Als Ausflugsziel an unserem zweiten Nima-Tag standen zur Auswahl: Izumo-Taisha, der bekannte Schrein, oder Matsue, die Hauptstadt der Präfektur Shimane, weiter östlich. In beiden Orten waren wir 2007 (auf unserer zweiten Reise) schon einmal gewesen. Die Entscheidung fiel dann zugunsten Matsue. Denn wir hatten den Ort in etwas zwiespältiger Erinnerung, da das Wetter damals (wie meistens in dieser Gegend) sehr unfreundlich und kalt war. Also konnten wir der Stadt durchaus nochmals eine weitere Chance geben. Und das Wetter hat sich an dem Tag wirklich ziemlich angestrengt, es war richtig angenehm warm und ab Mittag auch schön sonnig! 🙂
Eigentlich hatten wir dazu einen recht frühen Zug eingeplant. Aber oh weh, als wir uns auf unsere Birdys schwingen wollten, um zum Bahnhof zu fahren, hatte Thom’s Velo einen Platten! Ein winziges, messerscharfes Stückchen Stein hatte sich in den Reifen gebohrt. Zu blöd. Naja, das musste halt erstmal repariert werden. Zum Glück fuhr eine Stunde später nochmals ein „Aqua Liner“, ein etwas beschleunigter Regionalzug.
So konnte ich in der Zwischenzeit noch mit unseren Frühstückspartnern weiterplaudern, zwei Angestellte der Präfektur Shimane, die an diesem Tag den dänischen Botschafter durch Iwami Ginzan führen sollten. Bereits beim Frühstück hatten wir uns etwas unterhalten. Dann grosse Aufregung: Vom Fenster des Frühstücksraums konnten wir tatsächlich im Garten einen Affen beobachten, der gerade dabei war, eine Kaki-Frucht vom Baum zu klauen. Zuerst hatte ich nur einige weisse Haare am Baum gesehen und gedacht, der Grossvater des Hauses würde sich am Baum zu schaffen machen. Bis dann das freche Tier ganz zu sehen war.
Die Wirtin hatte uns bereits erzählt, dass sich allerlei Getier über das Obst und Gemüse der hiesigen Gärtner hermacht. Wildschweine hatten wir eh schon im Verdacht (es gibt viele in Japan), aber dass sich auch die Affen bedienen, war uns neu. Und wir jammern über Schnecken… Darum sind meist alle Gemüsegärten auf dem Land sorgfältig eingezäunt und sogar mit Netzen abgedeckt.
Die Fahrt an der Küste bietet ebenfalls sehr schöne Ausblicke. In Matsue angekommen fuhren wir mit den Birdys – wie vor 10 Jahren – an das Ufer des grossen Shinji-Sees. Dort befindet sich das Shimane Kunstmuseum, das jedoch wie vor 10 Jahren am Dienstag geschlossen hatte. Planungspech.
Dafür fanden wir die Stelle wieder, an der wir damals ein Selbstauslöser-Selfie von uns mit den Velos gemacht hatten. Nun haben wir eine zweite Version davon. 🙂
November 2007
November 2017
Wobei: Einen Unterschied gibt es schon. Thom’s Birdy ist eine neue Version (nachdem das alte in London geklaut worden ist. Meines ist noch das alte, und immer noch tipptopp.
Nächste Station war das ehemalige Wohngebiet der Samurai um das Schloss herum. Das Schloss ist von einem sehr schönen Wassergraben umgeben, an dem man auch nett umherspazieren kann, wenn man kein Velo hat. Dort ist dann auch die Touristendichte (Chinesen! Koreaner!) ziemlich hoch.
Einige der alten Residenzen kann man auch besuchen. Mit dem Velo kommt man da natürlich sehr gut voran. Es gibt auch Veloverleih in der Stadt. Und Matsue hat in einigen Bereichen sein Stadtbild durchaus verschönert (und z.B. die offenen Stromleitungen unter die Erde verlegt), was vielleicht den angestiegenen Besucherzahlen zu verdanken ist. Die Initiative „Unsere Stadt/unser Dorf soll schöner werden“ gibt es sicherlich auch in Japan.
In der „Matsue Ji Beer Kan“, der Bierhalle, gönnten wir uns die lokale Spezialität „dreifache Soba-Nudeln“. Man bekommt kleine Schälchen Buchweizennudeln auf drei unterschiedliche Arten serviert. Dazu mussten wir natürlich das selbstgebraute Bier probieren. Auch das ist als Set aus drei verschiedenen Biersorten erhältlich. Fazit: Sehr trinkbar. 😉
Im kleinen Kanal vor der Bierhalle kann man wunderhübsche Koi’s betrachten. Und wir erinnerten uns, dass wir auch hier schon vor 10 Jahren gestanden waren. Zumindest haben wir damals schon Koi-Fotos gemacht. Ob es die Bier-Kan jedoch schon gegeben hat, wissen wir nicht mehr. Wir haben es vermutlich auch gar nicht erkannt gehabt…
Das relativ neue „Historische Museum Matsue“ , im Stil einer traditionellen Residenz erbaut, bietet einen guten Überblick über die Geschichte der Stadt. Wie immer ist das Meiste nur auf Japanisch erläutert, aber immerhin gab es fürs Gröbste mal einen Audioguide auf Englisch.
Im Museum heisst es trotz der modernen Ausstattung übrigens „Schuhe aus“. Diese deponiert man in den Schliessfächern, und ist dann wieder auf Strümpfen unterwegs. Auch Chefs mit ihren Angestellten. Japanische Gleichheit. Wir vermuten, es dient dazu, die Gäste automatisch ins schönen Museumsteehaus zu lotsen, wo man einen frisch gerührten Matcha (japanischer Grüntee) sowie edelste kleine japanische Süssigkeiten probieren kann. Natürlich kamen auch wir nicht daran vorbei.
Die Süssigkeiten werden je nach Jahreszeit ganz unterschiedlich gestaltet. Jetzt, im Herbst sind die Symbole und Farben dieser Saison formgebend, z.B. das Momiji oder die Blumen bzw. Gemüse oder Früchte der Saison (hier Rettich). Ein Meister höchstpersönlich fertigte sie vor aller Augen von Hand, und man durfte sich ein Teilchen zu seinem Tee aussuchen. Verführerisch! Thom wählte ein Kastanienpürreeteilchen (die japanische Vermicelle-Version), ich ein klassisches Manju-Bällchen, ein gefülltes Reisteigbällchen in Grünteepulver eingehüllt.
Für den Schlossbesuch reichte die Zeit dann leider nicht mehr, denn wir mussten ja auf den entsprechenden Zug, um pünktlich wieder zum Abendessen in Nima zu sein. Nur noch ein paar Fotos waren machbar. Und von dem kleinen Burgberg aus hat man erstaunlicherweise noch einen guten Blick.
Das Umland ist ja relativ flach. Der Fuji-ähnliche Berg im Hintergrund ist übrigens der Daisen. Passenderweise wird er auch Hoki-Fuji genannt. Er liegt zudem inmitten des Daisen Oki Nationalparks, von dem es im Museum sehr schöne Bilder gegeben hatte. Besteigen kann man den Berg nicht so ohne weiteres, denn ein Teil des Gipfels ist wohl instabil. Zudem gilt er als heilig. Da bleibt ihm glücklicherweise das Schicksal des Fuji-san erspart, an dem sich während der Sommermonate Tausende zum Sonnenaufgang hinaufwinden.
Als wir wieder in Nima ankamen, war es schon wieder dunkel. Das letzte Abendessen, was wir im Ryokan bekamen, war wieder unglaublich fein, und der Tisch bog sich erneut unter den vielen Köstlichkeiten.
Was in den vielen Schälchen ist, erschliesst sich einem meist nur teilweise. Auch Japaner müssen häufig fragen, was sich darin verbirgt, denn es sind ja meist regionale Spezialitäten darunter, die man andernorts nicht kennt. Am Vortag gab es übrigens etwas Merkwürdiges: Ein weisses, etwa eigrosses, weisses Gebilde, dass ein bisschen aussah wie Hirn. Tapfer bissen wir hinein, und es schmeckte ziemlich gut. Ganz zart und buttrig. Auf unsere bange Nachfrage wurde uns offenbart, dass es sich um Shirako (白子) handelt. Kannten wir noch nicht. Also gegoogelt. Es waren quasi die „Hoden vom Dorsch“. Interessant. Gibt es auch vom Fugu, sieht dann aber anders aus. (Hier ein Foto aus dem Internet)
Na immerhin war es kein Fleisch. Schliesslich sind wir (fast) Vegetarier…
So spannend und gut das in den japanischen Herbergen ist: Drei Tage Halbpension, quasi ein „rundum Sorglospacket“, was das Essen angeht, ist zwar höchst angenehm, aber man ist dann einfach gnadenlos abgefüllt. Gut, dass wir in Hagi nur Frühstück gebucht haben.