Hagi, Tag 2 (萩市二)

Der zweite, volle Hagi-Tag war der nordöstlichen Gegend der Stadt gewidmet. Dort liegen die beiden industriellen Unesco-Stätten, zudem war es auch zum Shoin-Schrein nicht weit. Dem Wind war über Nacht die Puste noch nicht ausgegangen, es war weiterhin recht stürmisch. Aber immerhin kein Regen für unsere kleine Velotour. Es lohnt sich, ein Velo in Hagi zu haben. Es ist nicht teuer und es spart viel Zeit. Viele Hotels bieten auch Leihräder an, allerdings sahen die bei uns doch ziemlich bedenklich aus.

Auf unserer Fahrt kamen wir bei der Senryuzan-gama Töpferei vorbei. Dort kann man sich den Brennofen direkt vor der Töferei anschauen, nebst etwas Hagi-Ware.

Nächstes Ziel war der „Hagi Sea Mart“, ein „Michi no eki“. Mit diesen bewirtschafteten Rastplätzen haben wir ja bereits vor zwei Jahren ja bereits sehr angenehme Erfahrungen gemacht. Statt Gemüse wurde hier vor allem Frischfisch und Fischprodukte angeboten. Manche Spezialität schwamm noch im Container herum (hier Ika (jap.), also Sepia). Frischer geht es wohl nicht.

Da Mittag war, nutzten wir dort gleich die Gelegenheit zum Mittagessen. Unser Wecker klingelt zwar seit dem Desaster des ersten Tages jeden Morgen pünktlich um 5:50 Uhr, aber wegen Blog-, Bügel- und Postversandsaktivitäten waren wir erst später losgekommen.

Die beiden Stätten des Hagi-UNESCO Kulturerbes liegen nur 1-2 km entfernt. Beim Hagi Reverbatory Furnace  noch erbaut zur Edo Zeit (1856), handelt es sich um einen „Flammofen“ (Schmelzofen) zur Eisenverarbeitung.

Dort sollte Eisen zum Schmelzen gebracht werden, um es für den Schiffsbau in der benachbarten Ebisugahana Schiffsdock (die zweite Stätte) weiter zu verwenden. Der Ofen selbst war allerdings nicht erfolgreich, d.h. er hat nie wirklich richtig funktioniert. Für die Frühphase der Industrialisierung spielt er trotzdem eine bedeutende Rolle.

Noch weniger ist vom Ebisugahana Shipyard zu sehen. Dort sind jedoch zwischen 1856 und 1860 zwei Schiffe gebaut worden. Allerdings sind dort nur noch Grundmauern zu sehen. Doch ist man offenbar dabei, die Stätte besser zu erschliessen, was die Arbeiten zeigen.

Gut 20 km entfernt in den Bergen gibt es einen dritten Ort, die Ohitayama Tatara Iron Works. Dort ist im 18./19. Jahrhundert auf traditionelle japanische Art Eisen aus Eisensand produziert worden, was in der Meirinkan sehr gut dokumentiert und mit spannenden Computersimulationen dargestellt wird. Bleibt zu hoffen, dass die anderen beiden Orte in den nächsten Jahren noch ebenso spannend erschlossen werden.

Unsere Tour ging weiter zum Shōin-Schrein, hinter dessen Entstehung sich eine dramatische Geschichte der Vor-Meiji-Zeit verbirgt. Dieser Schrein ist keiner Gottheit oder einem Fürsten gewidmet, sondern dem jungen Samurai Yoshida Shōin, der seine Begeisterung und Engagement für die Öffnung Japans mit dem Leben bezahlte. Nachdem er seit längerem das Misstrauen der Shogunats auf sich gezogen hatte, und seine Ideen (u.a. Wiedereinsetzung des Tenno als Staatsoberhaupt) in seiner Privatschule Shōkasonjuku verbreitet hatte, wurde er unter Hausarrest gestellt und 1959 im Alter von 29 Jahren hingerichtet. Die bereits erwähnten „Chōshū Five“ zählten zu seinen Schülern, und das Wohnhaus und die Shōkasonjuku-Schule sind auf dem Gelände noch zu sehen.

Da diese Heldengeschichte im grossen Taiga-Drama „Hana Moyu“ (2015) verarbeitet worden ist, scheinen Hagi und dieser Ort nochmals recht populär geworden zu sein. Der Schrein war ziemlich gut besucht, insbesondere von Gruppenreisenden.

Leider hatte sich das Wetter wieder etwas zugezogen, aber noch gab es einen letzten Programmpunkt. Der Tokō-ji-Tempel liegt 10 Radminuten bachaufwärts, und dort war alles friedlich und nur eine Handvoll Menschen war unterwegs. Interessanterweise trugen die Steinstatuen hier weisse Lätzchen.

Auf dem alten Tempelgelände befinden sich die meisten Gräber der Fürstenfamilie Mori, als diese ihren Wohnsitz in Hagi hatte (1604-1868). Der Friedhof mit hunderten von Steinlaternen ist in seiner Symmetrie und Gestaltung wirklich sehr beeindruckend, und durch die ruhige Lage im Wald herrscht eine irgendwie mythische Atmosphäre.

Auf dem Heimweg zum Hotel fing es dann leider wieder an zu tröpfeln. Sehr gerne hätten wir noch wenigstens eines von den beiden wohl interessanten Museen Hagis angeschaut, aber dazu war es bereits zu spät. Wir hätten also sicher einen Grund, nochmals nach Hagi zu kommen.  🙂

Im übrigen ist uns aufgefallen, dass es im hübschen Samurai-Viertel durchaus noch Brachflächen für Privathäuschen zu erstehen gäbe…

 

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