Atsui desu ne … – Hitze und Sonnenschutz

Derzeit erlebt Mitteljapan eine Hitzewelle, die auch für hier ungewöhnlich ist. Die letzte Zeit wurden einige Hitzerekorde gebrochen (Nagoya über 38°C, Matsuyama über 36°C). Aber es müssen ja nicht immer Hitzerekorde sein. Es ist einfach immer warm. Immerzu 34°C – 36°C. Auch bei Bewölkung. Das ist dann fast noch unangenehmer, denn dann ist es gleich viel schwüler (mushiatsui = feuchtheiss).
Nachts ‚kühlt‘ es auf ca. 28°C,  doch da haben wir dann das Problem mit unserer gut gewärmten Wohnung. Also leben wir in der ventilatorbewegten Permanentsauna.

Wir haben gut zwei Wochen gebraucht, um uns an die Dauer-35°C zu gewöhnen. An was man sich nicht gewöhnt, ist, dass die Haut permanent mit einem Schweissfilm überzogen ist, der sich bei der geringsten Anstrengung sofort potenziert und ins Rutschen gerät. „Panta rhei“ wörtlich genommen: Alles fliesst … Auch das Wort ’schweissgebadet‘ hat nun eine plastischere Bedeutung bekommen.
Immerhin hat man dann gleich ein nettes Thema, damit ein Gespräch begonnen werden kann. „Atsui desu ne …“ – Es ist heiss, nicht? – sind freundliche, neugierige Kommunikationsversuche mit dem/der in der Sonne stehenden Nicht-JapanerIn. Und schon kann ein bisschen geplaudert werden.

Das Tröstliche für uns: Auch die Japaner schwitzen, wenn auch dezenter. Vor allem hat man hier andere Tricks auf Lager, um es gar nicht soweit kommen zu lassen.

Zuerst einmal schützt man sich vor der Sonne an sich, insbesondere die weibliche Bevölkerung. Das japanische Schönheitsideal sieht helle Haut vor. So tragen die Damen – auch wenns heiss ist – langärmelige Kleidung und sogar Handschuhe. Der Sonnenschirm ist hier bei jungen und alten Frauen ein wichtiges Accessoire bei Sommerwetter. Analog zu unseren Regenschirmen gibt es ihn als Taschen- oder Stockschirm in vielen Farben.

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Ich war versucht, mir ebenfalls einen zuzulegen, es scheiterte aber an meinen Dimensionen. Bis 160 cm Körpergrösse sieht so ein Durchschnitts-Sonnenschirm noch ganz nett aus. Ab 170 cm sprengt es die Verhältnisse, und die sonst sehr höfliche Verkäuferin bringt da auch nur noch ein gequältes Lächeln zustande.
Sonnenhüte sind ebenfalls sehr beliebt, dies kennt man ja auch von den japanischen TouristInnen, die in Europa unterwegs sind.

Männer dürfen dagegen Farbe, d.h. Bräune zeigen, und hier ist auch eher die Lösung des Schweissproblems gefragt. Es ist – im Freizeitlook – z.B. salonfähig, mit einem Frotteehandtuch um die Schultern herumzulaufen. Auch die Frauen haben kleine Frotteetüchlein dabei, mit denen sie sich dezent das Gesicht und den Hals abtupfen.

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Beim Velofahren war uns die Variante ‚Velofahren mit Schirm‘ bereits bekannt. Es gibt in Japan aber auch spezielle Halterungen für den Sonnen- bzw. den Regenschirm. Ist ja auch viel sicherer.

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Und wir haben noch eine zusätzliche Sonnenschutzvariante entdeckt. Beinstulpen waren mir ja bisher bekannt, aber dass es überlange Handschuhe bzw. Armstulpen für den Sommer gibt, war mir neu. Die sind vor allem bei Velofahrerinnen zu sehen.

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Tja, bei diesen Präventionsmassnahmen klatschen europäische Hautärzte vermutlich begeistert Beifall. Und die Sonnencremeindustrie macht ein langes Gesicht. Es ist völlig zwecklos zu versuchen, irgendeine Art von Creme bei dieser Schwitzerei auf die Haut zu bekommen. Nach zwei Versuchen habe ich es aufgegeben.

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