Heute stand ein spezieller Ausflug auf dem Programm. Wir fuhren zu einer alten Mine, knapp zwei Zugstunden südlich von Hirosaki beim Ort Kazuno gelegen. Die Verbindungen waren rar, also hiess es wieder früh aufstehen und zum Bahnhof. Der Zug fuhr um 07:52 Uhr, und die Birdys mussten mit. Das Bergwerk lag von Kazuno gut vier Kilometer entfernt. Busverbindungen gibt es dorthin nicht.
Das Wetter war zum Glück strahlend schön, und kam uns gut gelegen. Mit dem «Wanman»-Zug der Ou-Line tuckerten wir zuerst bis zum Ort Ōdate.

Nach einem kurzen Aufenthalt stiegen wir in das Bähnchen der Haniwa-Line Richtung Morioka ein, die uns nach Kazuno brachte. Wie immer genossen wir die tuckernde Fahrt durch das ländliche Japan. Ist insbesondere für uns Hobbygärtner immer sehr interessant. 😉




Das aufgegebene und überwuchernde Hopfenfeld gab uns zu denken. Waren hier Lebenspläne gescheitert?

In Kazuno gab es ein neues, kleines Wartehaus für die Buspassagiere, mit Toilette und sogar Touristeninformation, in dem ich mal wieder einen freundlichen älteren Volonteer nach dem genauen Weg Richtung Mine fragen konnte. Er war etwas überrascht, dass wir da mit dem Velo hinwollten, und wünschte uns «Ki o tsukete – Passen Sie auf sich auf». Wir strampelten los.
An der Strasse entdeckten wir etwas, was wir noch nicht kannten: Rot-weisse Stangen an den Strassen. Schneemarkierungen. Die Winter in Tohoku sind schneereich, und in den Bergen sind mehrere Meter keine Seltenheit. Wie hoch der Schnee wohl in Kazuno ist?

Zum Glück war wenig Verkehr, und zu Beginn gab es auch ncoh breite Fussgängerwege. Wie vermutet bzw. befürchtet ging es dann die vier Kilometer praktisch nonstop den Berg hinauf (wie zu unserem Garten). 🥵 Somit dauerte alles, und wir kamen auch gehörig ins Schwitzen, auch weil es recht warm war (ca. 23°C). Die Aussicht, dann unter Tage zu verschwinden, behagte mir nicht wirklick.
Bei der Mine war kaum ein Mensch. Gut, es war Wochentag, und vermutlich tut sich am Wochenende mehr. Noch rasch ein Foto am Eingang, dann verschwanden wir im Berg. Der Rundweg war immerhin 1,7 Kilometer lang, es gab also zu tun.

Die Osarizawa Mine (尾去沢鉱山) kann auf eine 1300jährige Geschichte zurückblicken. Ab dem 8. Jahrhundert bis Mitte der Edo-Zeit (ca. 1750) wurde Gold gewonnen, danach Silber, und ab der Meiji-Zeit war es eine der grössten Kupferminen Japans, bis sie 1975 erschöpft war und still gelegt wurde.




Man wandert unbegleitet durch beeindruckenden, langen Gänge, die zu Beginn noch von Hand gegraben worden sind. Die tieferen Stollen mit den Schienen für die Kupferförderung sind später maschinell gebohrt worden. Zudem gibt es auch beeindruckend lange, vertikale Schächte natürlicher Entstehung. Alles wird sehr anschaulich (auf Japanisch 😊) erklärt und dargestellt. Hübsch war auch, dass es in der Tiefe einen kleinen Schrein gab (in unseren Breiten wäre es die Statue der Schutzheiligen Barbara). Ob die Sake-Flaschen dort gegenüber aber nur reifen sollten oder den Schreinsgöttern als Geschenk dienten, haben wir nicht rausgefunden.






Eine Stunde benötigten wir für den langen Rundweg, und am Ausgang wartete dann gnädig eine Rolltreppe, die dann geradewegs in den Andenkenshop führt. 😉

Dort kann man noch ergänzend selbst versuchen, Gold zu waschen, oder nach Edelsteinen und Mineralien suchen – gegen Extrabezahlung, versteht sich. Ein altes Foto zeigte noch die Ausdehnung des Minenbetriebs 1960. Von all den Gebäuden sieht man nichts mehr. Nur ein grosser Schornstein und einige Gebäuderuinen davor sind noch da.



An der warmen Sonne konnten wir uns erstmal wieder aufwärmen und der Weg zurück nach Kazuno ging bergab natürlich sehr viel schneller als der Hinweg.
Das Gebiet ist übrigens mit Nadelbäumen bewachsen und erinnert „fast“ an den Schwarzwald. 😉 Nur dass es sich hier vermutlich um die japanischen Sicheltannen handelt, „Sugi“ genannt.

In Akita begegnet man der Entvölkerung der ländlichen Gebiete auf Schritt und Tritt. Es gibt viele verlassene Häuser überall (hier einige Beispiele auch aus anderen Orten). Und auch die Tankstelle hat schon bessere Tage gesehen…




Trotzdem sind die Gemeinden bemüht, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten und attraktiv zu gestalten. Dies merkten wir spätestens, als wir zurück in Kazuno bei einer kleinen Runde durch den Ort vor einem neuen Gemeindezentrum standen.



Zusammengefasst sind dort die Gemeindebibliothek, eine Kindertagesstätte, dazu eine Konzerthalle, Ausstellungs-, Tagungs- und Kursräume (z.B. für Ikebana- oder Kochkurse) und ein kleines Kaffee, in dem auch wir uns stärken konnten. Beeindruckt hat uns auch die Solaranlage auf dem Dach. Die Schaffung solcher Zentren als Begegnungsorte machen viel Sinn. Und alles entsteht bewusst zentrumsnah, bzw. dicht an Bahn- bzw. Busbahnhöfen. In unseren historisch gewachsenen Strukturen wäre für solche Gebilde kaum Platz. Eigentlich schade.
Auch der Bus der Fahrbibliothek brummte noch an uns vorbei – in japanischer Miniaturgrösse.

Der nächste Zug brachte uns wieder zurück nach Ōdate.



Im Zug fuhr auch ein Techniker mit einem Messgerät mit. Die alten Bahnschwellen wirkten auch teilweise erneuerungsbedürftig. Da ist noch viel Unterhaltsarbeit nötigt…



In Ōdate gab es dann noch eine besondere Sehenswürdigkeit: Das «Akita-Inu no furusato», die Heimat der Akita-Inu-Hunde.

Die Hunderasse, die in Akita ihren Ursprung hat, und auf die die Präfektur sehr stolz ist. Natürlich ist es auch das Maskottchen der Region. Im Zentrum, direkt am Bahnhof Ōdate gelegen, erfährt man viel über die Geschichte der Hunde und kann auch lebende Exemplare hinter der Glasscheibe erleben. Wir hatten Glück und sahen die Hunde erst ohne Scheibe auf der grossen Wiese hinter dem Gebäude. Und einen mitgebrachten Gästehund im Shop des Zentrums.




Das die japanischen Rassen (Shiba-Hunde und Akita-Inus) speziell sind, wussten wir bereits. Shiba-Inus erfreuen sich ja auch bei uns zuhause inzwischen grösserer Beliebtheit, und man sieht sie öfters (zumindest in Zürich). Diese sind aber mit ca. 40 cm Schulterhöhe eher mittelgross. Ein ausgewachsenes Akita-Inu-Männchen kommt auf knapp 70 cm, die Weibchen sind etwas kleiner. Dazu kommt ein kräftiger Wuchs und das dichte, Fell. Mit solch einem Hund fühlt man sich sicher.
Spannend war es jedoch, den Hund und sein Wesen zu beobachten. Die Hunde wirken unglaublich ruhig, gelassen und souverän. Ein Akita-Inu scheint sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen. Es heisst auch: Ein Akita-Inu bellt nicht ohne Grund. Er interessiert sich nicht für andere Menschen – ausser für sein Herrchen respektive Frauchen bzw. seine Familie, zu denen er eine enge Verbindung aufbaut. Die rührende Geschichte des Hundes Hachikō, der nach dem Tod seines Herrchens diesen noch jahrelang am Bahnhof Shinjuku in Tōkyō zum Feierabend erwartet hat, ist allseits bekannt. Hachikō wurde in Ōdate gebohren, und daher steht passenderweise auch die Statue vor dem Akita-Inu-Zentrum. Es war nett, dass wir einen Eindruck zu den Hunden erhalten hatten, und den Besuch so noch einbauen konnten. Ein Extra-Abstecher lohnt sich unserer Meinung nach aber nicht wirklich dorthin.

Pünktlich mit der Dämmerung bzw. dem Sonnenuntergang brachte uns der Zug von Ōdate nach Hirosaki zurück. Ziemlich hungrig kamen wir gegen 19 Uhr wieder im Hotel an. Der Einfachheit halber entschieden wir uns, es direkt gegenüber in einem Restaurant zu probieren, welches mit «Asiatisches Restaurant mit lokalen Zutaten» für sich warb.

Zumal sie auch ein veganes bzw. vegetarisches Angebot hatten. Im «Gen’ya» wurden wir dann sehr glücklich mit veganen Gyozas (endlich mal!), feinen Tsukemonos, Tofu-Salat und einer ebenfalls veganen Soba-Suppe mit Konbu-Dashi und Kräuter-Tempura. Müssen wir unbedingt mal nachkochen.


Schade dass wir das feine Essen erst am letzten Abend entdeckt haben. Gerne hätten wir auch noch die köstlich aussehenden Currys probiert. Vielleicht das nächste Mal? 😊