Impressions de Bayonne

In unserem netten Appartement auf dem Hügel bei der Stierkampfarena hatten wir uns für eine Woche eingemietet. Im Prinzip genügend Zeit, die alte baskische Stadt an der Mündung des Flusses Adour und ihre Umgebung zu erkunden. Aber natürlich reicht diese nie aus, denn Sehenswürdigkeiten gibt es wirklich genug.

Zuerst einmal widmeten wir uns dem Stadtzentrum mit seinen wunderschönen baskischen Häusern. Vor laaaanger Zeit (ca. 1989??) war ich mal zu einem kurzen Marktbesuch mit meinen Eltern dort gewesen und hatte kein wirklich positives Bild von den grauen Häusern behalten. Seitdem hat sich aber viel getan, wie in so vielen französischen Städten, und Bayonne ist gegenüber Biarritz die eindeutig interessantere Stadt.

Während in Biarritz der Jetset und Tourismus toben, und sich die Architektur zwischen den alten Seebad-Villen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und der Moderne bewegt, so ist Bayonne die alte Arbeiter-, Handels- und Industriestadt mit viel Geschichte. Zudem ist der baskische Nationalismus an jeder Ecke spürbar, insbesondere im alten Stadtviertel zwischen Nieve und dem Adour. Dort erklären sich die Bewohner offenbar auch als autonom. Und bloss nicht denken, man sei in Frankreich oder in Spanien. Nein, man befindet sich im stolzen Baskenland!

Zuerst besuchten wir am Morgen die Markthalle, um unsere Vorräte aufzupeppen. Wir hatten eine gut ausgestattete Küche, somit war Selbstverpflegung angesagt.

Anschliessend erkundeten wir halb zu Fuss und halb per Velo die Altstadt links und rechts des Nieve-Ufers mit seinen hübschen Gassen und der gotischen Kathedrale.

Mittags mussten wir uns dann erstmal wieder mit ein paar Austern stärken. Direkt an oder in der Markthalle gibt es einige kleine Restaurants, die diese anbieten. Sie sind um die Mittagszeit gut besucht. Vorsorglich hatten wir einen Tisch reserviert.

Der Bahnhof und das angrenzende Viertel liegt noch ein Stück weiter am Ufer des Adour. Wir sondierten ausgiebig die Infrastruktur, denn wir würden von dort aus ja einige Ausflüge (inklusive Velo) unternehmen und auch wieder mitsamt Gepäck einen raren Veloplatz im TER ergattern müssen.

In der Nähe des Bahnhofs liegt das DIDAM, ein Museum für zeitgenössische Kunst. Das alte Gebäude beherbergte ursprünglich ein Registrierungsamt der Marine, bevor es 2015 als Kunstzentrum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Nun gab es Fotos von Liu Bolin zu sehen, einem chinesischen Künstler, der versucht, sich mittels Selbstanmalen perfekt mit der jeweils gewählten Umgebung zu verschmelzen. Spannend und genau richtig für diesen Sonntagnachmittag.

Irgendwann fielen uns dann immer wieder die gelben Briefkästen auf, die ein Künstler mit diversen Motiven geschmückt hatte. Leider habe ich es zu spät realisiert, daher nur drei Fotos der sehr schön gezeichneten Werke.

Zum Glück lässt sich heutzutage alles recherchieren bzw. ergoogeln. Hier hat der Street Art-Künstler Christian Guémy alias „C215“ gewirkt, und dies tat er scheinbar nicht nur in Bayonne, sondern in vielen anderen französischen Städten. Sehr hübsch!

Wie in allen Städten wurde auch in Bayonne während der Sommerferien tüchtig an den Strassen gebaut. Dieser Prachtboulevard ist nicht für die Autos bestimmt, sondern dem neuen „Trambus„, einem Mischwesen zwischen Strassenbahn und Bus, der mit 2 Linien den Verkehr beschleunigen soll. Eine Linie soll den Nordosten der Stadt via Zentrum mit Anglet – und später Biarritz – verbinden. Die anderen Linie führt von Norden (Tarnos) durch das Zentrum nach Süden bis Bassussarry.

Wir konnten diese neue Piste schamlos zum raschen, sehr sicheren Vorankommen nutzen, denn sie war noch nicht in Betrieb, und es fuhren nur wenige normale Busse. Nur leider war der Spass bald vorbei, denn es muss noch jede Menge gebaut werden. Die Eröffnung ist erst im nächsten Jahr geplant.

Dummerweise kamen wir in der Stadt irgendwann an einem Craftsbierladen vorbei. Wie bei uns auch boomen Läden und lokale Kleinbrauereiszene enorm. Schade, dass es aussichtslos war, alles zu probieren, also liessen wir uns von den (meist) Herren immer gerne beraten. Besonders gefielen uns die Biere der Biarritzer Brauerei „La Superette“ sowie Bidassoa aus Irùn (bereits spanisches Baskenland). Letzteres war allerdings sehr amerikanisch gehopft, sprich auch ordentlich bitter. Aber halt auch ziemlich gut, auf jeden Fall für Thom, der Bitteres schätzt.

Wir konzentrierten uns vor allem auf die Blanche-Biere, die im Sommer herrlich erfrischend sind. Auch die drei hier haben uns gut gefallen.

Auch zu erwähnen ist der Cidre von Kupela, selbstverständlich aus baskischen Äpfeln. Zufällig kamen wir mit dem Velo sogar noch an der Brauerei bei Anglet vorbei.
Junge, hippe Herren haben sich dort der Herstellung verschrieben und folgen dem Lokaltrend. Sie machen es jedenfalls sehr gut.

Interessanterweise gibt es auf dem Adour auch noch eine Schiffsverbindung, die Navette fluviale. Wir nutzen sie an einem Tag nur, um von der einen Seite des Ufers zur anderen zu kommen. Die Velomitnahme ist ausdrücklich gestattet! 🙂

Zu erwähnen ist auch, dass Bayonne ein Rugby-Team hat, „Aviron Bayonnais“. Rugby ist ja in Frankreich sehr populär, und dieser Club spielt immerhin in der 1. Liga. Gleich am ersten Abend sassen wir im Restaurant mit lauter lauten Fans, die sich auf ein Spiel einstimmten, drum war uns das auch aufgefallen. Ansonsten ist unser Interesse an sportlichen Wettbewerben ja eher sehr verhalten.

Und last but not least noch ein Blick auf die direkt an unserem Haus gelegene „richtige“ Stierkampfarena. Wir waren froh, dass zu der Zeit gerade keiner stattfand, was unser Vermieter, ein veritabler Fan, wirklich bedauerte. Man müsse das schon mal gesehen haben. Er bekam richtig glänzende Augen, als er uns davon erzählte. Vorsorglich thematisierten wir das nicht weiter…

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