Ōkawachiyama & Nabeshima-yaki (大川内山、鍋島焼)

Das Porzellandorf Ōkawachiyama liegt versteckt in einem schmalen Bergtal gut 5 km südlich von Imari, darum wird es auch das «Dorf der geheimen Brennöfen» genannt. Etwas später als in Arita (seit 1675) wurde dort – aufgrund der Kaolin-Vorkommen – Porzellan produziert, abgeschottet und eifersüchtig bewacht von der herrschenden Fürstenfamilie Nabeshima. Das kostbare Produkt war zum eigenen Gebrauch (der Familie) als auch zu Geschenkzwecken (Shōgunat) bestimmt, etwas später auch für den Export nach Westen. Imari war der Hafen zum Verschiffen des weissen Goldes, darum wird als zusammenfassender Begriff auch immer wieder «Imari-Ware» verwendet. Im abgelegenen Ōkawachiyama entwickelte sich nach und nach eine eigene Stilrichtung in der Bemalung, daher wird die dort hergestellte Keramik «Nabeshima-Yaki» genannt.

Auf das Porzellan dort waren wir nun wirklich sehr gespannt, wegen unseres etwas enttäuschenden Arita-Besuchs auch mit zurückhaltenden Erwartungen. Zuerst mal mussten wir aber mal per Birdy dorthin kommen. Eine Hauptstrasse wollten wir nicht unbedingt entlangfahren und wählten per Google Offline-Karte auf dem Handy eine hübsche Alternative entlang der südlichen Ausläufer von Imari. Dort radelt man sachte und kontinuierlich die Ausläufer der Hügel hoch, vorbei an Wohnhäusern und Feldern, Autofriedhöfen und den kleinen, nervigen Feuern, die Bauern und Kleingärtner während dieser Jahreszeit abbrennen. Diese Feld-Verbrennungsaktionen verräuchern teilweise die gesamte nähere Umgebung. Abgefackelt werden wohl Laub, Reisstroh und Holzreste, aber genau wissen wir es auch nicht. Jedenfalls sind die Rauchschwaden ziemlich unangenehm, und allein wegen der Feinstaubemissionen sollte die Praxis etwas reduziert werden.

Bald aber wird man von den edlen Markierungen des Porzellandorfs begrüsst und erreicht den grossen Parkplatz mit der Ausstellungs- und Eventhalle. Dort parkierten wir unsere Velos ebenfalls, denn das Dorf lässt sich am besten zu Fuss erkunden.
Gleich am Ortseingang steht unten am Flüsschen eine alte, mit Wasserkraft betriebene Kaolin-Mühle, die sehr gemächlich vor sich hin arbeitet. Und die mit Porzellan verkleidete Brücke verdient ebenfalls Bewunderung.

In der benachbarten kleineren Imari-Ōkawachiyama-Gallery bekommt man einen Überblick über die ca. 30 Produzenten im Dorf und eine Karte, mit der man sich im Ort orientieren kann. Dort kann man auch etwas trinken (Kaffee!!) und Kleinigkeiten essen. Bis auf ein anderes kleines Café im Ortsende gibt es im Dorf keine weitere Verpflegungsmöglichkeiten. Ankommen, Porzellan schauen, ggf. kaufen, fertig. Ein Guide im Internet veranschlagt sagenhafte 90 Minuten für den Besuch. Jede Minute mehr gälte wohl als masslos übertrieben. Asiatische Reisegeschwindigkeit halt.  😉

Wir hatten und liessen uns natürlich viel Zeit. Entlang dem schmalen, hübsch gepflasterten Hauptsträsschen reihen sich links und rechts die Werkstätten und Galerien. Hier überwiegen die Produzenten, und Wiederverkaufsshops gibt es nur wenige. Gleich bei einem ersten Showroom, Imari Tōen, in einem modernen Gebäude blieben wir kleben und reservierten schon mal zwei sehr schöne Stücke zur späteren Abholung. Das fing ja gut an.

Wir spazierten die Strasse weiter hoch, um uns einen weiteren Überblick zu verschaffen. Und uns schwante, dass der heutigen Tag in Bezug auf die Porzellan-Suche ziemlich erfolgreich werden würde. Für den Geldbeutel bzw. die Kreditkarte vermutlich weniger. Ōkawachiyama entpuppte sich wegen seiner vielfältigen Auswahl an Geschirr und des individuellen Designs als echtes Paradies für uns.

Und dann die Riesenüberraschung im letzten Shop der Strasse: Thom fand zwei grosse Brüder seines kleinen, kaputt gegangen Arita-Becherchens! Hier also hatten sie auf uns gewartet. Ōkawachiyama: twelve points. Die Verkäuferinnen, denen wir unser Glück erklärten, konnten uns sogar den Hersteller verraten. Es ist eine Firma namens Bunzan. Inzwischen macht dieser Meister Becher mit anderem Design, aber immer noch in hauchdünner Qualität und mit der speziellen Leinenstruktur.

Beschwingt und mit einem weiteren Täschchen zogen wir davon, legten aber erst noch eine kleine Besichtigungstour ein. Im Dorf gibt es die Überbleibsel alter, aber auch noch in Betrieb befindliche Brennöfen sowie einen prächtigen alten Ginkgo-Baum anzuschauen.

Danach erfolgten Auswahl und Kauf weiterer Objekte für den Schweiz-Export. Das prächtigste Stück ist ein wunderschöner Nabe-Topf, etwas teurer zwar, aber einfach zu verführerisch, als dass wir ihn hätten stehen lassen können. Zudem war er überraschend leicht, so dass es auch realistisch war, ihn per Post nach Hause zu schicken. Voranmeldungen für das stilvollste Nabe-Essen Zürichs werden ab März entgegengenommen. 🙂

Ziemlich bepackt traten wir also die Rückfahrt an: Das Velokörbchen voll, und jeder noch je eine Tasche am Lenker. Sicherheit ging diesmal vor verkehrsfreier Fahrt, und der Gehweg entlang der Hauptstrasse schien uns die bessere Option für den Nachhauseweg. Dieser entpuppte sich dann auch als gar nicht so schlimm, und war an diesem Montag auch angenehmerweise kaum befahren.

Obwohl die Birdys unter den Taschen etwas gefährlich schwankten, legten wir an «Imari’s falschem BigBen» noch einen kurzen Stopp ein. Unsere Vermutung, dass es bei diesem Gebäude vielleicht um das Rathaus handeln würde, war völlig verkehrt. Es ist die «Royal Chester Imari Wedding Hall»,  also ein Hochzeits-Eventgebäude. So kann man sich irren… Gleich gegenüber unseres Imari Grand Hotels liegt noch die – allerdings sehr viel kleinere – Konkurrenz «LaLa Chance».  Das Geschäft mit den Hochzeiten scheint in Imari ja recht zu florieren.

Zurück im Hotel kramten wir alles aus unseren Koffern, was für den Paketversand noch geeignet erschien und radelten zur Post. Nun hoffen wir, dass unsere kostbare Fracht in 2-3 Monaten wohlbehalten hier ankommt.

MaxValu versorgte uns an diesem letzten Imari-Abend mit den üblichen Kleinigkeiten zum Abendessen. An sich schade, dass wir um die Restaurants in Imari einen Bogen gemacht haben. Aber obwohl das Meer recht nah ist, ist die lokale Spezialität Rindfleisch, das «Imari Beef» – wie man unschwer sieht – nichts für uns. Drum schien uns das Essen gehen eher ein komplizierteres Unterfangen zu sein. Mal sehen, wie wir uns ab morgen in Nagasaki verpflegen würden.

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