Takamatsu-Tag / 高松

Takamatsu haben wir während unseres immerhin viertägigen Aufenthalts etwas vernachlässigt. Es gibt dort einiges zu sehen, am Berühmtesten ist nicht nur für Gartenliebhaber der Ritsurin-koen (栗林公園) ein sehr schöner, historischer Wandelgarten, der zu den drei schönsten Gärten Japans gezählt wird. Diesen haben wir bereits 2007 besucht. Hätten wir noch etwas Zeit gehabt, wären wir nochmals hin, aber am einzigen Tag, den wir uns für Takamatsu reserviert hatten, wollten wir nochmals etwas Radfahren und auch ein paar andere Eindrücke erhalten.

Zuerst einmal ging es – trotz Sonntagmorgens – zur Hauptpost, denn wir wollten ein Päckchen losschicken. Im Hintergrund ist die überdachte, elegante Einkaufspassage mit der grossen Glaskuppel zu sehen.

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Paketschachteln kann man bei der Post kaufen. Es gibt auch immer gratis Klebeband, Kleber und sonstige Utensilien. Beim Ausfüllen des Versandformulars haben wir inzwischen reichlich Übung, meist sind die Postangestellten sehr zufrieden damit.

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Hier gab es jedoch eine kurze Unsicherheit. Wir hatten im Paket Shoyu (=Sojasauce). Der Angestellte verstand zuerst „shiyo“ (=Salz). Und das darf man nicht in die Schweiz schicken. Wie bitte?? Es ist tatsächlich wahr: Da gibt es eine Schweizerische Zollbestimmung, die da lautet, dass die Einfuhr von Salz in die Schweiz verboten ist. Und die Japaner sind da natürlich sehr genau, sie haben es uns sogar ausgedruckt. Offenbar haben die armen Rheinsalinen Angst, es könnte ihnen ein Geschäft entgehen… Also:

Lieber Schweizer Zoll, wir versprechen hoch und heilig, dass wir nicht die Absicht haben, kiloweise Salz aus Japan zu schicken bzw. importieren. Das ist nämlich auch viel zu teuer.

Nach getaner Aktion fuhren wir dann in Richtung des Berges Yashima, östlich vom Stadtzentrum. Dort gibt es das Shikoku Mura (四国村), ein Museumsdorf, und auf dem Gipfel des Berges – immerhin 293m hoch – befindet sich noch der Yashima-Tempel (屋島寺), der 84. Tempel des Shikoku-Pilgerwegs. Es war Sonntag und somit ganz friedlich zum Radeln in der Stadt. Der Weg ist einfach: Immer nur geradeaus nach Osten. Nur bei zwei Kreuzungen mussten wir schauen, dass wir die richtige Strasse erwischten, um über den Fluss zu kommen.

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Wir kamen an einem grossen Gebäude vorbei: Nishimura Joy, welches wir zuerst für eine Pachinko-Halle hielten. Pachinko, was uns immer noch ein grosses, grosses Rätsel ist,  macht den Japanern ja ausserordentlich viel Vergnügen.

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Bei näherer Betrachtung stellt sich aber heraus: Es war ein riesiger Einkaufs-, Einrichtungs-, Garten- und Baumarkt. Auch wenn Nishimura Joy nicht im Reiseführer steht, mussten wir da natürlich unbedingt reinschauen. Wir wollten eh noch ein paar Samentütchen mit japanischem Gemüse (Daikon, Kräuter etc.) kaufen. Eine prima Gelegenheit!

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Und Nishimura Joy bereitete uns dann viel Freude, denn zum einen hatten sie eine riesengrosse Auswahl an Samen (allerdings nur konventionelle Ware). Zum anderen war es spannend, durch die Regale zu schlendern und zu schauen, wie das Sortiment an Haus-, Bau- und Gartenzubehör sich in Japan so gestaltet.

Am Shikoku Mura, dem Shikoku-Dorf, ging es ebenfalls noch ganz gemächlich zu.

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Eine kleine Herausforderung war die schwankende, traditionelle Hängebrücke hinüberzugehen. Gar nicht so einfach, wie es aussieht! Das schwankte ziemlich, und beim Laufen muss sich ganz schön konzentrieren, um genau auf die Holzplanken zu treten. Da war jede Menge Platz dazwischen.

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Auf dem grossen Areal am Hang des Yashima Berges können verschiedene Bauwerke besichtigt werden: Alte Bauern- und Handwerkshäuser, Leuchtturmwärterhäuschen aus der Meiji-Zeitund natürlich etwas Flora, die Ende November natürlich nicht so wirklich üppig ist. Immerhin gab es noch einiges „Momiji“ (= rotes Herbstlaub), ein paar Blümchen und Kamelien, und der Bambus zeigte sich ebenfalls in frischem Grün.

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Gegen Extragebühr konnte man auch in das kleine Museum bzw. die Galerie, gebaut von – na wem wohl – Tadao Ando. Es muss wohl mal eine Zeit gegeben haben, wo jede Stadt und jeder Park sich seinen Ando-Bau sichern musste. Die Galerie mit einer kleinen Privatkollektion persischer Kunstgegenstände war wirklich winzig. Der Ando-Bau war wieder sehr charakteristisch und, was atmosphärisch hübsch ist, wieder mit viel Wasser umgeben.

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Beeindruckend war die Einfachheit der alten Bauernhäuser. 5-10°C sind ja auch schon auch kalt, und die Vorstellung, in den kaum isolierten Häusern mit den dünnen Lehmwänden den Winter zu überstehen, erschreckte etwas. Bei solchen Temperaturen laufen allerdings die japanischen Schüler und Schülerinnen immer noch mit kurzen Röckchen und kurzen Hosen herum. Auch Strumpfhosen bei den Mädels sieht man selten. In Punkto Kälte gilt in Japan die Abhärtung, und offenbar sind wir Westler einfach total verweichlicht. 😉

Es war schon Nachmittag, und erfreulicherweise gibt es beim Shikoku Mura ein Restaurant, das Wara-ya, in dem die Takamatsu-Spezialität Udon serviert wird, dicke Weizennudeln.

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In dem ganz traditionellen, alten Gasthaus sitzt man an grossen Tischen und teilt sich Udon-Tunke, Tee und Gewürze mit den Tischnachbarn. Die Portionen sind riesig, und mehrere Leute können sich einen grossen Holzbottich voller Nudeln gemeinsam bestellen. Die Nudeln schwimmen in einer warmen Brühe, werden mit Stäbchen herausgeholt, in eine würzige Sauce getunkt und lautstark in sich hineingeschlüft. Uns fehlt es da beim Schlürfen leider noch etwas an Übung.

Inzwischen war es nach 15 Uhr, und wir mussten uns etwas beeilen, da wir ja noch auf den Berg wollten. Ärgerlich nur, dass man den Yashima Driveway – übrigens mautpflichtig – als Velofahrer nicht benutzen darf – vermutlich, dass man keinen motorisierten Verkehr aufhält bzw. jemanden den Weg versperrt… Also mussten wir die Variante zu Fuss wählen. Glücklicherweise fanden wir den Einstieg zum Pilgerweg etwas weiter westlich am Berg. Wir mussten uns ja schon sputen, denn um 17 Uhr würde es dunkel werden.

Da es noch ein kurzes Stück über einen Waldweg ging, haben uns erstmal die Zäune, Absperrungen und Warnschilder überrascht: Vorsicht vor den Wildschweinen (jap.: „inoshishi“)!

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Wir mussten einen kleinen Umweg am Zaun entlang nehmen. In der Landwirtschaft richten die Tiere ziemliche Schäden an. Bereits 2010 hatten Wildschweine dem netten Bauern in Matsuyama (und uns!) die leckeren Wassermelonen weggefressen. In manchen Gegenden sind sie wohl zu einer rechten Plage geworden. Sie haben keine natürlichen Feinde, und Jäger gibt es in Japan nicht viele. Bei ihren Streifzügen in die Gärten, Felder und auch Strassen scheinen sie auch nicht ungefährlich zu sein. Ob die Zäune etwas nützen?

Der Pilgerweg zum Tempel ist dann sehr gut ausgebaut, quasi eine Pilgerautobahn. Sehr angenehm, denn es geht stetig bergauf (ca. 280 Höhenmeter auf den 1000 Gehmetern). Am Wegesrand bieten einige Tafeln mit Geschichten zu Kōbō Daishi / Kukai, dem Gründer der Shingon-Schule und des Pilgerweges auf Shikoku, Gelegenheit zu Verschnaufpausen.

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Am Yashima-ji, dem Tempel, den wir nach ca. einer halben Stunde erreichten, war es ganz friedlich, kaum Leute waren zu dieser Stunde noch unterwegs. Zwei Pilger kamen noch eilig zum Tempel, ein Ehepaar wohl. Ganz in die weisse Pilgertracht gekleidet, rezitierten sie vor der Tempelhalle ihre Sutren.

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Es blieb noch kurz Zeit, die sehr schöne Aussicht auf Takamatsu zu bewundern, dann mussten wir uns wieder auf den Rückweg bergab machen.

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Die allgegenwärtigen Shops und Restaurants auf dem Berg hatten sowieso schon geschlossen, und es wurde nun rasch dunkel. Gut, dass der Weg asphaltiert war, so kamen wir rasch wieder nach unten, wo unsere Velos schon auf uns warteten. Einem Wildschwein auf Futtersuche sind wir glücklicherweise nicht begegnet. 😉

 

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