Beim Aufwachen war es nicht zu überhören: es regnete. Das düstere Wetter vom Vortag hatte sich also korrekt angekündigt. Mit voller Regenmontur schwangen wir uns (Sylvi natürlich lautstark motzend) auf die Birdys und radelten los.
Das Toyota Commemorative Museum of Industry and Technology öffnete um 9.30 Uhr, also ging es zuerst dorthin.
Toyota als Automobil-Konzern zeigt sich perfekt: Die Velos erhalten einen überdachten Stellplatz, und unsere Regenhosen hängen wir über die Fahrräder, damit sie trocknen können. Wir sind ja schliesslich in Japan, da kann man das getrost tun. Und siehe da, Stunden später ist alles noch unberührt vorhanden.
Ich probiere diese Manöver gerne, weiss aber, dass ich so etwas nirgendwo sonst als in Japan tun würde. 🙂 Fahrlässig werden wir dadurch nicht.
Das Toyota Museum ist ebenfalls – wie gestern Noriake – eine absolute Überraschung. Ich wusste ja nicht wirklich, was es dort so gibt. Technik, ein weiter Begriff. Doch es ist wirklich absolut sehenswert, und ich empfehle, sehr viel Zeit dafür mitzubringen. Thom und ich waren pünktlich um 9.30 Uhr dort, kamen erschöpft um 13.30 Uhr heraus und haben nicht alles gesehen. Aber irgendwann kann man halt auch nicht mehr.
Der rote Faden durch das Museum ist die Firmengeschichte. Ursprünglich war Toyota (damals noch Toyoda=豊田) eine der ersten industriellen Webereien im Japan der Meiji-Zeit. Der Gründer der Firma, Toyoda Sakichi war ein genialer Erfinder und entwickelte die europäischen Webstühle weiter. Sein Sohn Toyoda Kiichirō verwirklichte dann in den 30er Jahren den Traum, japanische Automobile zu bauen. Die Firma benannte sich in den 50er Jahren um in Toyota Motor Corporation. Das Ergebnis kennen wir inzwischen: Toyota ist jetzt der grösste Automobilhersteller der Welt.
Das Museum hat uns – wirklich keine Autofetischisten – echt begeistert. Spannend fand ich zuerst die Technikgeschichte der Weberei, die von Mitarbeitern des Museums an den alten Geräten demonstriert wurde. Auch wenn wir die japanischen Erklärungen nur zu 5% verstanden und ich immer noch nicht verstehe, wie gemusterte Stoffe entstehen, war es eindrücklich.
Die riesige Fabrikhalle ist voll von Spinn- und Webmaschinen, und wenn diese zu Demonstrationszwecken angeworfen werden, ist rasch ein Riesenlärm. Dass die Textilindustrie so laut ist hätte ich nicht gedacht.
Besonders faszinierte uns ein Webstuhl für Polyesterfastern, wo der Kunststofffaden per Wasserstrahl „gewebt“ wurde, einfach um ihn für die enorme Geschwindigkeit herunterzukühlen.
Die zweite, noch grössere Halle widmet sich dann selbstverständlich dem Automobil, aber auch das war sehr faszinierend. Eingeteilt in die Bereiche Produktion und Entwicklung (beide zusammen schafft man eigentlich nicht) erhält man einen intensiven Einblick in die KFZ-Herstellung.
Die Erklärungen sind immer in Englisch, und man kann die zahlreichen Maschinen sogar selbst zu Demo-Zwecken sogar selbst betätigen. Ich muss gestehen, dass es schon extrem beeindruckend war, eine über 50 Tonnen-Aluminium-Stanze für Auto-Karosserieteile in Gang zu setzen. Bei einem Stanz vibrierte die halbe Halle…
Oder wie wäre es mit einer Riesenmaschine zur Herstellung von Kolbenbolzen? Oder ein Schweiss-Roboter?
Jaaah, wir wissen jetzt wie’s geht! 😉
Es war 13.30 Uhr als völlig fertig das Museum verliessen. Wir konnten nicht mehr und hatten Hunger.
Also – der Einfachheit halber – wieder ins Kaufhaus Mitsukoshi, Restaurantetage. Das lag auf halbem Weg zum nächsten Museum, das Thom ausgeguckt hatte.
Das Wetter hatte sich inzwischen auch erfreulich entwickelt, die an den Velos hängenden Regenhosen waren inzwischen getrocknet und konnten eingepackt werden.
Das Nagoya Design-Museum war dann allerdings eine Enttäuschung.
Ich denke, man muss schon wirklich ein Design-Freak sein, damit sich einem das erschliesst. Das Museum befindet sich im 4. Stockwerk eines an sich interessanten Hochhauses, ist aber extrem klein geraten. Die Exponate sind in grossen, paternosterartigen Schaukästen untergebracht, die man per Knopfdruck bedienen kann. Da das etwas dauert, bis man etwas zu sehen bekommt, und alles extrem unpersönlich abläuft, waren wir mit der Besichtigung ziemlich rasch fertig. Naja, vielleicht waren wir auch einfach nur Müde nach so viel Input am Vormittag.
Also ging es wieder zurück Richtung Bahnhof. Thoms letzter Tagesordnungspunkt war der 47 Stockwerke hohe Midland-Square, 247m hoch. Das 1 US-Billionen Dollar teuere Gebäude finanzierten Toyota und die Tageszeitung Mainichi Shimbun, die dort auch logieren.
Warum es interessant ist? Weil man dort für YEN 700 in ca. 30 Sekunden (per Aufzug) zur Skypromenade fahren und eine phantastische Aussicht geniessen kann.
Hier sieht man übrigens unser Hotel, etwa in der Mitte des Fotos. Das APA-Hotel grenzt – sehr schmal – an dem braunen Eckgebäude bzw. -Wohnblock an. Und direkt unter der APA-Leuchtreklame können Frauen im heissen Pool liegen. 🙂