Von Drucken, Süssem, Schreinen und Sushi – 歌川 広重の浮世絵、久能山東照宮

Leider bin ich mit den Posts sehr im Rückstand, aber seit wir unsere Tour gestartet haben, bleibt nur noch wenig Zeit zum Schreiben. Ausser Abends, aber da sind wir meistens ziemlich müde …

An unserem ersten Shizuoka-Tag wollten wir etwas auf Nummer sicher gehen. Die Wetteraussichten gaben sich etwas unentschlossen, also planten wir ein Besichtigungsziel mit Sicherheitsstufe ein: Das Tōkai-Hiroshige-Museum in Yui, ca. 25 Zugminuten nördlich von Shizuoka. Museen sind ja auch bei schlechtem Wetter eine gute Wahl… 🙂
Mittags würden wir uns dann zum Lunch mit Hiroko und ihrem Mann Masamichi treffen. Das Nachmittagsprogramm liessen wir noch offen.  Mal sehen, zu was sich das Wetter entschliessen würde.

Wider erwarten war der nächste Tag (Sonntag) vielversprechend schön, und das erleichterte alles natürlich sehr. Um 7 Uhr war frühstück mit den drei Fussball-Mannschaften,  danach gingen wir zum Bahnhof und hatten sogar noch Zeit für einen Kaffee.

Ich freute mich, mal wieder mit dem Lokalzug zu fahren, wo etwas mehr Leben ist als in den Express- und Shinkansen-Zügen.

o-nemuri

Auf das „O-Nemuri“, das „Kurzschläfchen“, das die Japaner so perfekt beherrschen,  komme ich noch zu sprechen… 🙂

In Yui packten wir unsere Velos aus und radelten die 2km zum Ukiyo-e-Museum. Dort waren gut 50 Drucke des Meisters Hiroshige zum Thema Tōkaidō zu sehen. Neben dem Museum gab es noch einen kleinen japanischen Park mit einer alten Villa, und auch ein grosser O-miyage-Shop fehlte nicht.

Tokaido-Hiroshige-Museum

Und man konnte sogar seinen eigenen Ukiyou-e-Druck herstellen: Papier gab es im Shop zum Kaufen, und mit einer schriftlichen und persönlichen Anleitung durch die Shopverkäuferin konnte man an den Stationen seinen Druck herstellen.

Ukiyo-e

Eine gute Idee, aber gar nicht so einfach! Man kann da ganz schnell alles versauen! Umso mehr Erfurcht habe ich jetzt vor der Genauigkeit und Schönheit der Drucke, die wir bisher gesehen haben.

Yui selbst ist ein kleines, sich an der Strasse entlang ziehendes Küstenstädtchen. Die  Spezialität sind Ebi, Garnelen, nicht zu übersehen.

Yui - Ebi

Der Ort Yui war die 16. Station entlang der Tōkaidō, und es gibt auch noch ein paar sehr schöne alte Handelshäuser zu sehen. Lustig fanden wir auch diesen fahrbaren Marktstand mit frischem Gemüse und Obst. Eigentlich eine praktische Sache.

Yui

Yui - Haus

Yui - Markt

Wir erreichten ohne Eile den Zug zurück nach Shizuoka und um 12:30 Uhr kamen dann Hiroko und Masamichi zu unserem Ryokan.

Fujisaki-san

Die Frage, was wir Essen wollten, war rasch geklärt: Natürlich das, was in Shizuoka gut ist, und das ist frischer Fisch. Mit dem Auto fuhren wir ins Industriegebiet zu einem der Lokalitäten, die wir zwar als Restaurants definiert, aber vermutlich nie betreten hätten. Denn an was sollen wir denn erkennen, welches gut oder weniger gut ist??

Doch was wir bemerkten: Wenn man – z.B. als Familie – gut und günstig(er) Essen möchte, fährt man in Japan gerne ins Industriegebiet bzw. ausserhalb des Zentrums. Dort gibt es nämlich nicht nur gutes Essen, sondern vor allem auch Platz fürs Auto, und es fallen nicht noch zusätzliche Parkgebühren an. Im Industriegebiet gibt es eine grosse Auswahl an Restaurants und Shopping-Centern, Supermärkten etc. . Eben wie bei uns. Alles ist natürlich breiter angelegt, und ggf. ist vieles auch billiger als  in den Zentren der Innenstädte.

Nach dem feinen Essen ging es zu einer weiteren Spezialität: einer Konditorei/Patisserie, die vor allem Grüntee-Spezialitäten herstellt, denn die Präfektur Shizuoka ist das (?) Tee-Anbaugebiet Japans. Dort gibt es einen sagenhaften Grüntee-Baumkuchen!

Baumkuchen

Für alle Freunde von Süssigkeiten: Das Paradies der süssen Welt ist Japan, und insbesondere bei den Leckereien mit Grüntee oder/und süsser Bohnenpaste werde sogar ich sehr, sehr schwach. Den Baumkuchen kauften wir zum Mitnehmen, aber als Dessert gab es ein Grünteeeis (leider ohne Foto) mit einer wohl Wahnsinnsportion Macha drin. Das scheint ziemlich aufputschend zu wirken, zumindest fühlte ich mich hinterher recht aufgedreht.

Anschliessend zeigten Sie uns die Fujisakis noch ihren Ryokan, in dem wir ja ebenfalls gerne genächtigt hätten, aber die Fussball-Jungs hatten auch dort alles im Griff. 🙂 Hiroko musste nun beginnen, für die 40 Köpfe das Abendessen vorzubereiten, ein ganz schönes Unterfangen!

Jiyoumaisou1

Jiyoumaisou2

Also wollten wir nicht länger stören und Masamichi brachte uns wieder zurück zu unserem Ryokan, wo wir uns – das Wetter war ja ideal – auf unsere Velos schwangen und gen wichtiger Sehenswürdigkeit radelten, dem Kunōzan Tōshō-gū Schrein. Kein Unesco-Weltkulturerbe wie Nikko, aber mindestens genauso beeindruckend. Der Schrein schliesst sowohl Tokugawa Ieyasu als auch Toyotomi Hideasu und Oda Nobunaga ein. Zu den Details dieser Namen und des „Einschreinens“: bitte einschlägige Quellen befragen, denn das würde hier den Rahmen sprengen…

Shizuoka Küste

Der Weg dorthin führte uns wieder durch das uns nun bekannte Industriegebiet und anschliessend am Meer entlang. Etwas Nachdenklich machten mich die Hinweisschilder, die einem daran erinnerten: Ja, man war am Pazifik, an der Küste, in einem Erdbebengebiet, und nicht sehr weit über dem Meeresspiegel. Diese Warnschilder habe ich  zum ersten Mal in Japan gesehen, aber ich bin mir nicht so ganz sicher.

Shizuoka Küste 2

Hier hat uns aber die weitere „Spezialität“ Shizuokas dann doch etwas verwundert: die sich in diesem Küstenabschnitt –  zwischen Shizuoka und dem grossen Hafen Shimizu – endlos reihenden Gewächshäuser. Hier kann man zwischen Januar und Mitte Mai  hängende Erdbeeren selbst ernten. Keine Kreuzschmerzen wie bei uns nach einem Besuch im Erdbeerfeld, nein, hier hängt alles bequem in Pflückhöhe. Im Sommer war natürlich nichts mehr mit Erdbeeren, und alles sah relativ trostlos aus, insbesondere von oben.

Shizuoka Erdbeeren

Tempel und Schreine in Japan haben häufig einen Haken: Sie liegen gerne auf irgendwelchen Bergen/Hügeln/Erhebungen, also ähnlich wie bei uns. Das Seelenheil muss man sich eben verdienen, und bei diesem Schrein war es eine ausgesprochen verdienstvolle Angelegenheit: 150 Höhenmeter und 1159 Stufen waren zu bewältigen.

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Kunozan2

Was man sich jedoch ganz furchtbar vorstellt, ist meist gar nicht so schlimm. Halt der Weg zu unserem Garten am Susenberg, nur mehr oder weniger Senkrecht in die Höhe… 🙂

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Unangenehm war nur der immense Schweissfluss … Dafür wurden wir mit einer tollen Aussicht belohnt, hier in Richtung Izu-Halbinsel!

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Unser Besuch in Nikko, dem bekanntesten Tokugawa-Schrein, liegt nun über 6 Jahre zurück, und seither haben wir nie wieder so einen schönen Schrein besichtigt: Prachtvoll in den Farben, den Holzschnitzereien und den Malereien, alles auch hervorragend instand gesetzt.  Dieser kleine Schrein in Shizuoka wirkte – im Gegensatz zu Nikko – aber fast intim und geheimnisvoll. Und es waren wenige Leute unterwegs. Gut, wir waren auch spät dran. In Nikko – einer der Hauptattraktionen Japans – wälzen sich die Touristenmassen von einem Gebäude zum anderen. Keine Zeit und Musse, die Besonderheit eines solchen Ortes auf sich wirken zu lassen. Daher hat uns dieser Schrein besonders gefallen und beeindruckt.

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Um 17 Uhr klimperte freundlich der Gong, Schrein und Museum schlossen ihre Pforten. Mit der Melodie weiss man: Der touristische Arbeitstag ist damit abgeschlossen. Feierabend!

Nun hatten wir noch den ca. 11km langen Rückweg per Velo zu bewältigen, was aber kein Problem war, denn erstes war es ja total flach, und zweitens kann man sich in japanischen Städten, überwiegend schachbrettartig gegliedert sind, sehr gut orientieren (vorausgesetzt, der Richtungssinn stimmt).  Mit einem groben Zickzack kamen wir wieder zurück in unseren Ryokan.  Besonders erfreulich: Der Herr Fuji-san gab sich die Ehre, und zeigte sich uns noch im Abendlicht.

Fuji-san

Komischerweise wollte es der Zufall, dass wir auf unserem Weg durchs Industriegebiet wieder auf das Restaurant stiessen, in dem wir zu Mittag gegessen hatten. Grübelnd, ob wir dort nochmals etwas essen sollten, wurden wir auf das gegenüberliegende Lokal aufmerksam, bei dem es einen regelrechten Stau an Autos gab: Kappa Sushi!

Kappa-Zushi

Warum nicht mal wieder Sushi? Ein bisschen suspekt kam uns diese Abfütterungsanstalt schon vor, aber wenn der Laden so läuft, kann es soo schlecht nicht sein. Man lässt sich doch gerne von den Einheimischen inspirieren.

Kappa-Zushi2

Kappa Sushi ist ein Ketten-Dreh-Sushi-Restaurant, perfektioniert bis ins Detail und extrem billig. Ohne viel Schnickschnack und speziellen Extras, aber alles war sehr frisch und wirklich gut. Thom und ich assen uns zu zweit sehr, sehr satt. Es waren mindestens 20 Tellerchen und wir bezahlten zum Schluss 2500 YEN, also keine CHF 30.00, Grüntee inklusive!  Kein Wunder dass der Laden so brummte. Uns schien es, als sei es vor allem für Familien mit Kindern die einfachste Essvariante: Jeder nimmt sich das vom Band, was ihm schmeckt, die Oma und der Enkel. So gibt es weniger Stress. Und was nicht auf dem Band war, konnte bestellt werden, was für die Kinder (und auch Erwachsene) ein Riesenspass ist: Der Kappa-Zushi-Shinkansen

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Der Hit ist nämlich das elektronische Bestellsystem auf Bildschirmen mit Touch-Screen über jedem Sitzplatz bzw. Tisch, bei dem man Sushi, Getränke, Suppe etc. zusätzlich ordern kann. Die bestellten Sushis kommen dann mit dem Kappa-Shinkansen herbei gefahren. Hier noch ein Video von Youtube

Natürlich konnten wir es uns nicht verkneifen, das auszuprobieren, obwohl wir mit dem, was da auf dem Band lag, durchaus zufrieden waren. Das Programm spricht sogar mehrere Sprachen.

Kappa Sushi bestätigt mal wieder meine Theorie: Die lustigsten Entdeckungen in Japan macht man immer da, wo man es nicht erwartet. 🙂

 

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