Am Montagabend nach unserem ersten Schultag mussten wir unbedingt das ‚Bistro Baden‘ ausprobieren. Es liegt recht zentral ganz in der Nähe des Rathauses. Schon im April letzten Jahres standen wir vor den Fenstern und drückten uns neugierig die Nasen platt. Doch das Lokal eröffnete seinen Betrieb erst Mitte/Ende April. Nun ja, deshalb waren wir umso gespannter auf alles.
Es bietet eine erstaunliche Auswahl an Freiburger Weinen an. Beim Essen wird die Zusammensetzung aber etwas weniger badisch: Pizza, Pasta, Bratwürste, belegte Brote und Desserts. Die Japaner lieben italienisches Essen, vermutlich wäre die badische Küche doch etwas zu speziell …
Als wir das Bistro gegen 18 Uhr betraten, war nur ein Tisch besetzt, und wir fragten uns, ob das Konzept im ‚kleinen‘ Matsuyama wirklich läuft. Es wurde dann aber noch voller. Circa 80% der Gäste waren übrigens junge Frauen. Wein tranken allerdings nicht so viele.
Thom und ich kamen beim Lesen der Karte ins Schwitzen: Natürlich rein Japanisch. Katakana, also die Silbenzeichen (46 Stück), mit der ausländische Wörter geschrieben werden, können wir zwar lesen, aber dann muss man erstmal scharf nachdenken, was denn die Silben ausdrücken sollen. Das ist manchmal ziemlich phantasievoll. Beispielsweise シュペートブルグンダ heisst gelesen shu-pee-to-bu-ru-gu-n-da, also Spätburgunder. Das ist eine der leichteren Übungen.
Die Entscheidung fiel dann – mit Hilfe des netten Kellners – auf einen Riesling Kabinett 2007 vom ‚Stiftungsweingut Freiburg‘ (auf Katakana der helle Wahnsinn).
Bei der Auswahl eines Weins sollte man vorsichtig sein, denn viele Japaner lieben eher die süsseren Weine; daher gibt es auf der Karte auch recht viele Auslesen. Immerhin können wir jetzt schon locker mitteilen, dass wir beim Wein lieber die trockenen Tropfen bevorzugen.
Beim Essen standen wir vor dem nächsten Problem: die Speisekarte. Zwar hätten wir diese – dank der vielen nicht-japanischen Gerichte – nach und nach entziffern können, aber es hätte vermutlich 3 Stunden gedauert. Auf unsere Bitte las uns der Kellner die Speisen vor, und somit ging alles schnell. Beide bestellten wir je einen Salat und eine Portion パスタ– pa-su-ta.
Der Wein kam in einem Kühler und schmeckte ganz ordentlich. Die Flasche kostet übrigens JPN 3400, umgerechnet CHF 41.00 bzw. EUR 30.00. Ein recht stolzer Preis, aber eigentlich noch durchaus bezahlbar wenn man sich überlegt, welchen Weg der Wein hinter sich hat. Und verglichen mit dem, was man in den japanischen Kaufhäusern angeboten bekommt (Liebfrauenmilch …), und auch gegenüber dem, was man in Zürich im Lokal bezahlt, fanden wir es nicht zu überrissen. Der Spass war es uns jedenfalls wert.
Das Essen ist dagegen durchaus preiswert, wie überall in Japan, wenn man nicht gerade japanische Haute Cuisine wählt.
Interessanterweise bekamen wir zum Besteck einige kleine japanische Plättchen hingestellt. Zuerst wussten wir nicht wirklich, was wir damit anfangen sollten. Des Rätsels Lösung zeigte die Gruppe am Nachbartisch: Teilen und probieren.
Wir hatten natürlich ganz ?normal? zwei Salate und zwei Pastagerichte (also jeder eins) bestellt. Thom legt ja immer grossen Wert auf „seinen“ Teller. 🙂
Bei den Japanern läuft das anders: Essen zwei und mehr Personen zusammen, kommen alle bestellten Teller (Pasta, Salate, Pizza) in die Mitte, und jede(r) nimmt sich davon etwas auf seinen/ihren kleinen Teller. Man isst auch gewohnheitsmässig mit Stäbchen ? ausser die Pizza.
Und wenn man sich einen Teller Pasta zu viert oder sechst teilt, muss natürlich darauf geachtet werden, dass jede(r) etwas von der Sauce abbekommt. Das erklärt vielleicht auch die unglaubliche Portion Knoblauch in meiner Pasta Aglio e Olio (アリオ・オリオ・ペペロンチィーノ = a-ri-o-o-ri-o-pe-pe-ro-n-chii-no). Das war nahezu kriminell. Am nächsten Tag durfte ich jedenfalls ziemlich viele Pfefferminzbonbons lutschen …
Dass wir übrigens keine Stäbchen bekamen, fanden wir fast etwas diskriminierend … 😉
Die Kamera hatte ich leider nicht dabei, daher gibt es keine Bilder. Aber das Bistro hat eine Website, und man bekommt dort einen guten Eindruck. https://www.bistro-baden.com.