Ausflug UNESCO Weltnaturerbe Shirakami Sanchi – 白神山地

Für sagenhafte fünf Nächte hatten wir uns ja in Hirosaki einquartiert. Auch um Zeit zu haben für ein, zwei Tagesausflüge in die Umgebung. Ein Highlight sollte der Ausflug mit Wanderung zu den Anmon-Wasserfällen im UNESCO-Weltnaturerbe «Shirakami Sanchi» sein, eines der grössten und unberührtesten Buchenwaldgebiete der Welt.

Aber wir hatten Pech: Die freundliche Frau in der Touristeninformation teilte uns mit, dass der Weg zu den Wasserfällen seit letztem Jahr aufgrund der schweren Regenfälle zerstört worden sei und der Weg gesperrt ist. So ein Jammer. ☹ Jedoch war eine kleine Rundwanderung (B2 auf der Karte https://www.anmon-shirakami.com/trekking/ ) möglich. Also fuhren wir gleich am nächsten Tag, da das Wetter wieder aufklaren sollte.

Bus-Abfahrtszeit war um 08:20 Uhr, also hiess es früh aufstehen, Baden, Frühstücken, die 3 km zum Bahnhof radeln und noch das Velo im Parkhaus abstellen.

Nur eine handvoll Personen wählten an diesem Morgen dasselbe Ziel, und überraschenderweise kam auch wirklich nur ein kleiner Lokalbus angefahren, in dem Thom sich mal wieder ziemlich zusammenfalten musste. Zum Glück blieben die Sitzplätze für Gebrechliche frei. 😉

Und als der Bus sich  nach einer Stunde Fahrt übers Land die sehr schmale und kurvige Strasse hochbewegte, war uns klar, dass da ein grösserer Reisebus seine Schwierigkeiten gehabt hätte. Auch an dieser Strasse wurden Sanierungsarbeiten durchgeführt. Es muss im letzten Jahr in Tohoku wirklich sehr starke Unwetter gegeben haben.

Endstation der Busfahrt ist das «Aqua Green Village», ein Informationszentrum mit Versorgungs- und Übernachtungsmöglichkeiten. Dort überraschten uns grosse Warnschilder. Bären unterwegs!

Dass in Tohoku die Schwarzbären zuhause sind und auch immer mehr mit den Menschen kollidieren, war uns bekannt. Aber so nahe wollten wir ihnen nun doch nicht kommen. Jedoch ist es Herbst, und die Tiere suchen auch ausserhalb des Waldes nach Futter, wenn sie im Wald nicht genügend finden, denn schliesslich müssen sie sich den Winterspeck anfressen. Und so sind Begegnungen vorprogrammiert. Meist gehen diese in den frühen Morgen- oder Abendstunden glimpflich ab. Aber immer häufiger gibt es ungute Zusammentreffen und Verletzungen. In den abendlichen Nachrichten ist das derzeit täglich ein wiederkehrendes Thema. Im Gegensatz zu den Bären im Shiretoko Nationalpark in Hokkaido sind die Schwarzbären jedoch Vegetarier. Immerhin.

Aus diesem Grund gab es im kleinen Shop auch Bärenglöckchen und sogar Bären-Pfefferspray zu kaufen.

Wir hatten bereits vorgesorgt, und so kam das auf dem Flughafen Zürich erworbene Schweizer Kuhglöckchen zum Einsatz. Wichtig ist es, mit Glöckchen oder Reden auf sich aufmerksam zu machen, denn ein überraschter Bär reagiert eher ungut. Und es waren genügend Leute unterwegs auf dieser Strecke, es gab also eher wenig Grund zur Sorge.

Wir hatten eine einfach Karte erhalten, die Wanderung mit den beiden kombinierten Rundwegen sollte ca. 90 Minuten dauern. Meist liefen wir alleine, und mit den wenigen Wanderern, die uns begegneten, tauschten wir ein höfliches «Konnichi wa» aus. Einige hatten Führer engagiert, die sehr viel zur Flora des Buchenwaldes erklärten. Jedoch hätte so etwas unsere Japanischkenntnisse massiv überfordert, und daher genossen wir die Natur für sich. Tiere oder auch Vögel waren kaum zu hören und zu sehen, nur das Geplätscher der kleinen Bächlein, die wir querten. Und der Waldweg war, bis auf vereinzelte Stellen, sehr gut begehbar, sogar für Anfänger wie uns.

Ob die Fotos diese schöne Atmosphäre wiedergeben können, möge der geneigte Leser bzw. die geneigte Leserin beurteilen. 😊

Wieder zurück am Ausgangspunkt hatten wir auf einem Bänkchen sitzend gerade in unsere mitgebrachten Äpfel gebissen, als einer der älteren Parkwächter auf uns zukam und nach oben deutete. Wir sollten bitten vorsichtig sein, denn die Vögel hätten Interesse daran. Hoch über uns kreisten zwei grosse Raubvögel. Japanische Adler! Sie hatten wohl bereits gelernt, dass es bei Menschen etwas zu holen gibt – ähnlich wie Affen und Bären. Also assen wir schnell fertig, und liessen auch keinen Rest liegen, um kein Tier auf den Geschmack zu bringen. An Adler hatten wir zwar nicht gedacht, aber als sehr übergriffige Gesellen waren uns bereits schon Affen bekannt. Später, als wir im Bus wieder zurückfuhren, kam uns tatsächlich eine Affenmutter mit Kind am Bauch auf der Strasse entgegen.

Bevor wir mit dem Bus wieder zurückfuhren, nutzten wir die Gelegenheit im Green Village zu einem Mittagslunch mit dort zubereitetem Tofu. Es schmeckte grossartig. Thom hatte die Variante mit einer Art Tofu-Quark, und ich die mit einem als Block gepressten Tofu. Können wir empfehlen.

Die Busverbindungen sind rar, daher stiegen wir rasch in den nächsten Bus zurück ins Tal, denn wir wollten dem UNESCO-Besucherzentrum in Nishimeya einen Besuch abstatten, in dem man ergänzende Informationen zum Weltnaturerbe erhält. Es gibt einen Einführungsfilm (mit höchst futuristischen Brillen und projizierter Untertitelung ins Englisch) Und in der anschliessenden Dauerausstellung wird noch sehr viel Wissenswertes und Interessantes zu den Besonderheiten des Buchenwaldes geboten.

Die 90 Minuten Aufenthalt für den nächsten Bus sind stresslos und ausreichend für den Besuch, und so ging es bald wieder weiter. Als der Bus in Hirosaki noch einen Stopp beim «Hirosaki Apple Park» einlegte, und da es nun allerschönstes Wetter und noch nicht spät war, beschlossen wir sehr spontan, nochmals auszustegen. Schliesslich waren es die Äpfel auch wert, bestaunt zu werden.

Ich zitiere aus dem Touristenguide: «Auf einer Fläche von 5,2 ha stehen ca. 2 300 Apfelbäume mit 80 verschiedenen Sorten. Von Anfang August bis Anfang November kann man hier die Äpfel selber pflücken (kostenpflichtig). In dem Park befinden sich ein Souvenirladen mit Apfelprodukten sowie ein Café».

Der Souvenirladen war mächtig gut besucht, und es gab neben den bereits zitierten Apfelsouvenirs auch eine grosse Auswahl verschiedener frischgepflückten Exemplaren. Nun mit genauerer Beschreibung, so dass wir nun eher zwei süss-säuerliche Sorten zum Probieren kaufen konnten (Vorschau: Sie traffen genau unseren Geschmack und waren superlecker!). Auf eine Führung in einer Gruppe hatten wir keine Lust, und so schlenderten wir alleine durch das ziemlich grosse Gelände mit den vielen unterschiedlichen Bäumen und Früchten. Neben bekannten kommerziellen Sorten gab es auch interessante Mini-Äpfel, teilweise nur kirschgross, zu bestaunen. Ob man mit diesen auch etwas anfangen kann?

Der vielleicht grösste Unterschied zwischen den japanischen und unseren heimischen Äpfeln ist die Grösse. Die japanischen Obstsorten sind ja sehr auf schönes Aussehen getrimmt. Ein japanischer Apfel – oder auch eine Birne – hat mindestens das doppelte Ausmass eines europäischen Exemplars! Bei vier bis fünf Stück ist man locker bei fast 2 Kilogramm. Thom hatten zudem 3 Birnen gekauft, von denen eine bestimmt mindestens 600 Gramm gewogen hat. Eine volle Mahlzeit für sich.

Im Park waren die Äpfel durchaus erschwinglich, und auch im Supermarkt sind sie bezahlbar. Sie dürfen nur nicht verwechselt werden mit dem «Geschenkobst», bei dem ein hyperperfektes Exemplar sehr viele kostet. Wie wäre es z.B. mit einer kleinen Melone für YEN 6000 (=EUR 35/CHF 30)? Oder vier Äpfel zum ähnlichen Preis? 😉

Diese werden zu besonderen Gelegenheiten oder beim Krankenbesuch verschenkt. Wir fragen uns immer, ob jemand es wagt, diese auch tatsächlich zu essen. 😉

Auf den allerletzten Bus zurück wartend genossen wir noch den schönen Abend mit Ausblick auf den Iwaki-san, den Hausberg Hirosakis, und mit seiner ebenfalls fast perfekten Form der kleine Bruder des Fuji-san.  Es war halb fünf Uhr abends, und die Sonne war bereits untergegangen. Es würde stockdunkel sein, wenn der Bus uns am Bahnhof Hirosaki abgesetzt haben würde.

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