Ausflug St.-Jean-Pied-de-Port

Mittwoch, 22.8.2018
(Fahrtstrecke 34 km, Zeit 2:37 h, Schnitt 13 km/h, Höhenmeter 517m)

Mit dem öffentlichen Nahverkehr in Frankreich ist es ja gelegentlich so eine Sache. Der Abbau des Service publique in den letzten Jahrzehnten hat die Franzosen zu äusserst überzeugten Auto- bzw. Vielfahrern gemacht. Immer mehr lokale Zug- und Busverbindungen wurden gestrichen bzw. existieren gar nicht mehr. Viele Orte oder Sehenswürdigkeiten erreicht man ohne Auto überhaupt nicht mehr. Ein Spirale, die sich so in eine unheilige Richtung dreht: Je schlechter der öffentliche Verkehr, desto weniger Fahrgäste, desto mehr wird aufs Auto ausgewichen. Irgendwann gibt es nur noch zwei bis drei Verbindungen pro Tag – völlig nutzlos. Irgendwann wird die Streckenverbindung ganz eingestellt. Eine fatale Entwicklung.

So auch die Bahnverbindung von Bayonne nach St. Jean-Pied-de-Port, immerhin einer der wichtigen Startpunkte für den Jakobsweg, den Pilgerweg nach Santiago de Compostela in der Gegend. Es fahren pro Tag vier (!) Züge: Der Erste um 7 Uhr, dann erst wieder um 12 Uhr und noch zwei am späten Nachmittag bzw. Abend. Schon etwas dünn für einen der pitoresktesten, touristischsten Orte der Gegend. Für uns hiess das: Ziemlich früh aufstehen, wenn wir etwas vom Tag haben wollten. Geplant war die Ortsbesichtung mit kleiner Velotour durch die Berge, daher standen wir pünktlich für den ersten Zug am Bahnhof. Für ein Morgenstimmungsfoto am Adour hat es auch noch gereicht.

Wenigstens ein Pluspunkt konnten/können wir dem TER geben: Es gibt wie üblich Gratis-Plätze fürs Velo. Allerdings nicht ganz viel Platz für Fahrräder unserer Dimensionen. Die Schaffnerin guckte etwas erstaunt, da sie sich da durchzwängen musste. Sie blieb aber friedlich – ging ja nicht anders.

Der Andrang im Zug hielt sich – aufgrund der frühen Uhrzeit? – in Grenzen, aber einige tapfere Frühaufsteher waren da, auch einige Pilger, unschwer erkennbar an ihren grossen Rucksäcken. Die hatten wohl noch etwas Weg bzw. Camino vor sich.

Es war 8:30 Uhr, und der Ort wirkte noch recht verschlafen. Da die Geschäfte noch allesamt geschlossen waren, kletterten wir zuerst auf der alten Festungsmauer herum. Der Frühnebel zog sich noch an den Bergen entlang. Eine hübsche Stimmung.

In jedem zweiten Haus schien sich eine Pilgerherberge zu befinden, alternativ ein Pilgerladen mit allerlei Zubehör für die Pilgerweg-Gänger.  In einem konnten wir selbstverständlich auch eine detailliertere Landkarte für die geplante Velotour erstehen.

Espadrilles gibt es selbstverständlich auch – Erholung für müde Pilgerfüsse?

Wir suchten zuerst einmal ein Café und anschliessend die örtliche Käserei mit Käsemuseum auf, um uns bezüglich des „Brebis basque“, des baskischen Schafskäses kundig zu machen. Den kann man inzwischen auch in unseren Breiten kaufen (z.B. Petit-Basque, Etorki, etc.), aber natürlich ist echte „Fermier-Qualität“ was anderes.

Zurück im Städtchen waren wir überrascht: Der Touristenrummel begonnen! Offenbar kommt dieser erst ab 11 Uhr so richtig in Fahrt.

Also nichts wie raus aus den Gassen, die wir sowieso abgelaufen hatten, und hoch zur Festung. Ja, auch in diesem kleinen Örtchen hat Vauban eine Festung errichtet. Wir würden zwar keine Zeit haben, ihr einen ausführlichen Besuch abzustatten, aber wenigstens wollten wir noch von oben runtergucken. Der Ausblick nach kurzem, steilen Aufstieg lohnt sich.

Wieder unten im Ort war es bereits 12 Uhr. Zeit, uns auf unsere Räder zu schwingen.

Die geplante Tour war an sich nicht lang – gemäss GoogleMaps. Aber zum einen befanden wir uns schon in den Ausläufern der Pyrenäen (einige Höhenmeter wollten bewältigt werden) und wir wollten auch noch im nächsten Ort Saint-Étienne-de-Baïgorry etwas zu Mittag essen.  Der entscheidende Punkt war jedoch, dass wir unser Ziel Bidarray nicht zu spät erreichen durften, um ja nicht den (letzten) Zug zurück nach Bayonne zu verpassen.

In der Talebene war es ziemlich schwülwarm, und im kleinen ländlichen Ort Irouléguy legten wir einen kurzen Stop ein. Das Landleben nahm uns dort kurz in seinen Bann: krähende Hähne, gackernde Hühner, Kühe,und ein kleines Rudel munterer, sehr herziger Ziegen…

Und immer wieder hätte es Gelegenheit gegeben, Brebis von der Ferme zu kaufen. So gemein, dass wir keinen mitnehmen konnten. Schluchz!

Zum Glück hatte der gut besuchte Gasthof iSaint-Étienne-de-Baïgorry noch ein Plätzchen für uns. Gut gesättigt kurvten wir noch eine Runde durch den Ort.

Man sieht es nicht so gut, aber unterm Dach hängen – in Leinensäcken – jede Menge Schinken zum Lufttrocknen – Jambon de Bayonne. Auch eine baskische Spezialität, aber nicht für uns. 🙂

Die „Pont romain“ ist vermutlich nicht aus der Römerzeit, wird aber so genannt, und ist sicher auch sehr alt. Fotogen allemal.

Für die Fortsetzung der Tour hatten wir uns anhand der Karte einen Weg abseits der Hauptstrasse ausgeguckt. Die Orientierung war nicht ganz leicht, denn es gab auf diesen kleinen Bergsträsschen kaum irgendeine Beschilderung, höchstens zu grösseren Höfen. Somit mussten wir an fast allen Kreuzungen sicherheitshalber halten und in die Karte schauen.

Durch die Hitze und im Kessel des kleinen Flusstals war das stete Bergauf recht anstrengend. Einem Teil der Schafe war es wohl ebenfalls zu warm, sie lagen wie tot auf der Wiese…

Immerhin begegneten wir dann endlich mal zwei echten Pottoks.
Diese beiden baskischen Pferdchen hier waren aber nicht halbwild, sondern brav eingezäunt auf einer Weide. Eines liess sich sogar die Nase streicheln.

Erst nach zwei Stunden erreichten wir Bidarray. Die Zeitangabe von GoogleMaps war ein bisschen optimistisch, zumindest für uns. Die (nur) 400 Höhenmeter hatten uns mächtig ausgebremst, dazu noch die ständigen Kontrollblicke in die Karte…

Nun wäre ein kühles Bier toll gewesen, aber nein, der nächste, vorletzte Zug des Tages kam doch tatsächlich in 10 Minuten. Unmöglich, ihn fahren zu lassen. Das Bier würde es dann zuhause geben. Unser Kühlschrank war zum Glück gut gefüllt. 🙂

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