Yamadera und Zao-onsen – 山寺と蔵王温泉

Wieder ein neuer Tag, der wieder heiss zu werden versprach, wieder ein Ausflug, diesmal ins westliche Landesinnere nach Yamagata. Das erste Ziel waren die Bergtempeln in Yamadera. Yamadera liegt ca. eine Regional-Express-Zugstunde von Sendai entfernt.

Die Fahrt führte erst einmal wieder durch die dicht bewachsene Berglandschaft Japans.

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Gegen 9:45 Uhr kamen wir in Yamadera an. Beim Ausstieg am Bahnhof ging es beschaulich ruhig zu, doch es war bereits wieder recht warm.

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Und das Plakat verheisst auch schon schweisstreibende Aktivitäten: „Yamadera“ heisst ja tatsächlich „Bergtempel“. Na dann viel Spass … 😉

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Hier auch noch eine „Liveaufnahme“. Die einelnen kleinen Tempel sind gut im dichten Wald versteckt. In der Mitte des Bildes sieht man zwei Dächer. Das war unser Ziel.

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Es beginnt aber erst einmal alles bei der grossen Haupthalle am Fusse des Bergs. Die Tempel wurden bereits im 9. Jahrhundert vom Mönch Ennin gegründet, dem Begründer der Tendai-Sekte. Vielleicht sollte man es eher Schule nennen, denn „Sekte“ hat in unseren Ohren immer einen sehr negativen Beigeschmack. Die gesamte Anlage ist also schon sehr alt, wobei alt in Japan immer relativ zu sehen ist, das Tempel ja in regelmässigen Abständen immer wieder neu aufgebaut werden.

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Was dieser runde Buddha hier Gutes tut, erschloss sich uns leider nicht. Vielleicht bettet man hier, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht so richtig klappt?

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Nun ging es berauf. Gut, dass der Grossteil des Weges im Schatten der schönen, alten Japanzedern lag.

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Langsam näherten wir uns unserem Ziel …

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Es blieb aber noch Zeit für ein kleines Stilleben mit Lotos und Steinlaterne.

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Endlich hatte wir es geschafft! Der Ausblick auf das Flusstal war sehr schön. Noch besser war der kühle Luftzug im Schatten des Daches, der dem Schweissfluss etwas Einhalt gebot. 🙂 Es war grotesk: An sich wären diese gut 100 Höhenmeter ja nichts. Nur bei diesen Temperaturen kämpft wirklich jedefrau/jedermann tapfer mit sich.

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Mehr als die Aussicht und noch einige Tempelgebäude gab es oben leider nicht, also stiegen wir wieder vom Berg herunter. Der nächste Zug Richtung Yamagata-shi würde bald fahren, also entschlossen wir uns, hier nicht länger zu bleiben. Nur in einem kleinen Lädchen kauften wir noch etwas Yamagata-Obst als Verpflegung, Trauben und Pflaumen.

Und ein netter Mensch bot uns an, vor dem Bahnhofsgebäude noch ein Foto von uns zu machen. 🙂

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Es war eigentlich schade, wir hätten noch die Bashō-Memorial Hall besuchen sollen, ein Muss für alle Freunde des Haiku-Dichtes Bashō. Hier in Yamadera war offenbar sein berühmtes, zum japanischen Sommer ausserordentlich passendes Semi-Gedicht entstanden, dass ich bereits im Blog 2010 zitiert hatte:

Stille…! Tief bohrt sich in den Fels – das Sirren der Zikaden…

Der sommerlicher Zikadensound hat – trotz seiner teilweise enormen Dezibill – durchaus etwas von Stille und Ruhe. Seltsam aber sehr schön, dass Bashōs  Eindrücke auch nach 400 Jahren so nachvollziehbar sind, zumindest für uns.

Aber wir fuhren weiter nach Yamagata, wo uns nach einem kurzen Aufenthalt der Bus nach Zao-onsen brachte, einem berühmten Ski- und Badeort auf einem ruhenden Vulkan oberhalb von Yamagata-Stadt.
Ein Skiort im Sommer hat teilweise etwas recht trostloses an sich. Es war eigentlich überhaupt nichts los, nur einige Badefans waren unterwegs, und diese strömten ebenfalls zum „Dairotenburo„, dem grossen Aussen-Heisswasserbad im Fluss. Die meisten per Auto, wir zu Fuss. Gut dass wir die Birdys zuhause gelassen hatten. Bei diesen Steigungen wären sie nutzlos gewesen  …

Was mir an Zao sehr gefiel, war das Hotspring-Phänomen: Es gibt sehr einfache Bäder bzw. Holzhäusschen, in denen man sich für nur 200 Yen ins Wasser legen kann.

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Wir erreichen nach etlichen Höhenmetern endlich den Eingang des Dairotenburo, ein schlichtes Holzportal. Noch ein paar Meter zur Kasse, wo wir uns Tüchleich kauften, zum Abtrocknen. Thom rechts, ich zu den Damen links hinein.Es herrschte natürlich strengstes Fotografierverbot. 🙂

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Umziehen unter einem Dach, ein bisschen Abgiessen und schlichte Reinigung mit schon heissem Flusswasser, und dann rein ins seeeehr heisse Wasser bzw. den Fluss! Gut 10 Japanerinnen tummelten sich in den drei verschieden heissen Becken. In das eine schaffte ich es nicht, zu heiss. Das zweite Becken, schon etwas abgekühlter, ging halbwegs, doch nach zwei Minuten wurde es mir ziemlich duselig … Also noch etwas weiter flussabwärts in das „kühlere“, verdünnte Becken, was vermutlich immer noch 40°C hatte, aber bei diesen Aussentemperaturen halbwegs erträglich war.

Das Wasser selbst ist extrem schwefelhaltig und sehr sauer. Dummerweise hatte ich vergessen, meinen Silberring abzuziehen, er war umgehend schwarz oxidiert.

Eine jüngere Japanerin sprach mich neugierig an, klar doch, dass wir die einzigen Gaijin weit und breit waren. Wir unterhielten uns etwas auf Japanisch und English, bis ich wirklich aus dem Wasser herausmusste. Zum einen, weil es mir wirklich zu heiss wurde, zum anderen, weil das etwas aggressive Wasser langsam unangenehm wurde. Heilkraft des Wassers in Ehren, aber das entsprach dann doch nicht so ganz meinem Wellnessempfinden … Ich glaube, ich bevorzuge basisches Wasser (wie damals beim Besuch des Bades auf dem Kōya-san mit dem Mönch Kurto-gensou und seiner Frau).

Thom und ich traffen uns draussen wieder, völlig fertig und aus allen Poren schwitzend. Nun mussten wir uns in der heissen Sommerluft erst einmal wieder abkühlen … An der Bergbahn Zao Chuo Ropeway war kein Mensch, und wir entschlossen uns, noch den Gipfel Mt. Torikabuto hinaufzufahren.

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Oben war aber leider – wie gesagt, Ski-Ressort im Sommer – überhaupt nichts los. Also fuhren wir mit der nächsten Gondel wieder hinunter.

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Für einen Ausblick hat sich die Seilbahnfahrt wirklich gelohnt: Unten zwischen den Bäumen erkennt man tatsächlich den idyllisch gelegenen Dairotenburo!!
Das Frauenbad ist oberhalb bzw. flussaufwärts des Kassenhauses, die Männer baden unterhalb bzw. flussabwärts.

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Leider war uns der nächste Bus zurück nach Yamagata grade vor der Nase weggefahren. Also vertrieben wir uns die Zeit noch mit einem kurzen Rundgang durchs verlassene Dorf und im Omiyage-Shop. Dort gab es Soba-Nudeln und Sake zu kaufen. Yamagata-Sake mussten wir dann schon ausprobieren.

Mit dem nächsten Bus ging es dann wieder ins Tal hinunter. Im Yamagata-Bahnhof assen wir noch Soba-Nudeln, die in sehr vielen kleinen Schälchen daherkamen. Anschliessend schauten wir noch hinter dem Bahnhof das merkwürdige Gebäude an und bewunderten die Gewitterwolken, die sich mit zunehmender Dämmerung noch über den Bergen aufbauten.

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Hatte ich eigentlich mal erwähnt, dass es in Japan sehr viel schneller Dunkel wird? Nichts mit gemütlichen Sitzen, während es langsam Nacht wird. Nein, die Dämmerung dauert maximal eine halbe Stunde, dann ist Schluss und es herrscht Finsternis. Wir stiegen in unseren Zug und fuhren in die Dunkelheit hinein. Das einzige, was wir noch bewundern konnten, waren die spärlich beleuchteten Bahnhöfe auf der Rückfahrt nach Sendai.

Interessanterweise wurde der Zug aber noch gut voll, insbesondere in den Vororten der Millionenstadt. Kamen sie von der Arbeit oder wollten sie noch in die City? Egal, wir waren jedenfalls froh, dass wir uns nach dem Bergtour- und Badetag in unser Bett werfen konnten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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