Velotour Shimantogawa / 四万十川の自転車旅行

Am nächsten Tag war das Wetter wieder klar, und wir konnten wie geplant zu unserer Shimanto-Radtour aufbrechen. Diese führt – wie bereits erwähnt – von Nakamura aus gut 40 Kilometer den Fluss entlang bis Ekawasaki. Es gibt für die One-Way-Version zahlreiche Möglichkeiten, ein Velo zu leihen, allerdings (ich wiederhole mich) wohl nur in der Hauptsaison. Wir hatten unsere eigenen Velos, und grübelten wir Vorfeld, wie die Sache am besten anzugehen wäre. Es gibt folgende Möglichkeiten.

  1. Mit dem Zug oder Bus nach Ekawasaki, und dann mit dem Velo nach Nakamura zurück. Nachteil: Spärliche Verkehrsverbindungen (zumindest im Dezember), man kommt nach zweistündiger Fahrt erst am frühen Nachmittag an. Es geht viel Zeit verloren.
  2. Mit dem Velo nach Ekawasaki und per Zug/Bus nach Nakamura zurück. Dieselben Nachteile, aufgrund der sehr spärlichen Verbindungen.
  3. Nach Ekawasaki und wieder zurück radeln. Macht 80 Kilometer. Wir waren uns nicht sicher, ob wir uns das mit den Birdies zutrauen konnten.

Aber da das Wetter gut war, beschlossen wir einfach mal flussaufwärts loszuradeln. Mit der Rückfahrt würden wir einfach schauen, was Lust und Kondition so hergeben würden.

Hier noch ein Blick auf unser freundliches Minshuku, unter dem unsere Fahrräder einen trockenen Stellplatz neben dem Wäscheständer hatten. Wir haben uns dort ausserordentlich wohl gefühlt, nicht zuletzt wegen der supernetten Wirtin. Alles supersauber, ein schönes japanisches Bad, prima Essen und gut gelegen. Allerdings alles rein japanisch, auch die Kommunikation. Imai-san hatte dort vor Wochen per Telefon für uns reserviert – so was traue ich mir noch nicht so ganz zu. Für uns war es aber prima, denn so konnten wir unsere Sprechkünste weiter erproben. 😉

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Die Route führte durch Nakamura über die knallrot gestrichene Brücke auf das andere, rechte Flussufer (in Fliessrichtung), erst auf dem breiten Dammweg entlang, dann durch ein kleines Wäldchen bis zur ersten der insgesamt vier „ Chinkabashi“, geländerlosen Brücken.

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Das Besondere ist, dass sie bei Hochwasser unter- und überspült werden können. Gut, dass es Winter und Niedrigwasser war, denn wir mussten da erstmal rüber. Etwas mulmig ist einem schon etwas dabei, denn sehr breit ist die Brücke nicht… Einen Fotostopp gab es deshalb nicht. 😉

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Der Shimanto-Radweg folgt danach den normalen, wenig befahrenen Verbindungsstrassen zwischen Nakamura und Ekawasaki, der 340 und der 441 entlang dem Fluss. Die Strasse ist mal schmaler, mal breiter, teilweise gibt es völlig neue Streckenabschnitte mit breitem Fuss-Radweg am Rand, teilweise ist sie dann wieder so schmal, dass keine zwei Autos aneinander vorbeipassen. Wir waren natürlich – Nebensaison – wieder mal alleine auf weiter Flur mit unseren Rädern, aber die Autofahrer in Japan sind in der Regel Kavaliere/-innen und überholen mit grossem Abstand – wo es die Strasse zulässt. Nur einige Lastwagenfahrer aus dem Steinbruch, den wir passierten, zeigten sich als rüpelhaft. Wenn diese kommen, wird es wirklich eng.

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Es gab sogar so hübsche, kleine Services auf dem Weg wie ein weiterer „Selfie-Ständer“.

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Hat funktioniert.

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Nach etwa 10 Kilometern flussaufwärts gesellte sich ein guter, alter Bekannter wieder zu uns, und sollte uns bis Ekawasaki hartnäckig begleiten: Unser Freund, der Gegenwind. Eigentlich hätte ich gedacht, dass es vom Meer her flussaufwärts bläst, oder im Zweifelsfall auch mal flussabwärts. Aber dieser böige Sturmwind aus der Richtung Ehime hat uns doch sehr überrascht. Wir strampelten tapfer flussaufwärts und dagegen, und auch dass es zunehmend bewölkter und kühler wurde, zehrte nach und nach an den Kräften.

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Zumal die Verpflegungssituation – wie in Ashizuri – ebenso karg war. Ein paar Automaten standen herum, aber wir hatten uns ja etwas mehr vorgestellt, und offensichtlich war bis Ekawasaki mit nichts dergleichen zu rechnen.

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Wir fragten uns, wie sich die älteren Menschen ohne Auto in den abgelegenen Orten versorgen, wenn der lokale Bus zwischen Ekawasaki und Nakamura, der dreimal täglich fährt, die einzige Verbindung ist…
Immerhin ist die sanitäre Versorgung gut, es gibt teilweise neue, ausgesprochen gute Toilettenhäuschen, und selbst die älteren Baujahre waren sauber und hier und da sogar mit Blumensträuschen geschmückt. Dies lässt doch auch auf regen Velotourismus während der Hauptsaison schliessen.

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Kurz vor Ekawasaki – es war bereits nach 12 Uhr – war ich dann ziemlich fertig. Aber es half nichts, wir mussten einfach bis dorthin weiter und hoffen, dass es dort etwas zu essen gab. Und, grosse Erleichterung: Es gab tatsächlich Infrastruktur. Zwei kleine Supermärkte, und einen neuen „Heimatmarkt“, der Gemüse und O-Bento’s anbot, dazu kleine Handwerksarbeiten und auch Kuchen. Unsere Rettung, denn inzwischen hatte es angefangen leicht zu nieseln, und mit dem immer noch blasenden, nun eisigen Wind war es gefühlt sehr viel kälter als die 10°C, die das Thermometer anzeigte.

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Wir kauften 2x Gemüsereis für jeden, und die freundlichen Damen des Lädchens stellten einen Katzentisch auf, damit wir das alles im Warmen essen konnten.

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Sogar Kaffee gab es, und damit wir für die Rückfahrt genügend Energie sammeln konnten, futterten wir nach dem Reis noch je zwei Stücke Kuchen: Bei Grüntee-Süssigkeiten (Cremerolle mit Matcha!!) werde ich einfach völlig schwach. Hier ein Anschauungsbeispiel (geklaut):

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So gestärkt konnten wir uns locker auf den Heimweg machen.

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Endlich hatten wir mal ordentlichen Rückenwind! Und zudem merkten wir jetzt erst bei der Rückfahrt, dass es flussaufwärts doch ziemlich stetig und sachte bergauf gegangen war.
Nun fuhr es sich zurück fast wie von selbst, nur auf der sehr schmalen Strasse (wir wählten mit der alten Verbindungsstrasse nochmals eine andere Variante als auf dem Hinweg) mussten wir hier und da vorsichtig sein. Es gab doch den ein oder anderen Gegenverkehr.
Und auch nicht immer ein Geländer am Abgrund.

Irgendwann kam uns ein Polizeiauto entgegen, und der freundliche Polizist bat uns, auf den Weg aufzupassen. Er hatte uns schon flussaufwärtsfahrend registriert, und so war es sicher besser, doch mal nach dem Rechten schauen. Nett, dass er um diese zwei winterlichen Velotouristen so besorgt war.

Kurze Aufregung bot dann nur noch eine Umleitung auf die andere Flussseite (und wieder zurück). Der Aufpasser mit seinen beiden Fähnchen (rot=keine Durchfahrt, weiss=o.k.) war unerbittlich. So mussten wir, und zwar bei höchst unangenehmem Seitenwind nochmals eine Chinkabashi passieren.

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Da war volle Konzentration angebracht, dass einem die Böhen nicht zu sehr an den Rand drängten. Den Adrenalinspiegel trieb das ziemlich auf die Spitze… Dafür durften wir dann zwei Kilometer flussabwärts über die neue Hängebrücke zurückfahren, die Thom zu einem interessanten Foto inspirierte.

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Letztendlich verlief dann der Rückweg so schnell, dass wir es schafften, die richtige Abzweigung zu verpassen und – dummerweise nach einer Steigung und einem dieser blöden Tunnels – im Nebenflusstal zu landen. Die Abfahrt von der 441 Strasse zur 340er hatten wir übersehen. Bei den Beschilderungen könnte Shimanto-Tourismus noch etwas grosszügiger sein. 😉

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Ärgerlich, aber es war glücklicherweise kein Umweg, denn auch dieser Fluss mündet bei Nakamura in den Shimantogawa. Mit dem Sonnenuntergang waren wir wieder zurück und freuten uns sehr auf ein heisses Bad und die häusliche Küche unserer sehr netten Wirtin.

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Bilanz der Velotour: Ca. 75 Kilometer, Fahrzeit flussaufwärts mit Gegenwind 4 1/2h, flussabwärts mit Rückenwind 3 1/2h. Die Tour ist mit guten Fahrrädern sehr gut machbar. Allerdings empfehlen wir eher sommerlichere Temperaturen. 🙂

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