Tour de France 2 : Von St. Nazaire via Bordeaux ans Mittelmeer

Unsere Tour 2016

Seit unserer ersten Velotour in Frankreich 2011 entlang der Loire (Dijon – Le Croisic) war klar, dass wir nach den positiven Erfahrungen unsere persönliche „Tour de France“ bei nächster Gelegenheit fortsetzen wollten. Und es lag nah, wieder in St. Nazaire, nahe dem Endpunkt unserer letzten Reise zu starten.

Die „Velodyssée“-Route, übrigens auch eine Teilstrecke des EuroVelo 1, die in Frankreich von der Bretagne via Saint Brévin und Royan entlang der Atlantikküste bis Hendaye nach Süden führt, klang vielversprechend. Wir kombinierten dann letztendlich zwei Routen: Die Hälfte der Velodyssée-Route von der Loire bis Royan, und dann auf der dort beginnenden „Canal des deux mers à vélo“-Route, die via Bordeaux entlang dem Canal latéral de la Garonne sowie dem Canal du Midi bis an die Mittelmeerküste geht. Denn was lockt zum Schluss mehr als die „freie Sicht aufs Mittelmeer!“. 🙂

Die gesamte Strecke lässt sich – bis auf Abschnitte des Canal du Midi – hervorragend befahren. Bis auf einige Ausnahmeetappen und einige provisorische Teilstrecken ist sie erstklassig geplant und ausgebaut. Entweder der Weg folgt den vielen kleinen, wenig befahrenen Strässchen und Wirtschaftswegen, oder es wurden separate Strecken geschaffen, etwa auf ehemaligen Bahnlinien oder Treidelpfaden entlang der zahlreichen Kanäle. Die Idee, motorisierten Verkehr und Velofahrer möglichst weit voneinander zu trennen, damit ersterer möglichst nicht behindert wird, ist vielleicht eine bösartige Unterstellung. Aber letztendlich ist es eine Win-Win-Situation für beide Parteien. Es lässt sich kaum schöner radeln als auf den französichen „Voies vertes“, den grünen Wegen. Und die Beschilderung lässt meist auch keine Wünsche offen.

Karten, Navi oder die empfehlenswerten „VéloGuides“-Bücher der Editions Ouest-France  (auf Französisch) sollten aber trotzdem zur Sicherheit ins Reisegepäck. Die VéloGuides sind (auf unseren Tipp hin) inzwischen auch im Sortiment der Reisebuchhandlung Zürich zu finden. Und natürlich in jeder gut sortierten Buchhandlung in Frankreich.

Landschaftlich lässt es die Tour an nichts missen: Teilweise nur wenige Meter vom Atlantik entfernt, ruhige und kilometerweite, kerzengerade Strecken durch die zahlreichen flachen Marais und entlang der Kanäle, durch Weinberge und landwirtschaftlich intensiv genutztes Gebiet, durch Küstenwälder und Dünen mit dem Meer nicht unbedingt in Sicht-, aber doch in Hörweite.

Die insgesamt 1300 km von Küste zu Küste konnten wir in 16 Tagesetappen – also durchschnittlich 70 km pro Tag – fahren. In diversen Städten planten wir Aufenthalte: Les Sables d’Olonne, La Rochelle, Rochefort, Toulouse und Narbonne. Es liegen zahlreiche Sehenswürdigkeiten auf dem Weg, manch weitere Baudenkmäler und Städte sind mit einem Abstecher zu erreichen. Hier kann jeder seine eigenen Prioritäten setzen.

Wetter und Unterkünfte

Die Tour ist von April/Mai bis Ende Oktober gut machbar, wenngleich man am Atlantik stets mit diversen Regengüssen und Winden rechnen muss. Im Midi bzw. Languedoc-Roussillon empfehlen sich Frühjahr/-sommer und Spätsommer eher als die Sommermonate mit den hohen Temperaturen. Wir hatten im Herbst 2016 mit dem Wetter riesiges Glück. Bis auf 2-3 Tage mit etwas Regen war es angenehm spätsommerlich warm, an einigen Tagen sogar noch richtig heiss. Und unerklärlicherweise hatten wir nur Rückenwind.

In der Hauptsaison sollten Hotels unbedingt vorgebucht werden. Camping-Freaks finden auf den vielen Campingplätzen sicher noch irgendwo ein Plätzchen, aber eng wird es auf jeden Fall. Spannend, aber auch herausfordernd kann es sein, die zahlreichen Küstenorte und Seebäder in der frühen Vor- oder Nachsaison zu durchqueren. Geschäfte und Unterkünfte, insbesondere der kleinen Ortschaften öffnen ihre Pforten etwa ab April/Mai und beenden ihren Betrieb in der Regel ab Mitte/Ende September. Ausserhalb dieser Zeiten kann es mit Einkaufen und Herbergssuche schwierig werden. Auch Campingplätze haben dann mehrheitlich geschlossen.

Wir gehören zur Spezies der nicht campierenden Vorausplaner. Die Etappen wurden entsprechend berechnet und die unterschiedlichen Unterkünfte (Hotels, Appartements) allesamt vorgebucht. Es spart Zeit und lässt sich entspannter fahren, wenn man weiss, dass ein gemütliches Bett sicher wartet.  Nachteil: Man muss – egal was kommt – das Tagesziel erreichen.

Anreise / Abreise

Die Anreise von Zürich bis an die Atlantikküste ist mit dem TGV problemlos machbar. Das rechtzeitige Buchen (drei Monate voraus) sichert die raren Plätze im Velowagen der Hochgeschwindigkeitszüge (Achtung, s. Hinweis unten*). In Paris radelt es sich am schnellsten, wenn man die Busspuren der grossen Boulevards nutzt. Dort ist die Orientierung einfacher und leichter, als sich im Gewirr möglicherweise enger, verstopfter Strassen zu verirren. In unserem Fall ging es vom Gare de Lyon via die Boulevards Saint Marcel, Port Royal und Montparnasse in knapp 30 Minuten bis zum Gare de Montparnasse. Mit gut 2 Stunden hatten wir genügend Umstiegszeit (entsprechend Verbindungsvorschlag SNCF) eingeplant.

In diesen Wagenabschnitten befindet sich übrigens das streng geheime Mini-Veloabteil der TGVs (nicht in den Doppelstöckern).  Achtung, s. auch Hinweis unten(*).

Die Rückreise ab den Mittelmeerstädten bzw. durch das Rhônetal gestaltet sich dann etwas aufwändiger. Hier ist die Velomitnahme im TGV nicht möglich, bzw. nur in sehr wenigen Zügen während der Hochsaison. Also muss auf den die Regionalverbindungen der TER ausgewichen werden. Dort kann man die Velos kostenlos und ohne Reservation mitnehmen, jedoch ist die Kapazität begrenzt auf die Anzahl der Veloplätze (ca. 6 pro Zugteil). Tipp: Ab Startbahnhof des Zuges einzusteigen sichert den kostbaren Platz, egal, wie viele Pendler zusteigen. Die französischen Schaffner zeigen sich zwar durchaus grosszügig in überfüllten Zügen. Übertreiben sollte man es aber sicher nicht.

Längere TER-Fahrten durch mehrere Regionen sind via SNCF übrigens nur schwer recherchierbar. Hier bieten die Internet-Seiten der SBB oder der Deutschen Bahn bessere Optionen.

Unsere Rückfahrt per TER von Narbonne mit nur zweimal Umsteigen in Avignon und Valence-Ville bis Genf hätten wir eigentlich in 10,5h schaffen können, jedoch führte ein herbstlicher Sturm zur Verspätung der ersten Verbindung. Ergo verpassten wir die Anschlüsse in Avignon und Valence und kamen entsprechend spät in Genf an, wo wir uns müde und ohne notwendige Velo-Reservation (aber mit Ticket) in den ICN mogelten. Die Schaffnerin zeigte sich aber gnädig angesichts unserer Odyssee, und nach 13h kamen wir dann auch in Zürich an.

Mehr zu den Streckenabschnitten auf den nächsten Seiten.

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*Update März 2018:
Nichts geht mehr nach Paris. TGV Lyria (ab CH) und TGV Est haben die Möglichkeit der Velomitnahme in den TGVs mit dem Fahrplanwechsel zum Dezember 2017 massiv eingeschränkt (s. Website). Mit unverpackten Fahrrädern (max. Masse 120×90) muss man also wie vor 20 Jahren zwischen der Schweizer bzw. deutschen Grenze nach Paris wieder auf TER-Verbindungen ausweichen. 

*Update Juli 2018 :
Ab Mulhouse gibt es einige Intercité-Züge ohne Umstieg bis zum Gare de l’Est, in denen der „unverpackte“ Velotransport möglich ist. Sie sind nicht reservierbar, und während der Sommerferien sind die Verbindungen massiv zusammengestrichen. Na dann viel Spass…

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