Kusatsu-Onsen – Velotour und Wintereinbruch

Am nächsten Morgen (23.3.) war das Wetter kalt, aber freundlich und wir nahmen nach dem sehr feinen Frühstück unsere Velos in Empfang, die vom Hotelpersonal in ihren Taschen sorgsam abgestellt worden waren.

Apropos Schuhe: Grundsätzlich zieht man im Eingangsbereich traditioneller Einrichtungen (inklusive Bäder, Museen, Ryokane etc.) in Japan seine Schuhe ab, so auch hier. Zum Herumlaufen werden dann Slippers bzw. Hausschuhe bereitgestellt. Hier verschwanden die Schuhe mit einem Mitarbeitenden. Kaum wollte man wieder raus aus dem Haus, eilte sogleich ein hilfsbereiter Mensch und stellte sie wieder einstiegsbereit hin. Meist ist der „Schuhparkplatz“ bzw. der Schuhschrank in Reichweite, und so vornehm hatten wir das bisher selten.

Für Thom gab es sogar Slippers in seiner Schuhgrösse, und auch noch einen extragrossen Yukatta, den Baumwollkimono, mit dem man zum Bad marschiert. Beides ist nicht selbstverständlich, und hier zeigte sich ein echter Profibetrieb.

In besagtem Schuhraum waren die Velos nach dem gestrigen Nasstag also sehr gut aufgehoben, und heute konnten wir sie endlich mal wieder nutzen. Es war sonnig und trocken, aber kalt, so war erstmal eine kleine Velotour angesagt. Gut, dass ich meine Handschuhe mitgenommen hatte.

In der Karte der Touristeninformation war eine kleine Route eingezeichnet, und diese wollten wir natürlich abfahren.

Am Kusatsu Bus Terminal ist An- und Abfahrt für alle, die mit dem ÖV anreisen.

Überall dampft das Wasser, so auch in diesem Flüsschen, dass die (sauberen) Bäder-Abwässer der Hotelbäder aufnimmt. Da kommt ganz schön was zusammen!

Wir drehten eine Runde auf und ab durchs Dorf (hatte ich schon erwähnt, dass Kusatsu in den Bergen liegt??) und schauten uns kurz das erste der drei öffentlichen Onsen an, das wir am Nachmittag besuchen wollten. Der orangerote Mini-Schneepflug wunderte uns etwas, da er so einsatzbereit dastand. Wir würden am nächsten Tag wissen warum…

Der Weg entpuppte sich als eine gut geteerte Fussgänger-Piste durch den Wald. Sie ist sogar ziemlich eben und kann mit Velos gut befahren werden. Zwar bremsten uns noch einige Schneereste aus, aber eher beunruhigten uns die Bärenwarnungen und wir waren alarmiert, als wir am Wegesrand plötzlich grosse Abdrücke im Schnee entdeckten…

Wie wir dann später recherchierten, sind die Spuren im Schnee wohl doch nur von einem grossen Hund gewesen. Grundsätzlich soll man in Japan nur mit dem sogenannten Bärenglöckchen wandern gehen, um plötzliche Begegnungen zu vermeiden. Die festinstallierte grosse Bärenglocke für Notfälle am Picknickplatz imponierte uns ebenfalls. Den letzten Kilometer des Weges klingelten wir sicherheitshalber laut mit unseren Fahrradglocken.

Der Weg endete in der Nähe des Kusatsu-Skiparadieses, wo sich nur wenige auf den künstlich beschneiten Pisten trollten.

Wir wählten dann den Pfad in Richtung des Freiluftonsen Sainokawara, der ziemlich bergab ging und eigentlich nur für Fussgänger war. Daher schoben wir unsere Räder auch brav neben uns her. Beim Bad selbst war es dann ein kleines Kunststück, sie abzustellen, aber zum Glück konnten wir sie hinter einem Picknickhäuschen verstecken.

10 Minuten später sassen wir beiden (natürlich nach Geschlechtern getrennt) in wunderschönen grossen Rotemburos. Der Himmel blau, das Wasser heiss, der Fluss rauschte nebenan, und da Mittag war, waren grade wenige Leute da. Wunderbar.

Das Bild ist nicht selbst geknipst, denn in allen Bädern hängen grosse Hinweise, dass dies selbstverständlich nicht gestattet ist. Die grünen Bäume gab’s natürlich nicht. Nur winterliche Kargheit, was der Schönheit aber nicht abträglich war.

Unterhalb des Bads befinden sich noch das „Ashi no Yu“, das Fussbad, sowie allerhand heisse Tümpel. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung des Wassers nimmt alles eine smaragdgrüne Farbe an.

Nach einer kleinen Mittagspause– es war immerhin schon 14 Uhr – und einer erneuten Runde um die Yubatake hüpften wir dann in das zweite öffentliche Onsen, das Otakinoyu. Mir gefiel das grosszügige Bad sehr, weil es auch das grosse Sentō für die Einheimischen ist und nicht nur Touristenshow, und sich Alt und Jung, gross und klein nebeneinander tummeln. Es gibt ein grosses Innenbecken und auch einen hübschen Rotemburo (Aussenbecken). In einem separaten Bereich befindet sich dann noch das „O-taki-no-yu“, das Wasserfallbad.

Man fängt im untersten der vier Holzzuber an, wo das Wasser am kühlsten ist (mit 36° C völlig unattraktiv), und arbeitet sich dann bis zum vierten, obersten Zuber vor. Das zweite war angehen, im dritten betrug die Temperatur ca. 40-41°C, also ideale Bade- und Wohlfühltemperatur. Ins vierte schaffte ich es nicht mehr, denn dort sind es, gemäss der Frau, die ich fragte, ca. 45°C. Für mich unmöglich. 🤪

Dermassen gut durchgegahrt mussten wir unsere Kreisläufe erst einmal mit einem Kaffee wieder in Schwung bringen. Ein Edelryokan, das Naraya, hat eine ebenso edle Kaffeebar, wo auf nach einer höchst interessanten Methode Kaffee zubereitet wird. Zudem wird der sehr feine Milchkaffee im „Chawan“ serviert, der getöpferten Schale, aus der man normalerweise Matcha (Grüntee) trinkt. Höchst stilvoll!

Dazu bestellten wir zu allem Überfluss noch ein köstliches Dessert dazu. Bei Grünteespezialitäten werden wir einfach total schwach. 😁

Zum Abendessen gab es daher nix mehr, sondern später nur noch einen kleinen, abendlichen Snack mit Reiscräckern und lokalem Kusatsu-Bier, das natürlich probiert werden musste.

Am nächsten Morgen (24.3.) sahen wir um 6 Uhr aus dem Fenster: Es hatte über 10 Zentimeter geschneit!

Ich konnte grade noch Imai-san, die heute aus Matsuyama anreisen wollte, eine Botschaft per LINE (dem japanischen Whatsapp-Konkurrenten) schicken, sie möge sich noch was Warmes zum Anziehen einpacken. Zwar war Schnee angesagt gewesen, aber dann gleich so viel?? Der Schneepflug hatte also ordentlich zu tun heute.

Was für ein Wetterumschwung! Zumal sich den ganzen Tag bis am späten Nachmittag Sonne und Schneeschauer immer abwechselten. Dazu kam ein bissiger kalter Wind.

Jackenmässig waren wir mit unseren 3-in-1-Winterjacken gut ausgerüstet. Dazu kamen – gegen den Wind – die Velo-Regenhosen zum Einsatz. Wir wanderten erneut um die Yubatake herum und zum Schrein hinauf. Beides präsentierte sich im Schnee völlig anders.

Die meisten der Gäste waren ebenso überrascht wie wir – und mit dem Schuhwerk auch nicht wirklich gut ausgestattet… Auch liefen manche weiter im Yukatta umher. Chapeau! Dazu muss man aber sagen: Die Japaner sind wirklich hart im Nehmen und sehr viel abgehärteter als wir…

Zur Feier des besonderen Tages liess ich diesmal den Gong ertönen…

Es war kurz vor halb zehn Uhr, und wir beschlossen spontan, die Show des „Wasserabkühlens“ im Nezu no yu zu besuchen. Nachmittags musste man dort immer Schlange stehen, nun war es dort angenehm leer. Es wurde ein bisschen etwas zur Geschichte erzählt, dann tanzten und sangen die Frauen und demonstrierten die Wassserabkühlung mit den grossen Holzpaddeln. Anschliessend wurde das geneigte Publikum mit dazu gebeten und durfte mitpaddeln.

Daher bin ich jetzt stolze Besitzerin einer Urkunde, die mir bescheinigt, dass ich in Kusatsu an der Wasserkühlung mitgewirkt habe. 😉

Anschliessend liefen wir nochmals zum schönen Freiluftonsen Sainokawara, aber mir war – trotz wärmenden Wassers – gar nicht nach Ausziehen bei 0°Celsius zumute, denn die Umkleidenkabine ist nur ein Bretterverschlag. Daher ging ich ins Hotel an den wärmenden Ofen in der Lounge zurück, während Thom sich nochmals ins heisse Wasser legte. Um 13:30 Uhr würde Imai-san ankommen.

Bei ihrer Ankunft gab es erstmal ein grosses Wiedersehenshallo und einen Begrüssungstee mit O-miyage-Austausch, bevor wir uns dann auf eine weitere Runde durch Kusatsu machten – und das bekannte Programm nochmals abspulten: Yubatake, Tempel, und natürlich den Sprung (oder eher das „Gleiten“) in das dritte der öffentlichen Bäder, direkt im Zentrum, das Gozanoyu, ein wunderschöner neuer Holzbau. Es gibt nur ein Innenbad, dafür aber mit sehr viel Ambiente. Und danach mussten wir ihr natürlich auch das schöne Kaffee zeigen.

Das Goza no yu

Im kleinen Soba-Restaurant waren alle Tische besetzt – zum Glück hatten wir ausnahmsweise reservieren können. Anschliessend wanderten wir nochmals eine letzte Runde zu den Yubatake, die in der Nacht sehr hübsch illuminiert werden.

Bei einem Dessert-Bierchen im Hotel besprachen wir dann noch die Planungen für die nächsten beiden Tage. Das Wetter sollte sich wieder erholen, und so sollte unseren beiden Ausflügen nach Tomioka und Kiryu nichts im Weg stehen.

 

 

 

 

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Baden, Dies und das, Gunma, Japan und getaggt als , , , . Fügen Sie den permalink zu Ihren Favoriten hinzu.

Kommentare sind geschlossen.