Abschied und Rückkehr

Unser Flug sollte um 11 Uhr gehen. Das hiess für uns: Aufstehen um 6 Uhr, Duschen, 20kg-Koffer Packen, Frühstücken und zum Bahnhof. Die S-Bahn um 8 Uhr mussten wir bekommen, und so überlagerte der Stress, rechtzeitig beim Zug zu sein, jegliche Abschiedsgedanken.

Abschied am Sonntag Morgen

Doch alles verlief o.k.. Der Himmel strahlend blau, die Bahn pünktlich auf die Minute, der rasche Gang durch den Zoll … Doch am Check-in waren wir dann doch nicht die ersten, sondern mussten uns in die ziemlich lange Schlange einreihen. Du lieber Himmel, wollten die wirklich alle in einen Flieger??
Während Thom sich einreihte, packte ich die Birdys in die Taschen und versuchte, die heiklen Stellen mit Luftpolsterfolie vor dem erneut bevorstehenden rüden Umgang zu schützen. Aber wir sahen das Ganze nüchtern. Wenn jetzt etwas kaputt gehen würde, könnten wir es ja wieder gut reparieren lassen.
Die japanischen Check-in-Damen waren ob der Mitnahme der Velos ganz aufgeregt. Sie hatten eine genaue Check-Liste neben sich und befolgten alles Punkt für Punkt. Endlich waren wir die Koffer los (immerhin kein Übergepäck dank der vielen Pakete) und trugen unsere Birdys schon zur Sperrgutabfertigung, als die nette Dame mit laut klappernden Absätzen hinter uns her stürmte: Ob wir auch die Luft aus den Reifen gelassen hätten? Nein, hatte ich nicht, so peinlich! Beim Hinflug hatten wir daran gedacht. Für ihre Sorgfalt hätte ich sie glatt umarmen können. Nicht, dass wir uns dadurch vier neue Reifen gespart haben. Nicht auszudenken, was vier platzende Reifen im Flugzeug heutzutage anrichten können…
Wie bereits bei der Ankunft wurden die beiden Räder gewissenhaft auf einem Wägelchen weggefahren. Ich bin sicher, irgendwelche Schäden würden nicht auf japanischem Boden verursacht werden …

Der letzte Japan-Starbucks-Kaffee

Es gab zum Abschied noch einen letzten „Starbucks Grande Ratte“ bevor wir uns zum Einstieg anstellten. Dann stockte alles um gute 30 min. weil ein Finne aus der Business-Klasse wohl etwas in seinem Gepäck hatte, was da nicht hineingehörte. Jedenfalls wurde er wieder herausgerufen, von zwei Beamten empfangen und musste zur Strafe die 10h Flug in der Economy verbringen. Ich hätte zu gerne gewusst, was er angestellt hat …

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Als wir abhoben überkam mich eine echte Krise und Thom musste mich trösten. Es waren so superschöne Ferien gewesen, und nun waren sie vorbei. Wir schworen uns, im nächsten Jahr wieder zu kommen.

Nach dem Start flogen wir eine weite Schleife um Centrair, über Nagoya, und dann tauchte tatsächlich noch zart die verschneite Kuppe des Fuji-san im Dunst hinter den Bergen auf (auf dem Bild mitten in der Mitte). Ich hoffe, man kann sie erkennen.

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Gerade noch zu erkennen (unterm mittleren Triebwerk): der Fuji

Nachdem wir auch noch die japanischen Alpen von oben bewundern konnten war der Rest Routine.

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Es gab bald Essen, halbwegs geniessbar, und während Thom versuchte zu schlafen, folgte ich halbherzig dem Unterhaltungsprogramm mit Filmchen und Musik. Irgendwann packte ich auch das Laptop aus und tippte. Es ist ja merkwürdig, so lange zu fliegen und immer ist es hell. Zudem war eine ziemliche Unruhe im Flugzeug. Einige Reisegruppen (zwar Japaner, aber halt Gruppe) waren wegen ihres bevorstehenden Europa-Aufenthalts wohl mächtig aufgeregt und schnatterten fortwährend. Schlafen konnte ich jedenfalls nicht. Ab und zu schaute ich aus dem Fenster und versuchte, in der verschneiten sibirischen Landschaft etwas Interessantes zu entdecken.

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Irgendwann konnte man einen sehr grossen Fluss sehen. Ich tippte auf einen der grossen Ströme Sibiriens, den Ob oder die Lena. Google Earth bestätigte dann, es war die Lena, mit 4.400km einer der länsten Flüsse der Welt.

Der riesige Fluss war die Lena

Finnair fliegt extrem weit nördlich. Der höchste Punkt unserer Route lag irgendwo bei 70° nördlicher Breite. Auch wenn es im Atlas gar nicht so aussieht: es ist die kürzeste Flugstrecke zwischen Europa und Japan, über 2000km kürzer als auf der normalen Route. Damit werben die Finnen auch tüchtig. Uns haben sie jedenfalls überzeugt. Obwohl sie beim Essen noch an Qualität zulegen könnten …

Etwa eine Stunde vor Helsinki tauchte nahe bei Archangelsk, im weissen Meer Treibeis auf. Ein schöner Anblick. Eigentlich würde ich gerne mal den Norden im Winter erleben. Sicher saukalt, aber grandios.

Über dem Eismeer bei Archangelsk

Dann setzten wir in Helsinki auf. Beim Start und der Landung habe ich etwas schwache Nerven. Der Wind war sehr stark, aber der Kapitän hatte alles gut im Griff. Der Flughafen Helsinki ist ja recht niedlich, d.h. kurze Wege und sehr gemütlich. Ausser dass an diesem Sonntag das Flughafenpersonal äusserst streng mit meiner Kameratasche war und die Canon mit Objektiven und Tasche mindestens dreimal durchs Röntgengerät schickte. Ich wusste ja gar nicht, was für ein gefährliches Gerät ich mit mir herumtrug.

Gerade noch zu sehen: Finnair Silverbird

Als wir das Flugzeug sahen (hier ist leider nur das Heck zu sehen) war ich etwas kritisch: Die Maschine sah etwas angejahrt aus und ganz anders als die normalen Finnair-Flugzeuge.
Des Rätsels Lösung: Es ging mit dem „Silver Bird“ nach Zürich, dem Finnair-Retro-Flieger zum 85. Geburtstag der Fluggesellschaft. Hinter dem ältlichen Design verbarg sich zu unserer Beruhigung ein moderner Airbus.

Helsinki

Erneut flogen wir mit ziemlich viel Verspätung los, konnten einen Blick auf Helsinki (Bild), Berlin und Leipzig werfen und schafften es trotzdem, pünktlich um 18.30 Uhr in Zürich zu landen. Wie machen sie das nur? Mir fiel nur auf, dass wir höher flogen als beim ersten Flug, so etwa 11 km statt der üblichen 10km. Da ist wohl der Luftwiderstand geringer und es fliegt sich schneller?

Und wieder zuhause

Tja, und dann waren wir also wieder daheim. Es war wie gehabt. Alles normal unfreundlich, ohne Verbeugung und grosse Höflichkeit. Die Birdys empfingen wir wie unsere Koffer übers Gepäckband (Frechheit!), aber alles war heil. Der Zoll interessierte sich, da aus der EU kommend – und dank Schengen – überhaupt nicht für uns, und mit der Strassenbahn ging es diesmal ohne Unterbrüche nach Hause. Das Wetter empfing uns freundlich mit 18°C, so hielt sich der Schock in Grenzen.
Zuhause stand alles noch, Dominique hatte sich zuverlässig um die Pflanzen und die Post gekümmert, und nach Koffer auspacken und einer Dusche fielen wir völlig erledigt ins Bett. Es war etwa 20 Uhr, wir waren fast 22h wach gewesen und der Jetlag warf uns jetzt nieder. Gut, dass wir am nächsten Tag noch einen Tag Ferien geplant hatten. Die saisonbedingte Arbeit im Garten wartete schon.

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