Schwarzwald-Velotour 2021: Gengenbach – Wolfach – Schapbach

Mit dem Tod von Georg, meinem (Sylvi’s) Vater, wurden ab Mitte des Jahres viele Erinnerungen aufgewühlt. Und nicht zuletzt wegen der Pandemie entstand die Idee, unsere Sommerferien Ende August/Anfang September im Schwarzwald zu verbringen, um meine Kindheitsorte zu besuchen. Eine 10tägige Velo-Nostalgietour schien – trotz Mittelgebirgstopographie – machbar und würde uns zudem zu noch unbekannten Sehenswürdigkeiten führen (siehe Karte). Und: Warum immer in die Ferne schweifen, wenn das Schöne liegt so nah? 🙂

29.08.21: Zürich – Singen – Gengenbach – Kinzigtal – Haslach – Kirnbach
KM: 35,00 km / Zeit:  2:32 h / km/h: 13.80  / Höhenmeter: 145 m

Früh am Morgen geht es mit dem Zug erstmal von Zürich bis Singen (D), und von dort mit dem Schwarzwaldexpress (Konstanz-Karlsruhe) nach Gengenbach, dem barocken Kleinod am Ende des Kinzigtals. Die sehr gut ausgebauten und beschildertem Radwege  führen über Biberach, Haslach und Hausach nach Kirnbach bei Wolfach. Dort empfiehlt sich der Kirnbacher Hof als sehr schönes Domizil für einige Tage Aufenthalt, um auf alten Spuren zu wandeln. Am ersten Tag war das Wetter noch mehr als durchwachsen, um nicht zu sagen ziemlich nass. Da die Wetteraussichten aber für die kommenden Tage schönstes Spätsommerwetter versprachen, strampeln wir am ersten Tag frohgemut durch das Regenwetter. Wozu sind wir denn gut und wasserdicht ausgerüstet. 😉

Ankunft in Gengenbach
Zwischen Biberach und Steinach
An der Kinzig vor Haslach
Pause in Haslach
Schwarzwald-Doping

Unterkunft in Kirnbach bei Wolfach
Hof in Kirnbach

30.08.21: Kirnbach – Wolfach – Hornberg  (zu Fuss und mit DB)

Kirnbach ist unser Basisquartier für die geplanten nostalgischen Ausflüge. Unser erster Tag ist immer noch sehr feucht, und wir entschliessen uns daher für ein «Ohne Velo-Programm». Vom Hotel  gibt es eine „Konus-Card“ für Gratis-ÖV-Fahrten im Schwarzwald. Gute Gelegenheit, nach Hornberg zum Duravit-Museum zu fahren.
Erstmal spazieren wir nach dem Frühstück nach Wolfach, dem wichtigen Verkehrsknotenpunkt im mittleren Kinzigtal. Dort fliesst die Wolfach aus dem Wolftal (Heimat Vater) in die Kinzig aus dem oberen Kinzigtal kommend (Heimat Mutter). Biographisch also wichtig, und meine Eltern haben sich dort auch 1964 gefunden. 😉
Der Ort ist schmucker geworden in den letzten 40-50 Jahren, das Schloss und viele Ecken sind hübsch renoviert. Nach einer Runde durch die Kleinstadt (Kinzig-Brücke, ehem. Grieshaber-Gelände, Flösser-Platz, Wolfach-Kinzig-Mündung) stehen wir wieder am Bahnhof. Neugierig schauen wir auch in den dominanten Raiffeisen-Laden vor dem alten Stadttor. hinein. Es gibt allerlei Gebrauchswaren, Getränke und auch Souvenirs. Zudem ist die Auswahl an badischem Weinen beeindruckend. Sogar Wöhrle, unseren Hauswinzer, haben sie im Sortiment! 🙂

Wolfach: Stadttor

Kinzig in Wolfach

Mit dem Zug fahren wir anschliessend nach Hausach und steigen dort um ins „Bähnle“ nach Hornberg. Kurzer Gang durch das Städtchen, in der sich die Geschichte des „Hornberger Schiessens“ zugetragen hat. Es ist menschenleer, und wir sind froh, dass das Restaurant im Hotel Adler geöffnet ist, wo wir ein überraschend feines Mittagessen geniessen: Spinatknödel für mich, Risotto für Thom.
Eine Sehenswürdigkeit in Hornberg ist Duravit, wo man Badkeramik und -design gucken kann. Mehr als ein Showroom, für Duravit-Produkte ist es aber nicht.
Anschliessend laufen wir hoch auf den Schlossberg mit dem alten Burgturm sowie einen schönem Ausblick auf die Stadt und das berühmte Bahn-Viadukt.
Endlich kommt die Sonne wieder raus. Der Aufstieg auf den Burgturm lohnt sich durchaus, und wir knipsen von dort den Schwarzwald-Express, der grad vorbeikommt. Zurück nach Kirnbach fahren wir dann nicht mit der Bahn, sondern mit dem Bus (und einem sehr launigen Busfahrer), der uns direkt vor der Hoteltür in Kirnbach absetzt.

Bahnhof Hausach: Bähnle nach Hornberg
Hornberg

Duravit Showroom

Burg Hornberg

31.08.21: Kirnbach – Vogtsbauernhöfe – Kirnbach Dorf
KM: 21,00 km / Zeit:  1:23 h / km/h: 15.00  / Höhenmeter: 142 m

Endlich wieder Sonnenschein bei noch frischen Temperaturen. Noch ist das Wetter nicht ganz stabil, aber wieder velotauglich. Daher geht es nach dem Frühstück  gleich zu den Vogtsbauerhöfen. Es sind nur 3 flache Kilometer von Kirnbach, also mehr als easy! Und gegen 10 Uhr ist an diesem Wochentag im grossen Freilichtmuseum alles noch ganz friedlich und ruhig.

Auf dem Weg zu den Vogtsbauernhöfen
Der erste Hof der Höfe: Vogtsbauernhof

Wir arbeiten die verschiedenen historischen Bauernhäuser ab, die dort seit den 60er Jahren angesiedelt worden sind. Die Ausstellungen sind sehr gut gemacht und  informativ. Irgendwann gibts auch mal wieder einen Regenguss, den wir aber in einem der Häuser, dem Effinger Schlössle, gut «aussitzen» können, und wo ein alter, roter NSU TT Prinz viele Erinnerungen wach ruft. Genau so einen hatte unsere junge, kleine Familie auch, das „Prinzle“!!

Effinger Schlössle

Vogtsbauernhof: Hotzenwaldhaus
Alter NSU 1200 TT


Und unser Prinz, anno 1969

Die Besichtigungen der unterschiedlichen Häuser aus dem ganzen Schwarzwald dauern natürlich viel länger als geplant, zumal es auch noch spezielle Tierrassen und handwerkliche Vorführungen zu bestaunen gibt. Die ursprüngliche Idee, am gleichen Tag noch eine Besichtigung eines alten Silberbergwerks zu machen, wäre unrealistisch gewesen (und zudem war die dortige Führung am Nachmittag auch schon ausgebucht).

Schwarzwälder Spezialität: Zibärtle


Hinterwälter Rind mit Schwein

Sundheimer Hühner

Nach Verlassen des Freilichtgeländes und einem mittäglichen Kaffee & Kuchen bei den Restaurationsbetrieben gibt es nochmals einen tüchtigen Regenguss, den wir aber gut im Andenkenshop mit vielen Kuckucksuhren abwarten können… So eine Kuckucksuhr wäre noch was, wir denken da grad häufiger dran. Wenn, dann aber ein modernes Modell.

Wir radeln die kurze Strecke ins Hotel zurück, machen einen kurzen «Boxenstopp», und fahren in der schönen Nachmittagsstimmung nochmals los Richtung Kirnbach Dorf, das Tal hoch. Nicht steil, aber lang und zäh. Dann passiert es: Auf Höhe der Jockeleshofmühle Kirnbach, reisst meine Fahrradkette!!!  Irgendwas hatte sich verhakt, so ein Mist. Zum Glück rollt es die paar Kilometer zurück von alleine bergab zum Hotel. Aber nun muss das Problem natürlich schnellstens gelöst werden. Dafür ist es an diesem Tag schon zu spät, daher müssen wir morgen umdisponieren. Blöd, aber nicht zu ändern.

Hof in Kirnbach

Bei der Jockeleshofmühle war dann die Kette futsch…

01.09.21: Kirnbach – Oberwolfach – Schapbach – Kirnbach
KM: 34,50 km / Zeit:  2:08 h / km/h: 16.15  / Höhenmeter: 202 m

Das Hotel hilft mir bei der Bestellung eines Taxis mit Lademöglichkeit fürs Velo – und dann wird es hektisch: Es kommt subito um 8:45 Uhr und fährt mich und das Pannenrad nach Oberwolfach zum Velogeschäft Bächle, wo ich hoffe, dass sie sich meines Ketten-Problems annehmen werden. Thom fährt mit seinem Rad selber, es ist ja nicht weit.  Fahrrad am Bächle ist (erneut) sehr nett und hilfsbereit. Bereits 2003 hatten sie uns bei einer ersten Tour durchs Kinzigtal bei einem Problem geholfen. Nach einer ersten Untersuchung des Schadens sieht es erstmal ernst aus, aber zum Glück werden sie die Kette reparieren können.
Thom und ich nutzen die Zwangspause und spazieren entlang der Wolfach nach Oberwolfach (wo ich noch niiie war), besuchen die Kirche und den Friedhof, trinken Kaffee (mit WC-Besuch) und laufen dann wieder zurück.

Fahrrad am Bächle als Retter in der Not
Oberwolfach: Kirche

Das Velo ist zum Glück geflickt, und wir können dann wie geplant Richtung Schapbach radeln, wo wir uns mit meiner alten Kinderfreundin Raphaela treffen würden. Die Route geht teils auf separat geführtem Veloweg als auch auf der Strasse entlang. Bis  Oberwolfach-Walke ist diese stark von LKWs  befahren. Des Rätsels Lösung: Es sind die Aushube der Grube Clara, eines Bergwerks, in dem neben Schwerpat und Flussspat noch viele Mineralien gewonnen werden (s. auch Mineralienhalde Clara).
Das Wolfach-Tal ist wunderschön, viele prächtige Höfe links und rechts. Überrascht bin ich aber doch, dass Schapbach so abgelegen ist. Als Kind war mir das so nicht bewusst. Allerdings sind mir die noch vielen langen Autofahrten in Erinnerung, wenn wir die Oma besucht haben.
Am Mittag erreichen wir das einstig vertraute Dorf und freuen uns über das praktische WC im Rathaus. Einige Gebäude, die ich noch in Erinnerung habe, gibt es noch, aber anderes hat sich natürlich verändert. Persönliches Highlight ist es natürlich, vor dem ehemaligen Wohnhaus meiner Oma zu stehen, wo ich beim Fotografieren  mit den jetzigen Besitzern ins Gespräch komme. Sie können sich noch an sie erinnern! Und nun weiss ich auch, wie die Oma anno 1960 als Mieterin in dieses Haus gekommen ist!

Auf dem Weg nach Schapbach

Holz, Holz, Holz
Schapbach: Omas ehemaliges Wohnhaus (renoviert 1990)
Schapbach: ehemaliges Kaufhaus Welle, im Hintergrund der ehem. Adlerwirt

Wir radeln weiter Richtung Alternativer Bärenpark, den wir um 13 Uhr erreichen. Viel Betrieb dort! Und überraschenderweise gibt es ein Vegi-Essen in Form von Burgern und Vegi-Würsten, was uns zum Zmittag grad recht kommt. Sehr lecker, der Burger!

Mittagspause im Bärenpark – mit Vegi-Burger!

Wir sehen einige Bären, die Wölfe und sogar noch den Luchs und sind zufrieden. Nun aber rasch zurück ins Dorf zur «Sonne», wo Raphaela bereits wartet. Spannende Momente nach fast 50 Jahren! Gemeinsam laufen wir via Kirche, Friedhof, Homburgers hoch auf den Polderberg und via Adler wieder zurück, und kann uns viel zum Dorf und der Gegend erzählen, was sehr spannend ist. Anschliessend geht es noch zum Armbrusterhof, wo wir ihre Mutter treffen und noch eine Weile plaudernd am alten Hühnerstall verbringen. Auch den alten Unimog ihres Vaters gibt es noch!

Schapbach: Am Polderberg
Schapbach: Gasthof Sonne
Besuch im Hennehiesle (letzter Besuch ca. 1972/73…)
Schapbachs schöne Kirche St. Cyriak
Schapbach: Ehemalige alte Schule, jetzt das Rathaus

Gegen 18 Uhr machen wir uns dan zurück auf den Heimweg. Bergab geht es jetzt natürlich ruckzuck. In Wolfach ist uns noch ein letzter Blick auf das Schloss im Abendlicht vergönnt.

Wolfach: Schloss im Abendlicht

Das letzte Abendessen im Hotel ist grandios – Küche und Service übertreffen sich zum Abschluss unseres Aufenthalts nochmals. Hier kann man es einige Tage recht gut aushalten.

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