Wieso lernt man eigentlich Japanisch? Für uns ist die Frage ganz leicht zu beantworten. Wenn man sich für ein Land und seine Bewohner interessiert und schätzen gelernt hat, möchte man kommunizieren können. Und das geht in Japan halt meistens nur in der Landessprache. Das Erstaunliche ist: Ja, man kann das wirklich lernen. Nach einem Anfang mit vielen Spass- und Frustmomenten merkt man irgendwann, dass es funktioniert.
Thom und ich sehen das ja als ‚Live long learning‘-Projekt an. Aber: Ganbatte hin oder her, es kann nicht mehr werden als ein Hobby, denn wir sind ja auch pflichtbewusste Arbeitnehmende und haben auch noch weitere Interessen, z.B. unseren Garten.
Wir haben uns zum Japanisch lernen schon viele Gedanken gemacht und lassen die geschätzte Leserschaft gerne an unseren wertvollen Erkenntnissen teilhaben. Ganz ungefragt und gratis … 😉
Japanisch gehört nicht zu den indogermanischen Sprachen, und so muss man sich als DurchschnittseuropäerIn erst einmal ziemlich umstellen, was die Grammatik betrifft. Einiges ist im Japanischen aber viel einfacher. So gibt es z.B. nur die Präsensform und eine Vergangenheitsform, und unregelmässig sind nur zwei Verben (klar, das sind: machen und kommen).
Ungewohnt ist dann, dass an Verben und Adjektive sehr viel hinten dran geklebt wird. Dafür gibt es in der Linguistik einen Ausdruck, nämlich „agglutinierend“. Diese Endungen umfassen z.B. Vergangenheit, Konditional, Verneinung, etc. Der Unterschied zwischen Adjektiven und Verben scheint ohnehin nicht so gross zu sein, da Adjektive auch konjugieren, z.B. in der Vergangenheit. Sehr obskur für uns.
Auch die Aussprache des Japanischen ist weniger das Problem. Natürlich muss man korrekt sprechen, sonst wird man nicht verstanden, doch es ist keine Tonsprache wie z.B. Chinesisch oder Thai, bei denen gleich geschriebene Wörter nur durch die Aussprache unterschieden werden.
Doch immerhin sehen wir jetzt mal Erfolge: Wir können uns in einfacher Form mitteilen und werden auch verstanden. Und wir verstehen immer häufiger die Antwort. 😉
Nicht ganz einfach sind noch die japanischen Höflichkeitsebenen. Mit denen sind wir während dieses Intensivkurses zum ersten mal in Kontakt gekommen. Das wird noch kompliziert, denn jede dieser Ebenen hat eigene Ausdrücke und Floskeln. Es gibt ehrerbietige, bescheidene und höfliche Ausdrücke. Dabei geht es vor allem um Hierarchien, aber auch, ob man innerhalb oder ausserhalb seiner Gruppe (Familie, Kollegen) spricht. Und die Anwendung muss natürlich beherrscht werden, denn sonst wird es extrem peinlich.
Die nach unserer Meinung grösste Schwierigkeit zum Japanisch lernen ist für uns derzeit die nicht-lateinische Schrift. Man wird in Japan ins Analphabetentum hineinversetzt. Sehr merkwürdig, sich in einer Welt zu bewegen, in der man nichts mehr lesen kann. Weder im Supermarkt (Waschmittel kaufen?) noch in der Buchhandlung oder Bibliothek (Sachbuch? Roman?) noch im Alltag (Fahrplan, Prospekt, Speisekarte?).
Das Japanische kennt 4 Schriften: Hiragana, Katakana, Kanji (chinesische Schriftzeichen) und Romanji (lateinische Buchstaben). Hiragana und Katakana mit jeweils 46 Standard-Silbenzeichen sind schnell gelernt. In diesen Zeichen geschriebene Wörter kann man relativ rasch transkribieren – wie ja die Katakana-Knobeleien zeigen. 😉 Das Romanji heisst hier englische Schrift und gehört eigentlich nicht zum Japanischen. Bekannte Grosskonzerne haben zwar Namen, die nur in Romanji geschrieben werden (z.B. Sony). Aber geschrieben wird damit eigentlich nichts in fremden Sprachen. Dafür muss Katakana ran.
Bei den Kanji wird es etwas komplexer. Das Standardvokabular umfasst 1945 Schriftzeichen. Damit kann man z.B. Zeitung lesen oder in Japan studieren. Unser derzeitiger Wissensstand liegt bei ca. 300 Zeichen, aktiv (also selbst schreiben) sind es viel weniger. Wir brauchen also noch eine Weile, um ohne Nachzufragen zu verstehen.
Sehr gemein ist dann aber, dass die japanischen Zeichen – im Gegensatz zum Chinesischen – zwei, oder manchmal sogar mehrere Lesungen haben. Diese nennen sich Onyomi (Ton) und Kunyomi (Bedeutung). Ein einzelnes Zeichen hat eine Bedeutung und in der Regel eine Lesung. Steht es in Verbindung mit einem anderen Zeichen, so hat es eben mindestens eine andere Leseart.
Beispiel: 車 ist das Zeichen für Wagen oder Auto. Steht es alleine, spricht man es ‚kuruma‚. Steht es aber zusammen mit einem weiteren Zeichen, z.B. 電 (= denki, Zeichen für Strom), dann spricht man beides zusammen als 電車 ‘den-sha‚, also Tram oder Zug. Alles klar?
Daher können wir zwar viele Zeichen, die wir bereits gelernt haben, passiv lesen und auch verstehen, aber nicht unbedingt sprechen bzw. vorlesen, da wir uns meistens nur eine Leseart merken können … 🙁
Aber wie gesagt, so lange es uns Spass macht, versuchen wir es weiter damit. Und so lange wir uns mit regelmässigen Japanferien selbst ermuntern können, wünschen wir uns und unseren Zürcher Mitlernenden weiterhin ‚Ganbatte kudasai‘!