Im März/April 2009 waren wir zum ersten Mal im Frühjahr zur Kirschblütenzeit in Japan. Damals schon bewunderten wir während unseres Sprachaufenthalts in Matsuyama die Blütenpracht und das ganze Drumherum, das ja als das japanische Highlight gilt. Angefangen von der Kirschblütenvoraussage, rosa Kirschblütendekor, Kirschblütenfeste etc.
Natürlich ist die Kirschblüte eines der wichtigsten Symbole der japanischen Kultur. Allerdings war uns der ganze, insbesondere westliche Hype drum herum immer etwas unheimlich und zu sehr Japan-Klischee. Angefangen von den ganz speziellen Reiseangeboten („Erleben sie Japan zur Kirschblüte – blablabla“), zu den jährlich wiederkehrenden Berichten in den Medien zu den japanischen Feiern und Besäufnissen (Hanami), und natürlich die Fotoflut allerorten. Also waren wir der Meinung, dass wir darauf gut verzichten können. Nun sind wir während dieser denkwürdigen und speziellen Reise voll in die Kirschblütensaison hineingekommen. Momentan herrscht gerade „full blow“.
Und so ist es uns etwas peinlich zu gestehen: Der Zauber der Kirschblüten hat auch uns mitgerissen und gepackt, und die Anzahl von Kirschblütenfotos bzw. Fotos blühender Bäumen nimmt inzwischen bedrohliche Ausmasse an. 😯
Zum einen ist die Sakura wirklich ausserordentlich beeindruckend – wie natürlich auch die blühenden Obstbäume bei uns wunderschön sind. Die zarten, leicht variablen Rosétöne der viele Sorten von Prunus serrulata haben aber eine besondere Strahlkraft inmitten der noch nicht frühlingsgrünen Natur. Kaum kommt ein Baum in Sicht, und insbesondere wenn sie noch als Allee oder in Gruppen gepflanzt sind, bietet sich ein grandiosen Anblick und es hilft nichts: Die Kamera muss raus aus der Tasche und der Finger bleibt am Auslöser kleben.
Was uns nicht bewusst war: Die Sakura sind zwar grösstenteils gepflanzt, kommen aber auch wild vor, und ein einsamer Baum am Waldrand oder inmitten von anderen, nicht blühenden Bäumen sieht wunderschön und leuchtend aus.
Ebenso faszinierend: Manche Blütensprossen kommen direkt aus dem Stamm heraus.
Grosser Nachteil an den Sakura: Sie sehen wirklich nur schön aus, tragen aber als reine Zierpflanzen wenig bis nichts zur Biodiversität bei. Sie entwickeln keine Früchte und somit sind die Blüten für die Insekten (Bienen, Hummeln etc.) wertlos. Und die Pracht ist natürlich auch nach wenigen Tagen bzw. nach einer Woche vorbei. Im Herbst bekommt das Laub nochmals eine sehr schöne rot-gelbe Färbung, aber dann war es das auch. Aber schön anzuschauen sind sie halt schon…
Zu einem Hanami wurde in diesem Jahr wegen der Coronakrise zwar mehrheitlich abgeraten, insbesondere in den Ballungsräumen, allerdings hat ein erster Aufruf noch nicht wirklich gefruchtet. Wir hatten noch das Vergnügen, die Massen zu erleben, die sich durch den Tōkyoter Ueno-Park schoben – bzw. waren ja auch ein Teil davon…
An den gigantischen Müllentsorgungsstationen – natürlich in festlichem Kirschblütengewand – kann man sich ausmalen, was sich da normalerweise so tut. Und falls es jemand noch nicht klar ist: In Japan legt man grossen Wert auf die korrekte Mülltrennung.
Einige Tage später bzw. zum Wochenende darauf kam dann schon der Stopp des Ganzen, bzw. es erfolgten in den grösseren Städten die Sperrungen der Parks. Für uns absolut nachvollziehbar. Glücklicherweise kam es dann an besagtem Wochenende auch zu einem massiven Temperatursturz von fast 15° Celsius (der dramatischste seit 134 Jahren…), so dass die Menschen sowieso lieber zuhause blieben. Gut gegen Ansteckungen. Manchmal muss der Wettergott eben nachhelfen. Für die Verkaufsstände war das Geschäft natürlich trostlos, wie z.B. hier in Maebashi.
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