Nima (仁万)

Heute (19.11.) war der Aufbruch zu unserer Reiseroute, und nach Frühstück im Hotel, einem letzten Kaffee im Welcome Center(natürlich) ging es mit Riesenkoffer und Birdys in Richtung japanisches Meer.

Wir bestiegen erneut den „Super Oki“ Expresszug, der Shin-Yamaguchi und die Stadt Yonago (teilweise auch Tottori) am japanischen Meer miteinander verbindet. Das sind zwar nicht mal 300 Kilometer, aber der Zug benötigt doch ziemlich lang dafür, nämlich fast 4 ½ Stunden. Er sind halt meist eingleisige Dieselstrecken, und da geht es nicht so schnell. Auf der Durchfahrt in Tsuwano konnten wir nochmals einen Blick auf die Schlossruinen erhaschen.
In Gōtsu (江津市), einem Küstenort in der Präfektur Shimane mussten wir in den Lokalzug umsteigen. Sehr entzückend war, dass wir unser Gepäck nicht über die Treppen aufs andere Gleis schleppen mussten. 🙂

Da es dann in etwas gemächlicherem Tempo an der schönen Küste weiterging, konnte man noch ein paar Fotos aus dem Zug heraus knipsen.

Unser Ziel Nima (仁万) war-ist ein kleiner Fischerort direkt am japanischen Meer. Es gibt dort eigentlich nicht viel, um nicht zu sagen fast nichts. Bis auf ein kleines „Onsen-Ryokan“, der hoffentlich ein guter Ausgangspunkt für unsere geplante Tour nach Iwami Ginzan (die alten Silberminen) plus einen weiteren Ausflug sein würde. So zumindest in der Theorie.

In dieser Gegend ist die touristische Infrastruktur relativ bescheiden – zumindest gemäss Internet. Zwar zieht das Unesco-Weltkulturerbe Iwami-Ginzan die Touristen an. Aber die meisten Besucher übernachten nicht vor Ort, sondern verbinden den Besuch mit einer anderen Tour (Matsue, Hagi, Tsuwano) und übernachten eher woanders. Wir wollten aber lieber vor Ort unsere Zelte aufschlagen.

Und irgendwie fanden wir das kleine Ryokan „Yunako Onsen“, eine japanische Herberge mit heissem Bad (muss sein…), und wir buchten auch sicherheitshalber Halbpension. Denn so viel Erfahrung haben wir bereits gesammelt: Übernachten in solchen ländlichen Gegend kann essensmässig relativ heikel werden. 🙂 Das zweite Argument, was für Nima sprach, war, dass es von dort mit dem Velo nur gut 5 km zum Hauptort der Silberminen, Omori ist. Das schien uns mit den Velos machbar. An sich wird als Ausgangspunkt immer Ōda –shi, einige Kilometer nördlich genannt. Von dort ist es aber sehr viel weiter.
Ab Nima erreichen Autos und Schwerverkehr die Silberminen in nur 6 Kilometern. Jedoch gibt es noch eine alte Strasse nach Iwami, zumindest war das so gemäss Google Maps. Die sah mehr oder weniger unbefahren aus, und die wollten wir für unsere Zwecke nutzen. Soweit die Theorie.

Wir kamen am frühen Nachmittag in Nima an, und die Honshū-Küste am japanischen Meer begrüsste uns dann gleich mal mit einem zünftigen Graupelschauer und einem ziemlich kalten Sturm, als wir vom kleinen Bahnhof zum Ryokan liefen. Das Klima am japanischen Meer ist zwischen Thom und mir inzwischen ein Running Gag während aller unseren Japan-Ferien. Denn in den Wettervorhersagen scheint es an dieser Küste nichts anderes zu geben als Regen. Aber wir wussten ja, worauf wir uns einliessen. Und es könnte ja noch schlimmer sein.

Im Ryokan konnten wir immerhin schon unser Gepäck deponieren. Vor 15-16 Uhr muss man da eigentlich gar nicht auftauchen, aber wir hatten ja in dieser Einöde keine andere Gelegenheit. Mit den Velos fuhren wir dann nochmals los, um das Dörfchen etwas zu erkunden. Obwohl das Wetter sich nicht wirklich gebessert hatte.

Kurioserweise gibt es in Nima ein Museum, und zwar das „Nima Sand Museum“ . Eben ein Museum über Sand. Ich hatte das im Internet bereits gesehen, wusste aber nicht so recht, was ich mir darunter vorstellen sollte.
Aber da wir die Zeit ja irgendwie totschlagen mussten, gingen wir hinein, und bekamen als Ausländer sogar noch einen ordentlichen Rabatt gegen Vorlage unserer Pässe. Die Präfektur Shimane ist da sehr grosszügig. Also Tipp an alle: Pass immer bei sich tragen.

Das Sand-Museum war interessanter als erwartet. Es ging wirklich um „Sand“, seine mineralisch-geologische Zusammensetzung, Beschaffenheit, Farbe und Struktur, sowohl in Japan und weltweit. Es war fast etwas schade, dass es nicht mehr Übersetzungen gab, denn vieles erschloss sich uns aus sprachlichen Gründen dann eben doch nicht.

Zudem gibt es in Nima die grösste Sanduhr der Welt. Will heissen, die Menge Sand darin benötigt ein Jahr, um durchzurieseln. Dann wird sie wieder gedreht. Es ist eine beeindruckende Konstruktion (solch eine Menge Sand ist ja auch ziemlich schwer), die dort aufgehängt ist. Dafür haben sie einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde erhalten. Erstaunlich, was man so alles in der Provinz finden kann.

Ansonsten kam uns das Fischerdorf Nima recht verlassen vor. Es war kaum ein Mensch auf der Strasse (gut, es war auch Sonntag und das Wetter wirklich nicht sehr einladend, um sich draussen aufzuhalten). Viele leerstehende Häuser, ein etwas heruntergekommener Supermarkt, ein Kombini, eine Tankstelle… Vermutlich kaufen die Leute in einem Riesensupermarkt irgendwo Richtung Oda-shi ein.

Wir radelten etwas durch das Dorf bis ans Meer, das wegen des starken Windes sehr beeindruckend aufgewühlt war. Ziemlich heftige Wellen, und das Brausen und Tosen war enorm.

Einen weniger schönen Eindruck machte der mit Müll übersäte Strand. Erschreckend, was das Meer so alles wieder loswerden muss. Ein Kühlschrank lag dort, und eine unglaubliche Menge an Styroporresten und Plastikflaschen.

Zurück im Ryokan mussten wir uns erstmal wieder aufwärmen. Und freuten uns auch schon auf unser Abendessen, bei dem wir dann noch einen anderen Gast kennenlernten, einen allein reisenden Motoradfahrer, der – mit seinen immerhin 70 Jahren – in 100 Tagen ganz Japan an den Küsten entlang umfahren wollte. Einen Grossteil hatte er bereits hinter sich, sehr beeindruckend!
So angeregt plauderten wir (auf Japanisch wohlgemerkt!) dass wir kaum zum Essen kamen, es war wirklich superspannend. Und da er uns von seinem Sake probieren liess, und wir ihm dann noch ein kleines Schweizer Schoggi-Mitbringsel schenkten, gab es natürlich noch gebührende Fotobeweise.

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