Yamaguchi relaxed (山口市)

Es war Samstag und unser letzter Tag in Yuda Onsen und Yamaguchi. Zudem sollte es regnen. Ein perfekter Tag, um unsere erste Woche entspannt ausklingen zu lassen.

Nach unserem Besichtigungsprogramm der letzten Tage hatten wir ja kaum Gelegenheit gehabt, Yamaguchi-Stadt etwas kennenzulernen. Wo ist das Zentrum (wenn man in japanischen Städten überhaupt von einem Zentrum sprechen kann). Wie tickt die Stadt? Was gibt es abseits der Sehenswürdigkeiten zu entdecken? Es ist spannend, einfach mal so durch die Strassen zu radeln, mehr oder weniger planlos oder mit Schlenkern nach Lust und Laune. Man kann fotografieren, an irgendwelchen Geschäften stoppen, Läden auskundschaften und Entdeckungen machen.

Wir liessen uns auch morgens etwas Zeit, denn wie gesagt, es regnete. Für das Frühstück hatten wir schon mal vorsorglich den späteren Zeitslot gewählt. Hier mal ein Bild von den Köstlichkeiten, die das Buffet so hergab.

Dann hörte der Regen auf und wir konnten losziehen.

Und nach einen Morgenkaffee im Welcome Center konnten wir dann mehr oder weniger  parallel zur Bahnlinie Richtung Yamaguchi-shi entlangfahren. Da entdeckt man dann allerlei Interessantes, wie relativ heruntergekommene Häuser, sehr schicke neue Bauten, ein Tempel mit einem wunderbarem Ginkgkobaum davor, dann wieder Blümchen oder einfach nur Parkplätze…

Und dann standen wir prompt vor der Einkaufspassage der Stadt, die jedoch ähnlich wie in Hōfu nicht wirklich belebt war. Die Leute kaufen wohl irgendwo anders ein, z.B. in grossen Malls ausserhalb der Stadt mit riesigen Parkplätzen. Eine bekannte Mall, die es in vielen Städten gibt, ist z.B. AEON. Andere heissen „irgendwie“ Plaza oder „XY“ Shopping Center. Die Verödung der Innenstädte bzw. die Veramerikanisierung des Einkaufens schreitet wohl unaufhörlich weiter fort. In Frankreich ist uns das ebenfalls erschreckend aufgefallen.

Inzwischen war es Mittag. Wir radelten noch etwas kreuz und quer durch die Strassen und beschlossen dann, da das Wetter noch nicht wirklich stabil war, nochmals ins Kunstmuseum zu gehen. Allerdings nur, weil es dort so leckeren Kaffee gab, diesmal leider ohne den feinen Grünteekuchen. Die Ersatz-Schoggi-Torte war aber auch ziemlich gut. In Japan sind solche Creme-Biscuitkuchen ja extrem populär, und meist auch sehr gut gemacht – besser als bei uns. Und die Kaffeeangestellten waren ausserordentlich entzückt, uns wieder zu sehen. Komisch, wieso haben sie uns denn gleich wieder erkannt??

Nächste Station war das Präfektursmuseum gleich auf der anderen Strassenseite. Eigentlich stand das nicht unbedingt auf unserer Prioritätsliste, aber wir hatten ja keinen Stress und genug Zeit. Das Haus widmet sich der historischen und naturkundlichen Geschichte der Präfektur. Auch die Technik kommt nicht zu kurz, denn wie wir gelernt haben, ist die Präfektur Yamaguchi für seine elektronische Industrie bekannt. Man konnte z. B. per Knopfdruck Industrieroboter zum Arbeiten animieren und ihnen dabei zuschauen.

Im Gegensatz zum Kunstmuseum war in diesem Haus fast nichts los, nur ein paar Familien mit Kindern waren schwer aktiv, und testeten alle Simulationen gnadenlos aus und somit herrschte eine ziemlich angeregte Atmosphäre.

Neben dem Museum badete dann noch eine fast europäische Jungfrau in einem Brunnen. Sie hatte keinen Fischschwanz, also war es nicht die Meerjungfrau, und wir fragen uns grade, ob es in Japans Mythologie auch Wassernixen gibt. Immer so viele Fragen…

Erfreulicherweise pünktlich zu unserem letzten Besichtigungspunkt klarte dann noch das Wetter etwas auf. Wir radelten den kleinen Berg hinter dem Museum hoch zum kleinen Park, machten ein paar Fotos und gingen dann wieder einige Schritte bergab zur St. Francis Xavier Memorial Church, erbaut 1998.

Die Vorgängerkirche von 1952 war 1991 abgebrannt. Unter der Kirche gibt es ein kleines historisches Museum zur Geschichte der katholischen Gemeinde Yamaguchis, die 1550 als erste christliche Gemeinde Japans durch Franz Xaver persönlich gegründet worden ist.

Die Kirche war überaus modern und sehr weiss und hell. Die Orgel stammt aus Deutschland und hat einen unglaublichen Sound. Es gab offenbar grade eine Vorführung und es wurden ein paar Stücke gespielt. Die Akkustig war beeindruckend.

Die Geschichte des japanischen Christentums und deren gnadenlose, ziemlich brutale Verfolgung durch das Shogunat im 17. und 18. Jahrhundert wäre sicherlich noch etwas, mit dem man sich etwas eingehender beschäftigen könnte – wenn man denn etwas mehr Zeit hätte.

Beim Untergeschoss vor der Kirche war bereits die Weihnachtskrippe aufgebaut. Das wichtigste Element, das Jesuskind, fehlte allerdings noch.

In Japan haben bereits die Weihnachtsbegleiterscheinungen eingesetzt: Weihnachtsbeleuchtung und –schmuck überall, dazu Weihnachtslieder und –gedudel in jedem Geschäft. Ein echter Nerventest, zumal das alles ja so überhaupt keine Tradition hat. Aber offenbar ist es gut fürs Geschäft. Nun ja. Im Sommer muss man in Japan tapfer die Hitze ertragen, und im Herbst-Winter halt den Weihnachtstrubel. Soll einer behaupten, Ferien sollen entspannend sein. 😉

 

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