Ein Sonntag in Tokyo – 東京の日曜日

Das erste Sonntagsfrühstück in Tokyo erforderte etwas Improvisationstalent. Die Küche ist – bis auf den Reiskocher – westlich ausgestattet (Teller, Besteck), wir aber bereiten japanisches Frühstück zu. Also mit vielerlei Kleinigkeiten in separaten Schälchen. Nun liegt eben alles auf einem Teller. Vorteil: Es gibt weniger zum Abspülen.

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Danach konnten wir uns voller Kraft ins touristische Leben stürzen – allein, wo bzw. womit fangen wir an?? Angesichts des traumhaften Wintertags (blauer Himmel, 12°C) entschlossen wir uns für eine erste Outdoor-Session und fuhren nach Asakusa, dessen Tempel Sensō-ji eine Sehenswürdigkeit in Tokyo ist. Hier der Tobu-Bahnhof Asakusa.

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Es erwartete uns auch eine tolle Aussicht auf den neuen Stolz Tokyos, den Sky Tree, das zweithöchste Bauwerk der Erde (nach dem Turm in Dubai). Man kann dort auf 450m die Aussicht geniessen, wenn man möchte. Wir wollen das eher nicht.

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Dass uns aber in Asakusa solch ein Sonntags-Rummel erwartet, hätten wir nicht gedacht. Vielleicht waren wir aber auch nur naiv.

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Es ging etwa ähnlich zu wie auf dem Münchner Oktoberfest. Rikscha-Fahrer buhlten um Kundschaft, die Verkäufer der vielen Buden entlang der Strasse zum Tempel boten ihre obskure Ware feil, die Menge schob sich – in Betrachtung des Angebots an Reiskräckern, Spielsachen, Pilgerzubehör usw. – in Richtung Tempel. Für  mich hiess das: Tief durchatmen, es nicht eilig haben und einfach mit dem Strom treiben lassen.

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Vor dem Tempel verlief sich die Menge ein wenig. Viele machten an einigen der „Omikuji“-Buden halt, dem Lotterie-Orakel. Man schüttelt eine Box mit Stäben, dann zieht man das zufällig herausfallende Stäbchen mit einer Nummer. Die Nummer wiederum gibt eine Schublade an, dort holt man den Zettel mit seinem Orakel für die Zukunft heraus. Ist es gut oder sehr gut: Perfekt. Ist es nicht so gut oder sogar ein schlechtes Omen, falltet man den Zettel und lässt ihn am Tempel, um das Unglück zu neutralisieren. Es kann also fast nichts schiefgehen.

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Bei der Rückkehr zum Kaminarimon, dem Eingangstor des Sensō-ji, wollten wir noch ein paar Fotos machen. Was sich dort jedoch auch eingefunden hatte, waren die Propagandafahrzeuge einer rechten (oder soll ich schon sagen faschistischen?) Partei Japans. Wir waren schlichtweg entsetzt, denn der Mensch, der dort auf dem Auto seine Inszenierung vorbereitete, war wirklich gekleidet wie ein SS-Mann: ganz in schwarz, mit Reitstiefeln und einer Armbinde, die die Flagge Japans aus dem 2. Weltkrieg zeigte.

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Das sich diese Parteinen an den viel besuchten Orten am Sonntag eine Plattform für ihre Hetzreden suchen, wunderte mich eigentlich nicht. Über diese „Kampfwagen mit den Mega-Lautsprechern“ hatte ich schon gelesen. Nun waren sie halt real zu sehen, und scheinbar sind sie in Tokyo besonders zahlreich unterwegs. Für jemand aus Deutschland ein extrem befremdlicher, fast unheimlicher Anblick. Was die Japaner von ihnen halten, erschloss sich uns nicht so recht. Viel blickten – so wie wir das einschätzten – eher missmutig bzw. versuchten das nach japanischer Sitte schlicht zu ignorieren.

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Wir mochten die Reden – von denen wir sowieso nichts verstehen würden – lieber nicht abwarten und machten uns auf den Weg zum Edo-Tokyo-Museum im Stadtteil Ryogoku, ca. 30 Min. zu Fuss. Kein Problem bei diesem Sonntagswetter. Auf der Brücke hatte man nochmals einen tollen Blick auf das Head Quarter der Asahi-Brauerei mit der „goldenen Bierfahne“ von Philip Starck, dazu noch den Sky Tree.

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Das Edo-Tokyo-Museum hat eine etwas eigenwillige Architektur, in seinem inneren sind die Räumlichkeiten aber grosszügig und funktional. Wir hielten uns recht lange auf – schönes Wetter hin oder her. Es zeigt die Geschichte Tokyos (früher Edo) von seinen Anfängen ca. 1590 bis heute in all seinen Facetten: Geographie, Kultur, Wirtschaft, Bevölkerung, etc.. Wir haben wirklich einiges dazu gelernt, die Präsentationen sind gut aufbereitet und informativ – wenn auch nicht 100% auf Englisch. Besonders fasziniert haben uns die hohe Qualität der dort gezeigten Ukiyo-e-Drucke.
Was den 2. Weltkrieg anging, da wurde es dann relativ blumig – zumindest auf Englisch…

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Es war fast fünf Uhr, als wir das Museum verliessen, wir waren durchgefroren (Die Klimaanlage war eiskalt gewesen!) und hungrig. Gut, dass ich mir eine Adresse gemerkt hatte, die ganz in der Nähe lag: Die Popeye Beer Bar. Dort gibt es nämlich nicht nur das feine Bier aus Shiga Kogen (s. Blog-Eintrag vom 18.12.13) zu trinken, sondern auch noch viele andere Biere lokaler japanischer Kleinbrauereien.

Die Bierpreise sind zwar grosszügig, aber während der Happy Hour bekommt man pro bestelltem Bier auch gratis eine Kleinigkeit zu essen, z.B. Kartoffeln, ein „Japanisches Caprese“ (=Tomaten & Tofu) oder Salat aus Daikon, japanischem Rettich.
Das Bier schmeckt klasse, die Häppchen passen gut dazu und die Atmosphäre ist lebhaft, aber gemütlich. Da haben wir schon mal eine sichere Lokalität in Tokyo für uns aufgetan!

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