Akita – 秋田

Nach dem kleinen Abstecher in ländliche Umgebung lagen nun vier Tage in Akita vor uns. Vielleicht etwas grosszügig für eine Stadt mit ca. 330’000 Einwohnern und ohne wirklich bahnbrechende Sehenswürdigkeiten. Aber genau deswegen wollten wir ja hin. Zumal wir auch Praktisches zu erledigen hatten. Ein Waschtag war notwendig, und Päckli schicken (was megakompliziert geworden ist, aber dazu ein andermal).

Also bestiegen wir in Kakunodate den Zug um 10 Uhr in Richtung Akita mit Umstieg in Ōmagari. Wie immer wählten wir die Lokalzüge, die Fahrt dauert dann gut 70 Minuten. Akita empfing uns sehr freundlich mit Hunde-Maskottchen im Bahnhof.

Unser Hotel, ein neues «Daiwa Roynet» lag nur einen Steinwurf entfernt, dazwischen gab es ein Kaufhaus, und in der Verbindungspassage zwischen Bahnhof und Kaufhäusern fand an diesem Samstag ein Spezialitätenmarkt mit lokalen Lebensmitteln ab. Als Verkäufer:innen waren sowohl Schüler:innen als auch die Produzent:innen selbst anwesend.

Alle grüssten uns freundlich, und wir versprachen, gleich wiederzukommen, denn wir mussten uns erstmal von unserem Gepäck-Ballast befreien und diesen im Hotel abgeben. Der Check-in im Hotel war ab 14 Uhr möglich, unsere Velos fanden Platz im Veloparkhaus gleich in der Nähe.

Dann konnten wir die Einkaufstour starten, denn schliesslich wollten wir unseren Lehrer:innen in Matsuyama ein hübsches Tohoku-Akita-Omiyage-Paket zusammenstellen. Wir fanden viele leckeren Sachen, die wir kennengelernt hatten (.z.B. geräucherte Daikon-Tsukemono). Die beiden Päckchen würden wir in den nächsten Tagen abschicken.

Für unsere grössere Wäsche braucht es in Japan selten einen Waschsalon, denn fast alle Hotels bieten Münz-Waschmaschinen und -Trockner an.  Und inzwischen sind diese sogar vernetzt, zumindest in den neueren Hotels wie unserem: Via Hotelinfoseite auf dem Fernseher kann man die Belegung der Waschmaschinen checken und die verbliebene Zeit kontrollieren. Very smart!

Was seit neuestem auch abgefragt werden kann ist der «Füllstand» der Bäder. In Hirosaki hat uns das doch das ein oder andere Mal von einem Besuch absehen lassen, wenn es gar zu voll war.

Was gab/gibt es in Akita alles zu sehen? Zum einen mussten wir natürlich dem «Akita Museum of Art», in einem Gebäude von Andō Tadao, dem berühmten Architekten mit seinem gut erkennbaren (Beton-)Stil, einen Besuch abstatten. Zu sehen sind dort Werke verschiedener japanischer Künstler in westlichem Stil. Fotografieren war – bis auf den Eingangsbereich und im Café – streng verboten. Leider gab es auch kein WLAN, so dass wir die Texte nicht lesen konnten und somit alles etwas undurchsichtig blieb.

An jenem Tag fand neben dem Museum auch eine kleine Open Air-Veranstaltung statt, und die Taiko-Trommler trugen leicht furchterregende Masken, während sie zur Begeisterung der Leute ihr Bestes gaben. Die Stimmung jedenfalls war prächtig.

Gleich daneben liegt der Senshū Kōen, der Schlosspark mit seinem grossen, beeindruckenden Lotos-Teich. Zeit für ein Selfie (da ein Selfie-Ständer herumstand). 😉

Auf der höchsten Ebene des Parks, von dem aus man zumindest zu ein, zwei Seiten einen hübschen Ausblick auf die Stadt hat, steht noch ein rekonstruierter Wachturm, der das kleine, interessante Museum zur Stadtgeschichte beherbergt. Englische Übersetzungen sind rar, aber mit Hilfe von Google Translate liessen sich etwas mehr Informationen aus den japanischen Texten abrufen.

Es gibt zudem einen kleinen Fushimi Inari Schrein (sehr dekorativ mit den roten Torii) sowie noch ein grosses Haupttor.

Auf der grossen Wiese etwas weiter unten sassen einige junge Frauen unverdrossen beim herbstlichen Picknick, obwohl es an diesem Tag nicht unbedingt warm und sonnig war. Wie wir wieder bemerkten, haben die Japaner:innen einfach ein anderes Temperaturempfinden, bzw. scheinen nicht so verweichlicht wie wir.

Und wir konnten im Schlosspark auch nochmals einen Akita-Inu anschauen, auf den man in der Präfektur einfach sehr stolz sind. Wobei das auch ein etwas zweifelhaftes Vergnügen ist, denn ein Akita-Hund wartet dort geduldig in einem Käfig unter den wachsamen Augen des Herrchens und der Aufpasserinnen auf die Besucher:innen. Das Naturell des Hundes scheint dies zu erleichtern, zumindest war auch dieses Tier nicht aus der Ruhe zu bringen. Zum Glück.

Ein Stolz der Stadt (und ein Kulturdenkmal) ist das etwas weiter Richtung Westen (im Kneipenviertel Ōmachi) liegende «Akarenga-kan», ein Gebäude aus der Meiji-Zeit, erbaut 1912 aus rotem Backstein. Ursprünglich war es eine Bank, und die ehemalige Schalterhalle ist noch gut erkennbar. Neben dem Gebäude gibt es noch einige kleinere Kollektionen an Kunsthandwerk zu sehen.

Beim Kauf des Eintrittstickets hat man die Wahl zwischen «Einfach» oder «Kombi». Wir wählten das Kombi-Ticket, das auch noch für die «Neburinagashi-Kan», dem Akita City Folk Arts Center gültig ist. Dort erfährt man alles über den lokalen Brauch bzw. das Akita Kanto Matsuri. Bei diesem Fest balancieren (hauptsächlich) Männer 12 Meter hohe Bambusstangen mit 46 Lampen auf ihrem Körper, was in einem Videofilm eindrücklich gezeigt wird. Der freundliche Volonteer Guide erklärte uns, dass die jungen Männer dies seit ihrer Jugend in Klubs trainieren würden. Das macht es aber nicht einfacher… 😉

Jedenfalls verstanden wir danach endlich, was es mit den Darstellungen auf den Kanaldeckel der Stadt auf sich hatte. Dies ist übrigens ein hübscher Brauch in den japanischen Städten, die Kanal- bzw. Gullydeckel mit lokalen Eigenschaften oder Sehenswürdigkeiten auszuschmücken. Wir haben schon viele fotografiert, aber leider nicht immer konsequent genug. Unsere Sammlung wäre bereits enorm. 😊

Gleich neben dem herben Zweckbau der Neburinagashi-Kan aus den 70er Jahren befindet sich noch ein bewundernswert erhaltenes altes, traditionelles Stadthaus der Familie Kaneko aus der späten Edo-Zeit. Eine Besonderheit ist der grosse Wasserbehälter auf dem Dach. Brandschutz der früheren Art.

Am Abend fanden wir im gleichen Stadtviertel auch eine Sake-Bar, in der wir endlich mal einige sehr schöne trockene Akita-Sake probieren konnten. Natürlich mit leckeren kleinen Häppchen.

Ein weiteres interessantes Museum besuchten wir dann am nächsten Tag, das Mineral Industry Museum der Akita Universität, gleich neben dem Campus am Wald gelegen. Auch hier wurden wir gleich mit einer Bärenwarnung konfrontiert, mit dem Bild der reissenden Bestie sogar eher von der unheimlichen Art… Zur Sicherheit war sogar die automatische Öffnung der Eingangstüre abgeschaltet. 😐 Das heisst, es war ernst.

Auch wenn wir nicht viel von Mineralien und den vielen Varianten bei den Steinen verstanden haben, war die Sammlung sehr faszinierend anzuschauen. Wobei die Erwartung von Thom, Ausführlicheres über den Bergbau in Akita zu erfahren (siehe Blogbeitrag eher enttäuscht wurde.

Last but not least gibt es dann noch das Akita City Senshū Museum of Art, das direkt hinter unserem Hotel lag. Die temporäre Ausstellung eines japanischen Grafikdesigners, Akira Uno (1934-), war umfangreich, die Präsentation professionell. Auch wenn wir mal wieder wegen mangelnder Japanischkenntnise nicht viel lesen konnten, so haben wir in seinen Zeichnungen, der Werbegrafik, Coverentwürfen und Buchillustrationen doch sehr gut den Einfluss von Pop Art und Elementen von Flower Power und Hippie-Design erkennen können.

Mit diesen Museen und Gebäuden haben sich die Sehenswürdigkeiten in Akita dann schon nahezu erschöpft. Es gibt noch die Möglichkeit für Ausflüge in die nähere Umgebung, aber nur einen davon, den Besuch der «Nakajima-Library» auf dem Campus der Akita International University (Blogbeitrag folgt) haben wir geschafft.

Doch haben wir unsere etwas grosszügig bemessene Zeit in Akita sehr genossen. Auffallend war die Höflichkeit und Aufgeschlossenheit der Menschen, und es war spürbar und angenehm, dass diese Stadt nicht durch den Touristenrummel verdorben ist. Und Humor scheinen Akita-Menschen auch zu haben. 😉

Wir konnten tatsächlich mal wieder das ein oder andere Schwätzchen halten, und daher hat uns die Freude über uns als japanisch sprechende europäische Reisende auch mal wieder gut getan. 😊

 

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Nachtrag 28.10.2025

Nun ist es wahrhaft nicht mehr lustig mit den Bären. Nachdem es die letzten zwei Wochen mehrere tödliche Zwischenfälle mit Bärenbegegnungen in Tohoku gab, erfuhren wir vor zwei Tagen in den Morgennachrichten, dass der Senshū Kōen, also der Schlosspark, gesperrt wurde, weil ein Bär sich dort verirrt hat! 😮

Der Park ist gross, und offenbar ist unklar, ob er noch dort ist oder nicht. Noch ist er gesperrt. Mal sehen, wie es weitergeht.

 

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