Mittwoch planten wir einen Ausflug ins nahegelegene Uji (宇治), ca. 30 Zugminuten südlich von Kyoto liegend. Uji ist die Hauptstadt des Teeanbaus und der Matcha-Produktion (gemahlener Grüntee) in der Region Kansai. Nichts wie hin, wir hofften auf eine traumhafte Auswahl an Matcha-Leckereien. 🙂
Das Bahnunternehmen Keihan, brachte uns von Kiyomizu-Gojo direkt dorthin. Der futuristische Keihan-Bahnhof in Uji hat uns dann erstmal überrascht.
Hauptsehenswürdigkeit in Uji ist ein wunderschöner Tempel ganz im Heian-Stil, der Byōdō-in (平等院), ebenfalls Unesco-Weltkulturerbe, wie so viele der Tempel in und um Kyoto.
Von der sogenannten Phönix-Halle mit der Amida-Buddha-Statue aus dem 11. Jahrhundert, sowie das sehr schön gestaltete, informative Museum im Park des ehemaligen Tempels waren wir wirklich beeindruckt.
Und im Gegensatz zu Kyoto, wo sich die Touristenmassen auf die Füsse treten, war es in Uji angenehm ruhig. Und selbstverständlich haben wir dann noch Tee eingekauft.
An der Strasse zum Tempel säumen entsprechende Geschäfte den Weg: Grüntee-Geschäfte, Matcha, Matcha-Süssigkeiten und dazwischen noch einige Restaurants, in denen man Soba-Matcha-Nudeln essen kann. Nur die Leckereien haben mich dann etwas enttäuscht: Mein Favorit ist die Kuchen- und weniger die Mochi-Variante, also Süssigkeiten aus Reiskuchen bzw. –teig. Und ersteres gab es nur sehr wenig.
Wie angekündigt fing es dann irgendwann an zu regnen. Aber wir waren gut gewappnet mit den Schirmen aus dem Appartement, die zur Ausstattung gehörten. Da bis zum Mittagessen noch Zeit war, spazierten wir über die Brücke auf die andere Flussseite zum Ujigami Schrein, ebenfalls, wenn auch in bescheideneren Dimensionen, ein Weltkulturerbe (wieviel gibt es davon eigentlich in Japan??).
Dort war gerade eine traditionelle Hochzeit, und nachdem der Kimono der Braut sorgsam geordnet und sie vorsichtig die Stufen heruntergegangen war, konnte fotografiert werden. Zum Schluss gab es auch noch ein sorgfältig aufgestelltes Familienfoto.
Um den Felsen herum war wieder ein Seil gewickelt, das konnten wir noch nachvollziehen. Aber was die links und rechts vom Schreinsaufgang aufgehäufelten Sandburgen bedeuteten, erschloss sich uns leider nicht. Immer wieder bleiben viele Fragen offen.
Wieder zurück in der Einkaufsstrasse assen wir in einem kleinen Familienbetrieb dann besagte, frisch produzierte Matcha-Soba-Nudeln. Dazu gab es Inari-Sushi die ebenfalls mit Sobanudeln (statt Reis) gefüllt waren. Schmeckte super! 😉
Das kleine Restaurant war rappelvoll, wir hatten Glück und bekamen noch zwei Sitze an der Theke. Offenbar steht das Lokal in irgendwelchen japanischen Reiseführern als „the place to go“, an dem man diese Nudeln essen muss.
Für unser nächstes Ziel wählten wir dann JapanRail: Zurück nach Kyoto, dort Umstieg in den Zug Richtung Osaka und Ausstieg in Yamazaki bzw. Oyamazaki (Asahi Oyamazaki Villa“ (アサヒビール大山崎山荘美術館) mit eine Anbau von – na wer wohl – Tadao Ando. Es goss inzwischen in Strömen, und wir waren froh, dass es einen Bus-Shuttleservice vom Bahnhof gab. Der Weg ist zwar nicht weit, führt aber ordentlich bergauf, und bei dem Wetter habe ich mir – als eher wasserscheue Natur – das gerne erspart.
). Thom hatte dort ein kleines Museum entdeckt, die „Das Haus, erbaut in englischem Stil mit einem wunderschönen Garten (den wir leider nicht richtig besichtigen konnten), gehörte dem ehemaligen Firmenchef des Asahi-Bier-Konzerns. Im Andenken an ihren ehemaligen Chef kam die Firma für die Renovation und den Ausbau auf. Zu sehen sind – neben Räumlichkeiten und Garten – die Sammlung von Kunstgegenständen und eben, in einem Ando-Anbau, wieder einmal drei Seerosenbilder von Monet (wir wundern uns immer, wie viele es davon gibt…) und drei weiter Gemälde französischer Impressionisten. Ehrlich gesagt: Viel Wirbel um die sechs Gemälde und etwas Geschirr, aber letztendlich war mal spannend, das zu sehen. Fotos gibt es leider nicht, denn fotografieren im Haus war natürlich streng verboten. Und Aussenaufnahmen mussten wir wegen des Regens ebenfalls streichen.
Yamazaki hatte dann noch eine Sehenswürdigkeit, zu der wir zwar hinliefen, aber es gab leider kein Besuchsprogramm: Die Suntory Yamazaki Whisky Destillerie.
Es hat sich unter Interessierten ja schon herumgesprochen, dass die Japaner inzwischen sehr guten Whisky herstellen. Wir gehören nicht unbedingt zu den Whisky-Fans, aber der Herstellungsprozess ist interessant, und meine Hoffnung war, dass man das ähnlich wie in den schottischen Distillerien anschauen könnte. Aber leider: Es waren Betriebsferien. So schade. Naja, immerhin standen wir mal davor und konnten uns einbilden, ein bisschen Whisky zu riechen. Es dampfte auch wirklich aus einigen Fenstern heraus. Spannend war aber, dass sie dort eine Whisky-Bibliothek haben. Für manche Bibliothekare vielleicht ein Traumjob?? 😉
Für den Rückweg wählten wir – nach Keihan und JR – eine weitere Zugsgesellschaft im Kansai-Gebiet: Hankyu Railway, die uns praktischerweise direkt zurück nach Shijo Kawaramachi brachte, also fast bis vor die Haustüre.
Das Streckennetz zwischen Japan Rail und den vielen Privatunternehmen ist in den Ballungsgebieten fast unüberblickbar. Allein im Raum Kansai (Kyoto-Osaka-Kobe) gibt es mindestens sechs Unternehmen, die ihre eigenen Streckennetze betreiben und sich entsprechend konkurrenzieren. Kompliziert, denn es gibt kein flächendeckendes Bezahlsystem. Für jede Gesellschaft muss man stets separat ein Ticket lösen bzw. bezahlen, es sei denn, man nutzt die bargeldlosen Zahlkarten (z.B. ICOCA oder in Tokyo SUICA oder PASSMO). Als Tourist muss man dagegen ständig zum Automaten flitzen. Der Kauf einer Karte hätte sich für diese paar Tage aber kaum gelohnt. Und Stress hat auch kaum, denn die Züge, S- und U-Bahnen fahren zum Glück alle paar Minuten. Das sähe bei Halbstunden- bzw. Stundentakt gehörig anders aus.
Wieder in der Stadt angekommen kauften wir uns noch Abendessen, und drängelten uns mit halb Kyoto im Lebensmittel-Untergeschoss des Kaufhauses Takashimaya. Es war ja der 23. Dezember, und auch wenn in Japan Weihnachten nicht wirklich gefeiert wird: was Feines zu Essen darf es an diesen Tagen wohl schon geben.