Mit unserem Ausflug nach Kashima hatten wir nochmals riesiges Glück gehabt. Denn am nächsten Tag, unserem letzten Nagasaki-Tag, goss es bis Mittag in Strömen.
Tapfer radelten wir in der Früh (nach dem Frühstück) während einer «nur Nieselregenpause» schnell zum Kaffeetrinken und Einkaufen, denn wir wollten noch einige Reiscracker für den Versand beschaffen. Und platzten mitten in ein kleines Nachbarschaftsfest des Viertels. Dort stampften sie tatsächlich «Mochi», Reiskuchen für das Neujahrsfest. Wegen des Regens musste alles unter dem Garagendach stattfinden. Bei den Kindern ging das Schlagen des Teigs mit den grossen Holzstöseln noch nicht so gut. Da mussten schon die Männer ran, die dann zu dritt schnell und im Takt den Reisteig weich schlugen (klopften).
Wir schauten natürlich neugierig und wurden gleich zum Stampfen eingeladen – worauf wir vorsorglich verzichteten, um einer Blamage zu entgehen… Lieber unterhielten wir uns etwas mit den Leuten, die ebenfalls neugierig wissen wollten, was uns denn ins Viertel verschlagen hatte.
Im strömenden Regen stapften wir nach dem Einkauf mit all unseren Tüten zur Post. Zum Glück hatte unser Vermieter zwei japanische Standardschirme im Appartement zur Verfügung gestellt.
Routiniert packten wir ein und füllten die Zettel aus. Diesmal schickten wir die Pakete allerdings mit SAL, wegen der Lebensmittel (Dauer ca. 2 Wochen). Es hat seinen Preis, aber dafür hat man für 2-3 Monate original japanische Reiscräcker im Haus, die in Zürich sonst ein Vermögen kosten…
In einem kleinen Udon-Restaurant im Quartier, das wir die Tage vorher entdeckt hatten, gönnten wir uns eine heisse Nudelsuppe mit Tempura-Gemüse. Die Nudeln wurden dort selbst hergestellt, alles war so wunderbar typisch und schmeckte prima, und wir fühlten uns in diesem Quartiersstube rundum wohl. Danach wagten wir es dann auch loszuradeln, da der Regen glücklicherweise doch mal eine längere Pause machte.
Am Hafengelände war gleich das nächste Fest: Die Weihnachtsmänner liefen um die Wette. Ob das bei dem Wetter eine gute Idee war?
Als wir am Hafen entlangfuhren, waren wir ziemlich überrascht, dass da plötzlich ein «Hochhaus» stand, was die letzten Tage nicht dortgewesen war. Ein riesiges Kreuzfahrtschiff hatte angelegt, die «Norwegian Joy». Absolut monströs.
Interessant, was man dazu im Internet herausfindet. Das Schiff wurde in Papenburg, Deutschland gebaut und wird von der Norwegian Cruise Line, einer norwegischen Gesellschaft, für Kreuzfahrten für das chinesische Publikum eingesetzt. Erst im April 2017 war es von Deutschland auf seinen weiten Weg geschickt worden (s. Pressemitteilung). Also ein total neues Schiff, und das fünftgrösste Kreuzfahrtschiff der Welt. Ca. 4000 Passagiere passen da drauf, die von rund 1800 Besatzungsmitgliedern versorgt werden (müssen). Der reine Wahnsinn.
Unser Ziel, das «Former Hongkong & Shanghai Bank Nagasaki Branch Museum», lag diesem Ungetüm genau gegenüber. Als hätte sich ein Hotel von der spanischen Mittelmeerküste mal kurz auf Reisen begeben…
Interessant war auch der Rummel drumherum. Für den Aufenthaltstag der Passagiere gab es extra einen kleinen Markt. Überhaupt strömten viele Menschen – Chinesen und Koreaner – bereits voll bepackt mit Einkäufen – zum Schiff zurück. Der Shopping-Landgang war offenbar bald zu Ende und die schwimmende Kleinstadt würde wohl bald wieder in See stechen.
Wir widmeten uns erstmal in Ruhe dem sehr edel renovierten Gebäude und Museum, in dem man – ausführlich und exzellent multimedial aufbereitet – einiges über die Geschichte der früheren Hong Kong and Shanghai Banking Company erfahren kann. Zudem gibt es auch noch eine Teilausstellung zu Shōkichi Umeya, und Sun Yat-sen. Der einstige japanische Dokumentarfilmer und Filmproduzent Shōkichi Umeya hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts den chinesischen Revolutionär und ersten Präsidenten der Republik China, Sun Yat-sen, finanziell unterstützt, und durch die Vermittlung seiner Frau kam die zweite Ehe des Politikers mit Song Quingling zustande. Dies alles geschah in Nagasaki, und somit ein guter Grund, dieses Detail der chinesisch-japanischen Geschichte in einem Museum zu würdigen.
Um diesen letzten Tag noch etwas weiter zu vertrödeln, radelten wir zum Bahnhof zurück. Der Regen hatte freundlicherweise aufgehört, aber dafür stürmte wieder der Wind. Drum liessen wir die Velos am Bahnhof und nutzten endlich mal die wunderbar alte, rumpelige Nagasaki-Strassenbahn, um in Richtung Urakami zu fahren.
Zwar stoppten wir auch kurz am grossen Einkaufscenter «Mirai Nagasaki Cocowalk», um einfach mal einen Blick hineinzuwerfen. Aber unser eigentliches Ziel war ein Nostalgiebesuch des Elektrogeschäfts, bei dem wir vor 10 Jahren unsere Fernsehkartons für die Velos gefunden hatten: Yamada Denki. Für den Peace Park und das Atombombenmuseum ganz in der Nähe war es eh schon viel zu spät.
Zwar war uns das Kartondepot noch in guter Erinnerung, aber wie wir die grossen Schachteln dann ins Hotel zurückgebracht haben, bekamen wir trotz Grübelns wirklich nicht mehr zusammen. Zehn Jahre sind doch eine lange Zeit… 😉
Hier noch ein letzter Blick auf den weihnachtlich hübsch dekorierten Bahnhof Nagasaki. Werden wir wieder einmal zurückkehren? Und wann?