, mehr herausfinden zu können…

Nach dem Frischmachen im Hotel radeln wir die 3 km zurück nach Donaueschingen zu einer kurzen Besichtigungstour: Durch den schönen fürstenberglichen Schlosspark  ins  kleine Ortszentrum, die Schlosskirche und selbstverständlich die Donauquelle, die gar nicht die Donauquelle ist, denn bekanntlich wird die Donau ja durch die Brigach und die Breg auf den Weg gebracht.

Die angebliche Donauquelle

Danach lassen wir uns nieder zum Bier-Apéro im Fürstenberg Bräustüble. Klar, dass ich das  Degu-Set mit Kostproben aller Gebräue ausprobieren muss! Und wir müssen sagen: Fürstenberg ist nicht die schlechteste Grossbrauerei, und zumindest das frische Pils lässt sich an einem schönen Sommerabend sehr gut wegtrinken. Auch das Riegeler Landbier hat unsere Anerkennung gewonnen (wars das zweite von rechts??).

Fürstenbergische Bierdegu

09.09.21: Allmendshofen – Tengen – Bibertal – Schaffhausen
KM: 52.40 km / Zeit: 3:43 h / km/h: 14.09  / Höhenmeter: 353 m

Unser letzter Reisetag beginnt – am letzten Reisetag – bewölkt und kühl. Eigentlich nicht so schlecht, da wir uns ja über die Albausläufer den Weg zurück in die Schweiz suchen wollen. Zuerst geht es südlich zum kleinen Ort Fürstenberg, der, wie der Name schon sagt, auf einer Anhöhe liegt. Danach weiter Richtung Blumberg und Riedöschingen und über eine Anhöhe nach Tengen, und von dort auf der wieder gut beschilderten Route durchs Bibertal nach Schaffhausen.

Auf dem Weg nach Schaffhausen: Blick auf die Alp
Blick auf die Baar von Fürstenberg aus

Hart ist erstmal der Aufstieg nach Fürstenberg, bevor es dann wieder ab und auf durch die bergige Landschaft geht. Viel zu sehen gibt es nicht, aber das Radeln in der ruhigen Gegend ist sehr nach unserem Geschmack. Immerhin kreuzen wir die „Sauschwänzlebahn“ und das winzige mittelalterliche Ortszentrum Tengen ist eine interessante Entdeckung.

Tengen

Ab Büsslingen überrascht uns das beschauliche Bibertal sehr positiv, und spätestens als wir in einer Garage einem alten „Berna“-Postauto begegnen, wissen wir, dass wir wieder in der Schweiz sind.

Alter Berna-Postbus im Bibertal

Leider sind die letzten Kilometer ab Thayngen bis Schaffhausen entlang der stark befahrenen Autobahn nicht mehr sehr schön. Daher sind wir froh, als wir den Bahnhof erreichen und in den nächsten Zug nach Zürich hüpfen können. Zum Abschluss gibt es wie gewohnt noch den Blick auf den Rheinfall bei Neuhausen. Und damit endet diese sehr spannende und persönliche Velotour 2021 für uns.

Endlich in Schaffhausen

Letzte Aussicht: Rheinfall
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