Mittwoch hatten Thom und ich den Nachmittag nochmals frei , da unsere Lehrerinnen wieder zu einer Sitzung mussten. Endlich mal Zeit, Matsuyama-jo, der Burg, einen Besuch abzustatten. Zwar waren wir 2009 und 2010 immer kurz auf dem Burgberg gewesen, aber seit 2007 nicht mehr im Gebäude selbst.
Matsuyama-jo liegt auf einem sehr isolierten Hügel, der sich wie eine Insel aus der Stadt erhebt.
Die Ropeway-Station hinauf liegt direkt vor unserer Haustüre. Hier ein Foto, bei dem die Fensterputzer bzw. Fassadenreiniger aktiv waren.
An sich könnte man auch hoch laufen, es ist nicht so weit. Aber es macht viel mehr Spass, mit dem lustigen Sessellift zu fahren (s. auch Blogeintrag vom 26.8.2010), insbesondere bei schweisstreibenden 35°C, auch wenn die Bahn für uns Hochgewachsene etwas klein konstruiert ist.
Da in Japan nun überall Sommerferien sind, waren auch andere Leute unterwegs, vor allem Familien mit kleineren Kindern, die erstaunlich tapfer die letzten Meter von der Endstation zum Burgeingang stapften. Vielleicht weil sie wussten, dass sie bestimt mit einem Eis oder irgendetwas anderem Süssen belohnt werden??
Es war leider ziemlich diesig, wenig Fernsicht, doch die Aussicht über die Stadt ist immer wieder schön.
Nach Jahren hat uns die gesamte Anlage auch wieder sehr beeindruckt. Matsuyama-jo ist mehrfach zu grossen Teilen nach und nach zerstört worden, insbesondere nach einem Feuer Anfang des 20. Jahrhunderts und nach dem amerikanischen Bombenangriff auf Matsuyama 1945. 1966 entschloss man sich, die Burg wieder aufzubauen, und zwar originalgetreu in alter Handwerkstechnik. Somit ist alles nicht sehr alt, aber dafür bautechnisch exakt und interessant von innen wie von aussen.
Es gibt nur noch sehr wenige wirklich original erhaltene Schlösser in Japan. Viele sind im Laufe der Zeit stets Feuersbrünsten zum Opfer gefallen oder wurden spätestens im Krieg zerstört. Die Schlösser in Osaka oder Nagoya sehen zwar von aussen sehr gut aus, innen ist jedoch alles „original Beton“. Da es nichts Traditionelles mehr zu sehen gibt, hat man sie zum Museen umfunktioniert, die die Geschichte des Gebäudes und ihrer Fürsten zeigen. Auch nett, aber eben anders.
Im Innern des Schlosses kann man die Holzkonstruktion mit den dicken Balken bewundern. Etwas gefährlich muten manchmal die unglaublich steilen Treppen an. Da müssen Grossgewachsene doppelt aufpassen: Auf die Stufen und darauf, sich nicht oben noch den Kopf anzuhauen.
Im Schloss wird auch ein Film aus dem Jahr 1969 gezeigt, der die Rekonstruktionsarbeiten dokumentiert. Auch wenn wir nur jedes 20. Wort verstanden, war es spannend, die alten Bautechniken zu sehen, mit denen die einzelnen Gebäude bzw. Teile des Bauwerks wieder errichtet worden sind. Die Gebäude bestehen wirklich zu 100% aus Naturmaterialien: Holz, Lehm mit Stroh, Bambus und Hanfseilen. Im Innern ist es deshalb auch angenehm kühl.
Viele Details sind ebenfalls einen genaueren Blick wert, z.B. die Dachverzierungen sowie die kunstvoll gearbeiteten Fische am Dachende.
Auf dem Fussweg zurück (runter geht immer besser) hatten wir nochmals einen hübschen Blick auf das Guesthouse. „Unser“ Haus ist das mit den grünen Jalousien, die leider nur im 2. Stock ihren Dienst tun. In der 5. Etage (= 4.OG nach europäischer Zählung), wo der Vorhang etwas aus dem Fenster schaut, wohnen wir noch bis Samstag.
Danach brechen wir zu unserer dreiwöchigen Rundreise auf. Wir sind etwas unglücklich, denn eigentlich hatten wir für Matsuyama viel zu wenig Zeit. Den Besuch von Uchiko haben wir nicht mehr geschafft. Ein paar weitere Lektionen hätten auch nicht geschadet.
Beim nächsten mal also wieder drei Wochen. Und vielleicht nicht mehr im Sommer – wenn möglich.