Nach etwas über zwei Jahren – genauer gesagt 105 Wochen 🙂 – sind wir wieder in Japan unterwegs. Angesichts des ziemlich unterirdischen Herbst-Wetters fiel uns der Abschied von Zürich mehr als leicht. Immerhin gab es eine kleine Regenpause, als wir gegen 11 Uhr mit unserer Lieblings-Fluggesellschaft Finnair gen Helsinki abhoben.
Dort war das Wetter auch nicht viel besser… Immerhin vergingen die 2,5h Wartezeit rasch, und schon sassen wir im nächsten Flugzeug.
Bewährt hat sich auf der Langstrecke erneut der Aufpreis für die Economy-Comfort-Plätze, mit viel Beinfreiheit und direkt hinter der Business-Klasse, sozusagen auf der Tragfläche sitzend. Hier konnten wir unsere Beine während der 9,5 Stunden Flugzeit zwar nicht gänzlich strecken, aber immer mal wieder die Wand vor uns hochlegen. Und kein Vordermann/keine Vorderfrau schiebt uns seinen/ihren Sitz ins Gesicht.
Wie vertreibt man sich dann die Flugzeit? Das Rezept 2017 war: Abendessen, dann ein langer Film zwischen Moskau und dem Polarkreis (Thom liest lieber in seinem Buch), und dann mehr oder weniger gelungene Schlafversuche. Man wird ja nicht jünger, und der Jetlag setzt einem doch ziemlich zu, wenn man es nicht wenigstens versucht. Ergo döst man dann so vor sich hin, und wacht irgendwo über der Mongolei wieder auf. Bald darauf wird es hell, man kann über China den Sonnenaufgang bewundern, frühstückt dann zwischen Peking und Korea und bekommt mit etwas Erleichterung mit, dass der Pilot einen ordentlichen Bogen um Nordkorea herumfliegt (was schon mal anders war). Und eine Stunde später kann man dann noch die beiden grossen Inseln Shodoshima und Awaji-shima von oben betrachten, auf denen man vor zwei Jahren unterwegs war, bevor man kurz danach in Kansai Airport wieder festen, japanischen Boden unter den Füssen hat. Wobei fest ja hierzulande etwas relativ ist…
Dort war wieder einmal mächtig was los. Sehr viel. Eine ewige Schlange von Deutschen (Lufthansa Boeing 737 vor uns…) und vor allem unglaublich viele koreanische Touristen. Immerhin hat die Immigrationsbehörde das Verfahren beschleunigt, und es gibt jetzt die Vorerfassung der biometrischen Daten (Fingerabdrücke und Foto), bevor es zur eigentlichen Kontrolle geht. Immerhin können wir schon ganz routiniert durch das ganze Getümmel wandern und unsere Fragebögen richtig ausfüllen. Beim Beamten konnte ich dann verstohlen einen Blick auf das Computersystem werfen, indem inzwischen eine ordentliche Galerie meiner Immigrationsfotos archiviert ist. Da wird ja der Alterungsprozess gnadenlos mitdokumentiert…
Nach 45 Minuten waren wir dann durch und ab ging‘s zum Gepäckband, wo unsere Koffer plus Birdys brav aufgereiht auf uns warteten. Schnell zum Nachbargebäude und dem Airport-Bahnhof, wo wir am Automaten einen Fahrschein direkt nach Shin-Yamaguchi lösen konnten.
Die Billetautomaten sprechen netterweise auch Englisch. Wie gemutmasst quoll auch der dortige JR-Schalter über, und wir hätten wohl sehr lange warten müssen. So erwischten wir noch den zuvor recherchierten Zug direkt nach Shin-Osaka und nach 50 Minuten Fahrzeit mit dem Schnellzug „Haruka“ auch gleich den geplanten Anschluss-Shinkansen „Sakura“ nach Shin-Yamaguchi.
Eigentlich sollte die Fahrt mit dem japanischen Hochgeschwindigkeitszug ja ein Highlight einer Japan-Reise sein. Zumindest wird das immer so angepriesen. Für uns ist das Shinkansenfahren inzwischen aber eine eher langweilige Sache. Gut, es ist wirklich superschnell und praktisch, aber letztendlich ist es nichts anderes als eine U-Bahn-Fahrt durch Japan bei 300 Stundenkilometern. Man sieht ziemlich wenig von der Landschaft, weil der Zug alle paar Kilometer in seeehr langen Tunnels verschwindet. Streckenweise mag es vielleicht weniger schlimm sein. Aber alle, die etwas vom Land sehen möchten, sollten lieber mehr Zeit und langsamere Züge wählen.
In Shin-Yamaguchi mussten wir noch ein letztes Mal in den Lokalzug nach Yuda Onsen umsteigen. Sehr nach unserem Geschmack! Schon am Bahnhof setzte die Gemächlichkeit ein. Ein One-man-Dieselzug brummelte auf dem Gleis vor sich hin, Schulkinder und ältere Leute machten es sich bequem, und in gemütlichem Tempo ging es von Bahnhof zu Bahnhof bis Yuda Onsen, unserer ersten Basisstation, wo unsere Lehrerin und Freundin Imai-san uns schon erwartete.
Natürlich gab es erst einmal ein grosses Hallo und „O hizashiburi desu ne“ (=lange nicht gesehen), bevor wir uns dann ans Auspacken der Birdys machen mussten, um sie den knapp zehnminütigen Fussweg ins Hotel mitschieben zu können.
Böse Überraschung: Mein armes kleines Velo ist vom Flughafenpersonal mal wieder übelst behandelt worden . Was auch immer passiert ist: Ein Teil des hinteren Schutzblechs war so verbogen, dass es den Reifen einklemmte, und wir es ablösen mussten. Und da das ein spezielles Birdy-Teil ist, ist es umso blöder. Also nach dem Check-in im Hotel und einer schnellen Dusche erstmal zum nächsten Velogeschäft, wo wir dann einen mehr oder weniger tauglichen Ersatz erhielten. Immerhin kann ich fahren, das ist das Wichtigste. Wenn es mal ganz ernst wäre, wären wir aufgeschmissen.
Imai-san hatte sich im gleichen Hotel ein Einzelzimmer genommen. Das Hotel Kiraku ist ein ordentliches Business-Hotel mit etwas angejahrtem Charme, jedoch alles sauber und funktionstüchtig. Wir haben ein für japanische Verhältnisse sensationell grosses Doppelzimmer (25qm!), das Frühstück ist inklusive und vor allem: Es gibt ein heisses Thermalbad im EG. Das muss schon sein, denn erstens sind wir in einem Badeort, und zweitens wollen wir uns dieses japanische Vergnügen ja möglichst oft gönnen. Allein schon als Erkältungsprophylaxe. Wobei uns Japan mit sehr angenehmen 18°C und strahlendem Sonnenschein empfangen hatte.
Zum Auftakt hatte Imai-san einen Tisch in einem lokalen Restaurant reserviert. Wie hier so üblich sassen wir in unserem eigenen kleinen Séparée, wo wir hemmungslos in japanischen Köstlichkeiten plus Bier schwelgten.
Neben Gemüse und gebratenem Fisch war vor allem das Sashimi unglaublich lecker. Herrlich, die guten und frischen Sachen nach 2 Jahren Abstinenz! Diese Japan-Diät wird uns die nächsten 4 Wochen sicher nicht schaden.
2 Responses to Wieder in Japan – in Yuda Onsen (湯田温泉)