Ōsaka (3) – 大阪 3

Unser letzter Tag in Ōsaka und in Japan … Eigentlich ein Moment, um melancholisch zu werden, aber dazu hatten wir an diesem Tag schlicht keine Zeit. Denn wir hatten nochmal einiges vor: Am Morgen der diesmal erfolgreiche Besuch des Ōsaka Museum of History.

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(Das Bild ist übrigens geklaut. Wir haben an diesem Morgen keine Kameras mitgenommen …)

Das Museum liegt in der 7.-10. Etage des linken Gebäudes, neben NHK und direkt am Schloss von Ōsaka. Das Museum war informativ, aber nicht ganz überzeugend. Man erfuhr auf vier Stockwerken etwas über die drei Hauptepochen Ōsakas: Der Gründungszeit im 7. Jh., in der Ōsaka noch Naniwa hiess, der Zeit vom Mittelalter bis in die Edo-Ära, in der Ōsaka sich als Wasser-Handelsstadt behauptete und schliesslich die Zeit der Meiji-Ära bis heute. Alles an sich sehr anschaulich dargestellt, mit Bildschirmen, historischen Ausstellungsstücken und Nachbildungen. Doch irgendwie sah es für uns nur als Darstellung und nicht wirklich nach einer Auseinandersetzung mit der Geschichte aus. Zumindest in der rudimentären englischen Fassung kam es nicht wirklich rüber. Aber letztendlich erfuhren wir jede Menge über die Geschichte Ōsakas, und man bekommt eine Ahnung davon, wie unglaublich geschäftig diese Stadt bereits in früheren Jahrhunderten war.

Vom alten Ōsaka ist heute leider kaum noch etwas zu sehen. Das meiste wurde im Krieg durch amerikanische Luftangriffe zerstört. Hier und da entdeckt man, durch Nebenstrassen radelnd, ein traditionelles historisches japanisches Gebäude. Aber das ist selten.
Thom und ich mögen die Stadt. Gross, im Gegensatz zum Moloch Tokyo aber immer noch überschaubar, die Einwohner bodenständig und sehr geschäftig. Während Kyoto für Kultur und Kunst stand und steht, ist Ōsaka das Symbol des Handels und der Industrie.
Und des guten Essens. Die Küche Japans hat viele Spezialitäten zu bieten, z.B. ‚Tako‘ (Tintenfisch), Okonomiyaki (Kohlpfannkuchen), Yakitori (gebratenes Hühnchen), Gyōza (gefüllte Teigtaschen) … Die Zahl der Restaurants wage ich nicht zu beziffern. Gut geschmeckt hat es uns jedenfalls immer.
Berühmt ist zudem der Humor Ōsakas. Die Stadt gilt auch als Hochburg des Kabaretts und der Komik.

Wie schon gestern in Nara wimmelte es auf den Stockwerken des Museums von etlichen Schulklassen, die fleissig dabei waren, irgendwelche Aufgabenblätter der Lehrer zu lösen. Wobei wir in einer ’stillen Ecke mit Aussicht‘ mit zwei 13jährigen ins Gespräch kamen, die vor Klasse und Lehrer geflüchtet waren und miteinander quatschten. Etwas verlegen kam ein ‚Haro‘, doch auch hier hiess es wieder ‚No English‘. Verblüfft beantworteten Sie unsere japanische Frage, ob sie Englischunterricht mögen (‚Nein, überhaupt nicht‘) und letztendlich wurde es sogar ein kleines Gespräch mit den beiden Jungs. Ob es für sie genauso nett war (nämlich die neugierigen Fragen zweier grossen Gaijin zu beantworten), wagen wir allerdings nicht zu behaupten …

Nach dem Museum gingen wir Mittagessen in ein Soba-Restaurant. Davor war zuerst mal wieder das Velo-Parkproblem zu lösen. Denn rund um den Bahnhof Uehonmachi gelten strengste Fahrradabstellregeln, wie an allen Bahnhöfen in Japan. Also nicht einfach das Velo an die Strassenlaterne binden, das wäre fatal. Überall stehen auch Aufseher herum. So investierten wir eben 100 YEN (eigentlich ja ziemlich billig) und durften mit Segen des Aufsehers beide Velos für 2h direkt vor dem Hotel an einer Parkuhr gemeinsam abstellen. Sag einer, die Ōsakaer seien nur geschäftstüchtig.

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Zum Essen wählten wir Soba, kalte Buchweizennudeln, das letzte mal, und nochmals richtig gut. Danach ins Hotel, das letzte Paket auf die Reise geschickt, mit Küchenkram und den Büchern, für die wir ganz bestimmt kein Übergepäck am Flughafen bezahlen wollten. In drei Monaten werden wir sie in Zürich in Empfang nehmen können. Seeweg dauert eben lange, und wir hoffen, kein somalischer Pirat hat es auf das Schiff abgesehen.

Noch viele Handlungen folgten, die mit ‚das letzte mal‘ übertitelt werden könnten. Der letzte Kombini-Besuch, die letzten Sushi, das letzte Bier, der letzte Schluck O-Sake …. Wer weiss wie lange es halten muss?? Hach, wir werden nostalgisch ….

Erstmal fuhren wir per Velo nochmals gen Westen. Unser Ziel hiess das Hafengebiet beim Ōsaka Aquarium, dabei streiften wir nochmals Namba und die Küchenstrasse, wo ich noch einen supertollen Sesam-Mörser für ganz billig kaufen konnte. Denn ohne das Ding ist es unmöglich, Sesam – eine wichtige Zutat der japanischen Küche – ordnungsgemäss zu zerkleinern.

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Kilometer auf Kilometer (ca. 8-9 km) legten wir zurück. Unter Hochautobahnen durch, vorbei an unendlich vielen Geschäften, Restaurants, Häusern. Immer an der Hauptstrasse entlang, die schnurgerade nach Westen führt, immer brav auf dem Gesteig radelnd, bis sich dann der zuerst provisorische Veloweg als dauerhafte Einrichtung entpuppte.

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Interessant ist, dass je mehr man aus dem Zentrum herauskommt, die Velowege immer besser und breiter werden. Auf dem Weg Richtung Hafen herrschen also ziemlich paradiesische Zustände für Velofahrer, auch wenn man hin und wieder unter gigantischen Autobahn-Brücken durchtauchen muss.

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Auch machten wir kurz Stop bei einem japanischen Heimwerkermarkt. ‚Obi‘ ist in Japan ‚Daiki‘. Sehr gross, hat alles. Gartenbedarf, Drogerieartikel, Baumaterial … Wer hat eigentlich jemals behauptet, in Japan wäre es anders? 😉

Bei schönsten spätnachmittaglichen Abendlicht erreichten wir die künstliche Insel am riesigen Hafengebiet, die neben Wohngebäuden das Ōsaka Aquarium, das Riesenrad und auch das Suntory-Museum beherrbergt. Letzteres ist ebenfalls ein Tadao Ando-Bau, welchen wir aber an diesem Tag aus Zeitgründen mit Nichtbeachtung straften. Die Ausstellung klang zwar interessant, aber impressionistische Kunst können wir auch in Europa sehen … Ein paar oberflächliche Fotos des Museums müssen somit reichen.

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Etwas nachdenklich machten mich die roten nummerierten ?Tsunami-Tore? vor dem Museum, die im Falle eines Falles das Gebiet vor der Katastrophe schützen sollen. Ob im Ernstfall 3 Meter genügen?
Im Hintergrund des Fotos ist übrigens das ‚echt auf alt nachgemachte‘ Schiff, die Santa Maria zu sehen, mit der man motorisierte Hafenrundfahrten unternehmen kann. Die Mäste und Segel sind nur Show. Der Tag wäre für eine Schiffsfahrt perfekt gewesen, aber wir hatten keine so rechte Lust. Uns trieb diese eher einige Stockwerke höher: Wir fuhren eine Runde mit dem höchsten Riesenrad der Welt. So zumindest der Informationsstand vor gut 10 Jahren …

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1997 war das Tempozan Ferris Wheel errichtet worden und galt als das höchste Riesenrad der Welt. Inzwischen sind doch einige Jahre vergangen, und es gibt sehr viel Höhere. Wikipedia gibt reichlich Aufschluss darüber. Uns haben die 112 Höhenmeter Technik aber vollauf genügt. Die 360° Aussicht auf die Bucht und die Stadt war gigantisch. Was will man mehr?

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Das an sich sehenswerte Aquarium besuchten wir nicht, es war auch schon viel zu spät. Dieses hatten wir im November 2007 bereits gesehen. Es hat uns sehr gut gefallen, weil die Fische in den schön gestaltenen, riesigen Tanks sehr grosszügig Platz haben.

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Die beiden Angler faszinierten mich noch. Ob die Fische aus dem Hafen auch wirklich schmecken? Nun ja, Angeln macht Spass, und der Fisch ist gratis. Immerhin …

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Auf dem Heimweg nahmen wir nicht den direkten Weg an der Hauptstrasse zurück, sondern wählten einige Querwege und kamen so durch recht interessante weitere Industrie- und Wohngebiete. Mit dem Velo das Alltagsleben einer fremden Stadt zu erkunden ist einfach unglaublich spannend. Schon alleine deshalb wollen wir nicht mehr ohne die Birdys nach Japan fahren.

Bei Dämmerung erreichten wir wieder unser Hotel in Uehonmachi, etwas müde nach dem fast zweistündigen Rückweg. Essen gehen wollten wir nicht mehr, und so kauften wir unsere ‚Henkersmahlzeit‘ im benachbarten Kintetsu-Kaufhaus für ein gemütliches ‚Zimmer-Picknick‘: Sushi & Sashimi, Salate, Sapporo-Bier und Sake sowie die letzten süssen Bohnenpasten-Küchli. Alles bewusst gewählt, denn diese Köstlichkeiten werden wir die nächsten Monate – deren Anzahl noch unbestimmt bleibt – sicher nicht mehr bekommen. Aber bei jedem Bissen war klar: Die nächste Japanreise wird es so bald wie möglich geben!!

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