Iwami Ginzan (岩見銀山)

Wie gesagt, Nima war ja „nur“ unsere Basisstation für unser eigentliches Hauptziel, nämlich die alten Silberminen im Westen Japans, Iwami Ginzan. Seit dem späten 16. Jahrhundert (Vor-Edo-Zeit) bis 1923 (Meiji-Zeit) ist dort Silber aus dem Berg geschürft worden. Seit 2007 gehört es zum Unesco Weltkulturerbe. Und dieses Label ist natürlich immer eine Reise wert.

Nach einem köstlichen Frühstück und Abschied von unserem Motorradfahrer schwangen auch wir uns auf unsere Velos und radelten los. Das Wetter war leider ziemlich verhangen, zudem war es auch noch kalt geworden. Also packten wir die Regenhosen ein, inklusive Handschuhe und Ohrenschutz.

Zuerst folgten wir dem „Iwami Ginzan Highway“, der Route 31 entlang. Zwar gibt es einen Gehweg an der Strasse, auf dem man laufen oder fahren kann. Wir bevorzugten den ruhigeren Weg entlang des Flusses, natürlich immer hübsch in Sichtweite der Route, denn sicher ist sicher. Nach gut 2,5 km kommt die Abzweigung zum kleinen Ort Ōguni, und dann geht es eigentlich immer nur der kleinen Strasse entlang. Langsam und stetig nach oben. 🙂

Bei einem kurzen Fotostopp am Ende des Dorfes überholte uns doch tatsächlich ein Lokalbus. Also gab es doch eine Bus-Verbindung zwischen Nima und Iwami, sogar fast stündlich. Ein gut gehütetes Geheimnis. Nima sollte sich wirklich besser als Ausgangspunkt vermarkten, denn es ist garantiert die kürzeste und schnellste Verbindung. 😉

Der Bus war dann aber an diesem Montag das letzte, was wir auf der Strasse sahen. Es war herrlich friedlich, so ganz für uns hochzustrampeln. Und wir kamen doch recht ins Schwitzen, denn die Steigung hatte das gewohnte Zürichberg-Niveau von über 200 Höhenmetern (bestätigt durch Google Maps).

Zum Schluss der Route gilt es noch einen ca. 100 m langen Tunnel zu durchfahren. Diese sind im bergigen Japan unausweichlich, und hier hätte ich dem besagten Bus jetzt nicht unbedingt begegnen wollen. Denn breit war der alte Tunnel nicht.

Nach dem Tunnel ist Ōmori schon erreicht und man landet direkt beim zentralen Busparkplatz. Hier fing es dann ganz milde an zu regnen, also flüchteten wir zuerst in das Iwami Ginzan Silberminen-Museum nebenan. Zwar war auch dort das Meiste auf Japanisch, aber wir erhielten schon mal einen groben Überblick über die Geschichte und die Arbeit in den Minen.

Ach ja, ganz wichtig: Der Ausländerrabatt macht sich bei allen Besuchen wirklich tüchtig bemerkbar. Also den Pass nicht vergessen. 🙂

Der Regen plätscherte weiter, also hiess die nächste Station Kaffeetrinken. Im entzückenden kleinen Coffee-Shop bekamen wir liebevoll zubereiteten, original italienischen Cappuccino (der Marke Cagliari), der uns wenigstens innerlich wieder etwas wärmte.

Immerhin machte dann das Nass von oben mal eine Pause, so dass wir (ich für meinen Teil zähneknirschend) weiter hoch zur Mine radeln konnten. Wenigstens wurde einem beim weiteren sanften Aufstieg wieder etwas warm.

Positiv überrascht hat uns in jedem Fall der alte Ort Ōmori. Hier bekommt man tatsächlich noch einen Eindruck von einem alten Japan, dass es so praktisch nicht mehr gibt: Eine Strasse bzw. eine Ortschaft mit noch fast einheitlichem, traditionellem Bild und vielen alten Häusern. Wie man sich halt das Klischee-Japan vorstellt.

Und selbst die hässlichen Getränkeautomaten hatten an exponierter Stelle eine Weltkultur-Verkleidung verpasst bekommen. 🙂

Anders als in grösseren Orten waren in Ōmori die Häuser bzw. Wohnviertel der Händler und der Samurai nicht getrennt, wohl weil es in der Talenge schlicht nicht machbar war. In den grossen Städten wohnten Angehörige der Samurai und die Händler und Kaufleute in unterschiedlichen, klar abgegrenzten Stadtvierteln, gemäss dem Ständesystem der Edo-Zeit. Dies haben wir erst in diesen Ferien so richtig begriffen.

Von den über 500 Schächten, die in den 250 Jahren Minenzeit gegraben worden sind, ist die Ryugenji Mabu Mine zugänglich gemacht worden. Dort mussten wir uns natürlich als hochgewachsene Nicht-Japaner recht bücken.

Das grosse Problem während des Schürfens war die hohe Feuchtigkeit im Berg. Permanent musste das Wasser nach draussen befördert werden. Auch jetzt, im gut ausgebauten Stollen mit seinen zahlreichen Seitenästen, in die man hineinblicken konnte, tropfte es überall herunter. Der gesamte Berg ist mit Gängen durchbohrt wie ein Ameisenhügel.

Wir versuchten, einer sehr engagierten Führerin auf Japanisch zu folgen, aber das war dann doch etwas zu ambitioniert. Wir verstanden ihre Ausführungen wirklich nur teilweise. Aber sie liess sich von ihrer Begeisterung, zwei Suisu-jin als Kunden zu haben, kaum bremsen und führte uns dann auch fürsorglich zum Veloparkplatz zurück. 🙂

Bergab zu fahren war nun easy, aber wärmer wurde es nun auch nicht wirklich. Ein kurzer Abstecher zu den ehemaligen Schmelzöfen aus der Spätphase der Silbergewinnung war noch eindrücklich. Die Ruinen sind fast vollständig von Moos, Gras und Bäumen bedeckt. Ein altes Foto auf einer Tafel gab einen Eindruck, wie die Stätte und die Umgebung vor über 100 Jahren ausgesehen haben.

In einem kleinen Soba-Restaurant assen wir erstmal eine heisse Suppe, dann konnten wir die nächsten Besuche der alten Samurai-Residenzen durchstehen. Es gibt mehrere alte Anwesen zu besichtigen, und dort heisst es wie meistens: Schuhe aus. Und so läuft man bei kalten Temperaturen in Slippers durchs Haus.

Für die Besichtigung des Schreins, in dem die Seelen der Minenarbeiter ruhen, hatten wir keinen so rechten Nerv mehr. An einem anderen, dem Kigami-Schrein am Ortsausgang (Richtung Ōda-shi) konnte man noch einen sehr alten Kampferbaum und etwas Momiji bewundern.

Und nach einem letzten Kaffee im Coffee-Shop konnten wir uns auf den Rückweg machen. Es war jetzt glücklicherweise trocken, aber immer noch recht kalt. Der kurze Anstieg bis zum Tunnel war ein Kinderspiel, und die übrigen 3 km ging es ja nur noch bergab.

Ohne Umwege fuhren wir in unsere Herberge zurück, zumal es auch schon dämmerte. Das ist halt leider der Nachteil an einer Winterreise: Die Tage sind immer etwas kurz. Nach dem heutigen Tag war die Aussicht auf das gute Essen und ein heisses Bad im Ryokan in jedem Fall überaus beflügelnd für eine schnelle Heimfahrt. Und schlafen würden wir nach diesem bewegungsreichen Tag sicherlich bestens.

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