Nagasaki ist mit ca. 430’000 Einwohnern die viertgrösste Stadt Kyūshūs. Im Herbst 2007 waren wir zum ersten Mal dort gewesen, hatten aber nur knapp drei Tage Zeit gehabt. Allein ein Tag davon war für die Rücksendung unserer Birdys per Post draufgegangen. Damals hatten wir die noch nicht im Flugzeug mitgenommen. Für den Versand mussten wir erst einmal grosse Schachteln auftreiben. Das war gar nicht so einfach gewesen. Hier noch zwei historische Aufnahmen. 😉
Nachdem wir nun Hashima-Gunkanshima schon mal abgehakt hatten, blieben uns also drei volle Tage, um die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten etwas besser kennenzulernen. Endlich stand auch mal wieder etwas Kunst auf dem Programm, und gleich am nächsten Morgen (Mittwoch) besuchten wir das Nagasaki Prefectural Art Museum.
Das sehr elegante Glas-Stahlgebäude ist vom japanischen Architekten Kengo Kuma und steht direkt am Hafengelände beim Nagasaki Seaside Park. Eine superspannende Ausstellung gab es grade nicht, trotzdem haben wir die Kunst brav abgearbeitet. Es war nochmals strahlendes Wetter, drum zog es uns dann auch wieder nach draussen.
Da Nagasaki einer der ersten japanischen Handelshäfen nach der erzwungenen Öffnung des Landes 1859 war, gibt es noch an anderen Stellen der Stadt (ausser Glover Garden) einige alte Häuser im europäischen Stil, z.B. am sogenannten «Dutch slope».
Gleich in der Nähe befindet sich dann der Konfuzius Schrein, der ganz im chinesischen Stil erbaut ist. Vor der Besichtigung musste Thom natürlich erst wieder die Kois im kleinen Teich füttern.
Wie man unschwer erkennt, ist Nagasaki ziemlich hügelig und die schmale Bucht von gut 300m von «hohen» Bergen umgeben. Auf einen der Hügel, den Inasayama, kann man auch mit einer Seilbahn hochfahren und die Aussicht geniessen. Hier hatten wir – wie bereits vor 10 Jahren – wieder Pech: Die Ropeway war erneut ausser Betrieb bzw. wird im Dezember immer gewartet. Zu blöd. Aber dann haben wir zumindest nochmals einen Grund wiederzukommen.
Die Topographie ist vermutlich Ursache, dass Nagasaki eine ziemliche Autostadt ist. Bei diesem Auf und Ab schwingen sich nur noch die hypersportlichen auf Ihr Zweirad, bzw. wenn, hat dieses einen richtigen Motor und nennt sich Scooter oder Motorrad. Der Verkehr – auch der Schwerverkehr wegen des Hafens – ist immens, und so richtig spassig ist das Radfahren nicht wirklich. Via Trottoir und schmale Strassen kann man sich aber doch irgendwie durchschlängeln, und schliesslich haben unsere Birdys ja ordentliche Gangschaltungen. Sobald man sich von den grossen Strassen fernhalten kann, wird es auch recht friedlich, etwa entlang des Flüsschens Nakashima mit seinen zahlreichen Brücken. Unweit dort befindet sich die grosse Einkaufspassage und auch das Kneipenviertel Shianbashi.
Am rechten Flussufer (flussaufwärts) zieht sich dann die Teramachi-dori, die Tempelstrasse entlang. Dort liegen tatsächlich viele Tempel nebeneinander. Zwei davon sollte man sich anschauen, den Kōfuku-ji sowie den Sōfuku-ji.
Ersteren schafften wir noch, aber für den Sōfuku-ji war es um 16:50 Uhr leider schon zu spät (im Winter ist um 17 Uhr Schluss). Die Zeit reichte aber noch für die Megane-Bashi (Brillenbrücke) am Nakashima Fluss, wo sich viele Nagasaki-Besucherinnen und Besucher tummeln. Nach einem kurzen Regenschauer war das Licht für ein paar spätnachmittagliche Fotos wirklich perfekt!
Dejima ist natürlich das Must-See in Nagasaki, und das stand am Donnerstag auf dem Programm. Die winzige Insel war während der 250jährigen Abschottung Japans der einzige Ort, an dem Europäer (sprich die Besatzung der Ostindischen Kompanie «VOC») sich aufhalten durften. Ein kleiner Steg war einst der einzige, schwer bewachte Zugang zur Insel. Eine neue Version dieser Brücke wurde in diesem Jahr ganz neu (und etwas breiter als früher) wiedereröffnet.
Zu früheren Zeiten lag die winzige Insel mitten im Hafengebiet, aber im Laufe der letzten 150 Jahre wurde sie zunehmend eingeschlossen von den Aufschüttungen. Natürlich waren die Gebäude grösstenteils zerstört. Bei unserem ersten Besuch waren sie erst teilweise wieder aufgebaut, aber wir erinnerten uns gerne an die multimedialen Informationsstände zur Geschichte des früheren Insellebens. Inzwischen sind die meisten ehemaligen Häuser und Residenzen der VOC-Oberen errichtet und man kann über die Frühzeit des europäisch-japanischen Handels wirklich sehr viel lernen.
Natürlich gibt es auf Dejima – wie in früheren Zeiten – Samurai als Bewacher. Man darf sie auch fotografieren. Früher wäre man wohl gleich einen Kopf kürzer gewesen. 😉
Wenn man sich mit der Geschichte Japans des 19. Jahrhundert beschäftigt, stolpert man unwillkürlich über den Namen Philipp Franz von Siebold.Der deutsche Arzt gelangte 1823 mit der VOC nach Japan und verbrachte dort als Arzt und Forscher viele Jahre. Sein Ruhm als Mediziner wurde bald legendär und gestattete ihm enorme Freiheiten. So durfte er ein Haus in Nagasaki – ausserhalb Dejimas – bewohnen und sogar sein medizinisches Wissen unterrichten. Vor unserer Reise haben Thom und ich eine Biographie über ihn gelesen, und selbstverständlich mussten wir jetzt auch den weiteren Ort seines Wirkens besuchen.
Das Siebold-Museum liegt am Ende eines kleinen Flusstals, eigentlich recht weit weg von Dejima. Zu Fuss läuft man knapp 30 Minuten entlang der gut ausgeschilderten «Siebold dori / Siebold-Strasse», mit dem Velo geht es natürlich entsprechend schneller.
Das originale Siebold-Haus steht nicht mehr, es existiert nur noch der Garten. Gleich nebenan hat man das Gedenkmuseum aus Backstein errichtet, das auf zwei Stockwerken an den berühmten Arzt und Botaniker erinnert.
Letzter Tagesordnungspunkt war dann das Nagasaki Museum of History and Culture, das stadtgeschichtliche Museum, auf der anderen Talseite des Nakashima Flusses.
Es war Nachmittag, kalt und wieder ziemlich windig. Wir hatten Hunger und mussten uns erstmal wieder etwas aufwärmen. Was lag also näher als ins Museumsrestaurant zu gehen. Dieses bietet ein feines, günstiges, westliches Mittagsmenü und man sitzt auf altem Mobiliar aus den 30er Jahren. Danach lassen sich dann auch wieder Kultur und Geschichte gut verdauen.
Das Museum selbst ist relativ gross und bietet neben der permanenten Ausstellung zur Stadtgeschichte Nagasakis noch temporäre Ausstellungsräume und eine grosse Vortragshalle. Erfreulicherweise gibt es für die geschichtliche Ausstellung englische Audioguides. Von aussen ist das Museumsgebäude einer alte Residenz nachempfunden. Auch im Innern gibt es einen alt nachgebauten Teil, der dem ehemaligen Nagasaki Magistrat entspricht.
Als wir für diesen Teil unsere Schuhe ausziehen und durch eine Art Schleuse durchgehen mussten, wunderten wir uns etwas. Des Rätsels Lösung: Man stapft natürlich mal wieder in Strümpfen über Tatamimatten durch die alt-neuen Räume und steht mehr oder weniger im Freien, da alle Shoji-Türen weit geöffnet waren. Bei 8°C nicht so der Hit, also liefen wir da ziemlich schnell durch, um rasch wieder ins Warme zu kommen.
Damit war der zweite Sightseeing-Tag auch schon wieder zu Ende. Um Nagasaki noch etwas weiter gerecht zu werden, sollte man noch ein, zwei Tage mehr einplanen. Etwa um Urakami (mit der Kathedrale, dem Friedenspark sowie dem Atombomben-Museum) einen Besuch abzustatten. Dies stand auch diesmal nicht auf unserer Liste. Wir hatten nochmals einen Ausflug per Zug ins Umland geplant. Der letzte Tag war für den geruhsamen Ausklang bestimmt. Und selbstverständlich auch für den Postversand der letzten Pakete.