Kōchi – 高知

Sonntag sind wir für einen Tag nach Kōchi gefahren, der Stadt an der Pazifikküste Shikokus.
Hier waren wir im Winter 2007 schon mal, aber wir hatten das Gefühl, noch einiges anschauen zu müssen.
Der schnellste Weg von Matsuyama nach Kōchi führt mit dem Express-Bus über die Autobahn. Mit dem Zug dauert es vier Stunden plus 3x Umsteigen, also kauften wir zwei Tage vorher ein Busticket. Beim Kauf des Tickets fragte ich unschuldig-freundlich, ob es o.k. wäre, unsere Faltvelos mitzunehmen. So was lasse ich in Zukunft am besten bleiben, denn es brachte die freundliche Dame in allergrösste Verlegenheit. Da musste der Vorgesetzte befragt werden, es wurde telefoniert, und unser Kōchi-Ausflug stand kurz auf der Kippe… Schliesslich einigte man sich wohl darauf, dass der Busfahrer entscheiden sollte, wie mit unserem Ansinnen zu verfahren wäre. Dieser zuckte am Sonntag Morgen nicht mit der Wimper und öffnete bereitwillig seine grosse Klappe zum Gepäckraum.
Das war nicht das erste mal, dass uns das passierte. Eine höflich gemeinte Frage hat oft ein Nein zur Antwort. Wir sind uns noch nicht sicher, was genau das auslöst. Es scheint, als ob ein Nein mögliche ‚unberechenbare Unannehmlichkeiten‘ vermeiden soll.

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Es gibt in Kōchi einiges zu sehen, wir wussten bereits vorher, dass dieser eine Tag nicht reichen würde. Sonntags findet der bekannte Wochenmarkt statt. Thomas hatte zudem entdeckt, dass es ein Museum für moderne Kunst gibt. Und diesmal wollten wir endlich den Botanischen Garten finden, den wir beim letzten Besuch mangels Stadtplan vergeblich gesucht hatten. Es gibt zudem auch ein Schloss, den wohl sehr schönen Pazifikstrand, ca. 5 km vom Zentrum entfernt und ausserdem mehrere kleinere historische Museen, vor allem zum lokalen Helden Sakamoto Ryoma, einem Wegbereiter der Meji-Ära.
Derzeit läuft zu dessen Leben ein TV-Drama, und Kōchi ist ganz im ‚Ryōma‘-Fieber. Am Sonntag muss ich mir mal eine Folge anschauen … Überall werden Produkte mit dem Konterfei des Samurai gelabelt, es hängen unendlich viele Poster vom Hauptdarsteller der Serie herum.

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Eine der bekanntesten Ansichten von Kōchi ist die Reihe von Palmen am Fluss. Nein, wir waren wirklich nicht in Miami.

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Der Morgenmarkt ist ein grosser lokaler Bauern- und Handwerkermarkt, vergleichbar mit dem Freiburger Münstermarkt.

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Es war allerdings nicht viel Betrieb, denn bei 34°C war es wohl vielen zu heiss. Wir kauften auch nur etwas Obst (Trauben und Feigen), tranken Juzu-Saft und schauten uns die uns unbekannten Gemüsesorten an. Denn es gibt, von selbst eingelegtem Gemüse und dessen Zutaten bis hin zum Goldfisch, fast alles. Kōchi ist im übrigen für seine Messer berühmt. Das letzte mal haben wir auch eines gekauft.

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Die Besichtigung des Schlosses strichen wir zugunsten des Kunstmuseums der Präfektur Kōchi, dass wir nach 20 Radelminuten tatsächlich fanden.

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Ein interessanter Bau im postmodernen Stil, amerikanisch anmutend und viel Platz um recht wenig Kunst … 😉

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Dort gab es ein paar Chagalls zu sehen und eine Ausstellung über den russischen Trickfilmmacher Juri Norstein. Dafür wären wir zwar nicht gerade nach Kōchi gefahren, aber es war dann doch sehr interessant, und wir kauften zur Erinnerung (und statt des Ausstellungskatalogs auf Japanisch) ein sehr nettes Kinderbuch vom ‚Igel im Nebel‘. Alles in Hiragana geschrieben, das können wir wenigstens Lesen!

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Dann radelten wir los Richtung Makino Botanical Garden. Meine Vorahnungen bestätigten sich bald: Er liegt natürlich auf einem der Kōchi umgebenden Hügel, und so strampelten wir – zürichberggewohnt – bei 34°C bergauf. Die überholenden Autofahrer (gut, dass die schmale Strasse eine Einbahnstrasse war) wirkten ziemlich irritiert.
Noch nie in unserem Leben haben wir so geschwitzt. Der Schweiss tropfte wirklich an uns herunter. Und dabei waren es nur schlappe 139 Höhenmeter …

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Aber wenigstens war die Aussicht schön.

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Es war bereits 16.30 Uhr und regulär schliesst der Park um 17 Uhr. Wir hatten dann ziemlich Glück, denn an diesem Abend fand ein Lichterfest statt und der Garten war bis 21 Uhr geöffnet. Also konnten wir uns Zeit lassen. Der Garten ist nicht so gross und sehr schön angelegt. Es gibt ein grosses Gewächshaus und derzeit blühen draussen die Seerosen und der Lotos.

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Diese wunderschöne, stark duftende Lilie (?) wächst übrigens überall im Park und hat fast Unkrautcharakter …

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Am grossen Pavillon waren zum Lichterfest viele nicht-kommerzielle Imbissstände aufgebaut und wir beschlossen spontan, unser Abendessen an diesem schönen Ort zu kaufen, denn es duftete ziemlich verführerisch. Die O-Bento waren sogar überwiegend plastikfrei und wurden in ökologischen Schachteln angeboten. Das habe ich in Japan zum ersten mal gesehen.

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Vom Licht des Lichterfestes, an dem wohl die hunderte von Kerzen angezündet werden, sahen wir dann leider nichts mehr. Um 19 Uhr mussten wir wieder pünktlich am Busbahnhof sein, nicht ohne ein Foto der netten alten Strassenbahn (vor dem hypermodernen Bahnhof) gemacht zu haben.

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Das ist uns in Japan immer wieder aufgefallen: In einigen Städten (Kōchi, Matsuyama, Hakodate, …) fahren noch – nach unseren Begriffen – uralte Tramwagen. Vielleicht nicht modern, aber dafür sehr nostalgisch. Vielleicht sollte man die Zürcher Cobra-Trams mal eine Weile durch diesen Typus ersetzen, dann würde sich danach vielleicht niemand mehr über rumpelnde Trams aufregen …

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