Naoshima – 直島

Bereits 2007, auf unserer zweiten Japanreise, hatten wir die Insel Naoshima in der Seto-Inlandsee (瀬戸内海, Seto-naikai) besucht. Nun wollten wir dies nochmals tun. Grund sind keine Naturschönheiten in eigentlichem Sinn, oder historische Gebäude, sondern es rief uns die Kunst.

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Die Benesse Holding, eine Firma mit diversen Geschäftsgebieten, hat auf der Insel unter dem Konzept „Benesse Art Side“ seit Ende der 80er Jahre mehrere Museen von Tadao Ando errichten lassen. Diese werden ergänzt durch mehrere sogenannte „Arthouse Projects“, Häuser in den Dörfern, die von zeitgenössischen Künstlern erneuert bzw. mit moderner Kunst belebt worden sind. Inzwischen ist Naoshima das Ziel von Kunst- und Architekturinteressierten weltweit, und es wird auch versucht, die lokale Bevölkerung in das Konzept miteinzubeziehen. Der Mix zwischen moderner Kunst sowie den traditionellen Gebäuden mitten in der Seto-See ist sehr aussergewöhnlich und hat uns vor acht Jahren bereits gut gefallen. In den letzten Jahren sind einige Projekte dazu gekommen, die wir nun sehen wollten. 2007 hatten wir sogar zwei Nächte im edlen Benesse Hotel übernachtet. Das war zwar schwer chic, aber wohl auch der teuerste Hotelaufenthalt, den wir uns jemals gegönnt haben…

Leider goss es am Morgen, als wir uns auf zum Fährhafen machten, in Strömen. Ich gebe zu, dass mich das nicht begeistert hat.

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Dazu hatten wir uns in der Abfahrtszeit der Fähre geirrt. Anfängerfehler, denn das Kleingedruckte sollte man halt auch auf Japanisch lesen… 😉 Es war aber halb so schlimm, denn eine grosse Autofähre sollte eine Stunde später ablegen, und letztendlich war es die bessere Wahl, denn der Wind hatte mächtig aufgefrischt, und das ursprüngliche, schnelle Boot wäre eine kleine, schaukelnde Nussschale gewesen. Die Fahrt dauert eine Stunde, mit dem Schnellboot ca. 35 Minuten (dafür auch der doppelte Fahrpreis).

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Die Birdies kamen diesmal wieder mit, denn auf Naoshima radelt man am besten. Es gibt zwar inzwischen jede Menge Velos zu mieten (für wenig Trainierte sogar E-Bikes!), aber dazu müssten wir ca. 50 Zentimeter kürzere Beine haben. Zu Fuss sind alle Häuser zu weit auseinander, es braucht zu viel Zeit. Mit dem Bus geht es allerdings auch.

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Die Fähren sind gross und bequem, und bieten für Pendler und Ausflügler genug Platz und Infrakstruktur. Letzendlich sind die Schiffe in der Seto-Inlandsee das Verkehrsmittel Nr. 1, eben so wie Bus- oder Strassenbahnfahren.

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Bei unserer Ankunft im Hafen Miyanoura war das Wetter zumindest regenfrei, und so fuhren wir zum Art House Project „Minamidera“, gebaut von Tadao Ando, mit einer Lichtinstallation von James Turrell. Dieses Haus hatten wir vor acht Jahren nicht geschafft, daher war es nun unser erster Programmpunkt. Es ist ein spannendes visuelles Erlebnis, etwas schwer zu beschreiben in zwei Sätzen… Näher Interessierte mögen uns doch bitte direkt fragen. 😉

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Anschliessend stiegen wir die Treppenstufen hoch zu einem von Hiroshi Sugimoto wieder belebten Schrein „Go’o“ mit einer interessanten Glastreppe im Aussenbereich sowie einer unterirdischen Fortsetzung in einer Höhle unter dem Schrein.

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Wieder vom Berg unten besuchten wir das erst vor ein paar Jahren eröffnete Tadao Ando Museum. Hier hat der Architekt sein eigenes Museum in einem traditionellen japanischen Haus errichtet.

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Wie in allen Benesse-Museen war natürlich auch hier das Fotografieren im Innern streng verboten. Die Museums-Fotobeweise unseres Naoshima-Besuchs fallen also vergleichsweise dünn aus… Vor acht Jahren habe ich aber trotzdem gewagt, das Verbot zu übertreten (s. Reisefotos 2007). 😉

Thomas legt Wert darauf, zu betonen, dass es sich um sehr ortsgebundene Kunst handelt. Museen, Skulpturen, Häuser und die Kunst darin sind vollständig miteinander verflochten, d.h. in die Räumlichkeiten bzw. die Landschaft Naoshimas eingebettet, was das Konzept doppelt spannend macht und so auch bedingt, dass man nach Japan fahren muss, um die Kunst zu sehen. Eine Ausstellung woanders wäre nicht möglich. Die Gefahr daran ist, dass die Besucher kommen und dann nicht wieder. Also zwingt das die Firma zu einem permanent weiteren Ausbau des Projekts, um die Kunstinteressierten wieder anzulocken (wie zum Beispiel uns): Die Integration weiterer Inseln (Inujima, Tejima, dazu noch mehr), den Bau neuer Museen, die Seto Art Triennale (2013, 2016, …) und die jährliche Setouchi Artfest auf zahlreichen Inseln in der Inlandsee.

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Museen, Häuser, Wegbeschilderungen, Broschüren etc. sind insgesamt hervorragend organisiert, allerding hinterlässt das manchmal auch einen zwiespältigen Eindruck. Alle Aufsichten sind einheitlich in Weiss oder Hellbeige gekleidet und stehen stumm und regungslos – wie abwesend – an einer Stelle. Jedoch sind sie alle miteinander per Funk verbunden. Betritt man also das Museum, und es ist nicht viel los, so wird die Information von Aufsicht zu Aufsicht lautlos und nahezu unbemerkt weitergegeben. Irgendwie fühlt man sich da schon auf eine etwas unheimliche Art überwacht, wie in einem Science Fiction Film.

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Neu für uns war auch das Lee Ufan Museum, ebenfalls ein neuer, sehr typischer Ando-Bau für diesen zeitgenössischen chinesischen Künstler. Sehr viel Kunst gab es im Museum nicht, also ging der Besuch recht schnell vonstatten.

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Das Chichu Art Museum ist für uns der beeindruckendste Ando-Bau. Umso ärgerlicher, dass man da keine Fotos machen kann (daher behelfe ich mir mit geklauten Bildern…). Die Kunst dort ist ebenfalls überschaubar: Fünf Monet-Seerosenbilder in einem schneeweissen Raum.

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Zwei Installationen vom schon erwähnten Lichtkünstler James Turrell.

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Eine monumentale Installation von Walter de Maria.

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Vom Chichu Art Museum ging es wieder schnurstracks den Berg hinunter bis zum Fährterminal.

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Wir drehten noch eine kurze Runde in Miyanoura, wo es neben traditionellen Holzhäusern nun auch ein kleines, recht witzig gebautes Badehaus gab. Genau das hatten wir vor acht Jahren noch schmerzlich vermisst.

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Und ein Bild vom lustigen Kürbis (der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama) am Hafen musste natürlich schon sein. Der gelbe Kürbis an anderem Ort (s. Bild weiter oben) ist ebenfalls von ihr.

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Die Zeit reichte noch, um einige Eindrücke vom Dorfkern Miyanoura’s plus der nun doch schönen Abendstimmung einzufangen, bevor uns die Fähre wieder nach Takamatsu brachte, wo das schöne heisse Bad uns für den nächsten Kunst-Tag fit machen würde.

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